Luzerner Immobilien-Mogul übt heftige Kritik

Transparent oder willkürlich? Stadt regelt Landvergabe an Genossenschaften

Hier hat’s Platz für gemeinnützigen Wohnungsbau: das Areal Eichwald im Besitz der Stadt Luzern.

(Bild: jwy)

Mit dem «Luzerner Modell» will der Stadtrat Transparenz schaffen bei der Vergabe von Grundstücken an gemeinnützige Wohnbauträger. Doch sowohl Parlamentarier als auch ein prominenter Luzerner Bauherr kritisieren den Lösungsvorschlag.

Es war eine kräftige Ohrfeige, die der Grosse Stadtrat der Regierung verpasste im vergangenen Dezember: Das Parlament bemängelte die Vergabe des Eichwald-Areals an gemeinnützige Wohnbauträger (zentralplus berichtete). Die Stadt muss die Ausschreibung wiederholen. Es war zu wenig klar, nach welchen Kriterien der Zuschlag an die SBL Wohnbaugenossenschaft erfolgte und wie diese bewertet wurden.

Nun hat der Stadtrat ein Modell vorgelegt, das diesen Prozess transparenter und einfacher regeln soll. «Daumen hoch», sagte bereits die Geschäftsprüfungskommission (zentralplus berichtete).

Klare Zustimmung zum Modell

Am Donnerstag hat das Parlament die Vorlage debattiert. Manuela Jost will damit die Schaffung von günstigem Wohnraum beschleunigen: «Das neue Modell erlaubt ein effizienteres Vorgehen bei der Abgabe von Bauland und sichert der Stadt Luzern nachhaltige Einnahmen über die Vergabe von städtischem Land im Baurecht», sagte sie im Parlament. Ausserdem könne man sich nun auf qualitative Kriterien bei der Vergabe des Landes konzentrieren. Etwa, welche Funktion das Projekt im Rahmen der Stadtentwicklung hat.

«In Anbetracht der politischen Mehrheitsverhältnisse ist unsere Forderung jedoch nicht mehrheitsfähig.»

Sonja Döbeli Stirnemann, FDP

In der abschliessenden Abstimmung wurde die Vorlage zwar klar überwiesen. Stadträtin Manuela Jost begrüsste das Ja aus dem Parlament. Nun könne endlich die erneute Ausschreibung des Eichwald-Projekts in Angriff genommen werden.

Doch es gab durchaus kritische Bemerkungen. FDP-Grossstadträtin Sonja Döbeli Stirnemann war mit der Lösung gar nicht glücklich. Sie empfand die zusätzliche vergünstigte Abgabe des Landes an die Baugenossen als zu hoch, sie wünschte sich einen kleineren Abschlag von 15 Prozent anstelle von 20 Prozent: «In Anbetracht der politischen Mehrheitsverhältnisse ist unsere Forderung jedoch nicht mehrheitsfähig.» Döbeli Stirnemann störte sich daran, dass mit dem Luzerner Modell eine Subventionierung von Genossenschaften stattfinde.

Kritik auch von Links

Das Eichwaldprojekt

Die Stadt hatte das Areal an der Eichwaldstrasse Anfang 2016 ausgeschrieben. Es gab nur zwei Bewerbungen: von der Wohngenossenschaft Geissenstein EBG und der SBL Wohnbaugenossenschaft Luzern.

Die Stadt legte bei der Ausschreibung einen Mindestpreis fest, die Genossenschaften konnten ein höheres Angebot abgeben, was die Mitbewerberin, die Wohngenossenschaft Geissenstein (EBG) auch tat. Trotzdem entschied sich die Jury unter dem Vorsitz von Baudirektorin Manuela Jost im Mai 2016 einstimmig für die SBL Wohnbaugenossenschaft Luzern. Das sorgte für Unverständnis und Kritik.

Ziel ist: Bis 2021 sollte ein lebendiges und autoarmes Wohn- und Arbeitsquartier mit mindestens 54 Wohnungen entstehen (zentralplus berichtete). Die SBL Wohnbaugenossenschaft Luzern wollte auf dem Areal an der Eichwaldstrasse für 25,1 Millionen Franken ein Wohn- und Arbeitsquartier errichten. Das Salzmagazin auf dem Gelände steht unter Schutz und soll umgenutzt werden.

Baudirektorin Jost widersprach: «Es handelt sich nicht um eine Subvention.» Stattdessen werde diese Reduktion gewährt, weil das Grundstück weiterhin der Stadt gehört und die Genossenschaften damit keine Verfügungsgewalt über das Grundstück erhalten.

SVP-Grossstadtrat Peter With begrüsste den Vorschlag des Stadtrates grundsätzlich, hinterfragte jedoch wie Döbeli Stirnemann den reduzierten Baurechtszins. Ausserdem wies With darauf hin, dass das viele Land irgendwann wieder an die Stadt falle. Hier habe man nicht vorgesorgt und überlasse das Problem einfach der nächsten und übernächsten Generation. «Es könnte zu Problemen führen, wenn in 75 oder 100 Jahren auf einen Schlag so viel Land auf einmal zurück in die Hand der Stadt gelangt.» Es drohten Rechtsstreitigkeiten.

Doch auch aus der linken Ratshälfte waren kritische Voten zu vernehmen. Christian Hochstrasser von den Grünen zeigte Verständnis für die Kritik von Döbeli Stirnemann: «Man darf sich schon fragen, wem denn die vergünstigte Abgabe des Baulandes nützt.» Denn die Mieter profitierten bereits, indem sie in einer Wohnung einer nicht gewinnorientierten Genossenschaft lebten, die auf einen Teil der Rendite verzichte. «Es geht nicht darum, Land möglichst günstig abzugeben an Genossenschaften, sondern möglichst viel gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen», so Hochstrasser.

Trotzdem stimmte Hochstrasser, zusammen mit seiner Fraktion, der SP, GLP und CVP geschlossen dem Vorschlag des Stadtrates zu. «Das vorliegende Modell ist ein Kompromiss», so Hochstrasser. Es gehe nun darum, mit dem Eichwald-Projekt vorwärtszumachen und Klarheit zu schaffen für zukünftige Bauprojekte auf städtischem Land. Weitergehende Vorschläge aus der Kommission, welche unter anderem einen um 25 Prozent reduzierten Zins verlangten, wurden in diesem Sinne denn auch ohne Gegenmehr abgelehnt.

Jost Schumacher, Luzern, den 24.10.2014

Jost Schumacher kritisiert das neue Luzerner Modell.

(Bild: Priska Ketterer Luzern)

Stirnemann übt grundsätzliche Kritik

Döbeli Stirnemann kritisierte ausserdem grundsätzlich, dass private Bauherren nicht berücksichtigt werden: «Alle sollten die Möglichkeit haben, günstigen Wohnraum zu schaffen, nicht nur die Genossenschaften». Auch sehr unzufrieden mit dem «Luzerner Modell» ist Jost Schumacher, er äusserte sich kürzlich hierzu.

Der prominente Immobilienbesitzer und Kritiker der stadträtlichen Wohnbauförderung schreibt in einer Stellungnahme, das vom Stadtrat vorgeschlagenen Modell würde zwar das Verfahren bestimmen, nach dem der Baurechtszins festgelegt wird. Doch nach welchen Kriterien der Zuschlag an die Wettbewerber gegeben werde, das sei weiterhin nicht geklärt: «Wie entscheidet jetzt die Stadt? Gibt man es demjenigen, der die schönsten blauen Augen hat?», fragt Schumacher rhetorisch.

Baumogul fühlt sich aussen vor gelassen

Aus seiner Sicht sei es zwingend notwendig, dass die Stadt mit den Baurechtsnehmern vereinbart, wie viele Quadratmeter eine 3,5-Zimmer-Wohnung hat, wie hoch der Mietzins für diese Wohnung maximal sein darf und welche Baurechtszinsreduktion allenfalls gewährt wird, wenn man diese Mietzinse noch zusätzlich reduzieren würde. Diese Praxis habe sich etwa im schwyzerischen Küssnacht bewährt.

Das «Luzerner Modell» öffne hingegen der Willkür Tür und Tor. Schumacher fühlt sich als Liegenschaftsbesitzer und Bauherr aussen vor gelassen: «Gemeinnützige Genossenschaften oder Private können sich daran beteiligen, da es überhaupt keine Rolle spielt, wer diesen ‹zahlbaren Wohnraum› schafft.» Es gehe ja nicht darum, die gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften und deren vollamtliche Chefetagen zu subventionieren, sondern «zahlbaren Wohnraum» zu schaffen. Staatliche Massnahmen müssten wettbewerbsneutral sein, ansonsten würden sie gegen den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit verstossen, hält der praktizierende Anwalt fest.

Themen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon