Zweiter Sozialbericht des Kantons Luzern

Traditionelles Familienbild verblasst

Regierungspräsident Guido Graf und LUSTAT-Direktorin ad interim Edith Lang präsentierten den Sozialbericht 2013, der anhand statistischer Daten die Lage der Luzerner Bevölkerung beleuchtet. (Bild: mag)

Im Fokus des Berichts steht dieses Mal nicht die Armut, sondern das sich wandelnde Familienbild. Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen weiterhin. Die Politik müht sich ihrerseits bei der Verbesserung der sozialen Lage mit dem Spardruck ab.

Während der Fokus der Öffentlichkeit im Sozialbereich oft bei der Armut und der Existenzsicherung liegt, rücken durch den Sozialbericht des Kantons zwischenzeitlich neue Themen in den Vordergrund. Die Schwerpunkte liegen nun in den Bereichen Bildung und Familie.

So hält der Bericht zum Beispiel fest, dass das Bildungsniveau im Kanton Luzern weiter gestiegen ist. Die Berufsmaturitätsquote nahm als Folge von Bildungsreformen und insbesondere einer gestiegenen Bildungsbeteiligung der Frauen zu. Noch stärker stieg aber die gymnasiale Maturitätsquote.

Wie leben die rund 380'000 Luzerner?

Der zweite Sozialbericht des Kantons Luzern nach 2006 informiert sowohl über allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen und Zusammenhänge, als auch zur Lebenssituation einzelner Bevölkerungsgruppen. Erarbeitet hat diesen LUSTAT Statistik Luzern in Zusammenarbeit mit der Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons.

Der Bericht enthält Zahlen und Fakten zur demographischen Entwicklung, zu Familienformen, zum System der sozialen Sicherheit, über die finanzielle Situation der Luzerner Haushalte, zur Bildungs- und Arbeitssituation der Bevölkerung, zu Wohnen, Gesundheit, der älteren Bevölkerung und zu Menschen mit Migrationshintergrund.

Eine grosse Herausforderung der Gegenwart ist gemäss dem Bericht die Veränderung des Altersaufbaus. Die Bevölkerung wächst, wobei insbesondere der Anteil der älteren Bevölkerung stark zunimmt. Dem Verhältnis zwischen den Generationen kommt dadurch eine wachsende Bedeutung zu.

Im Bereich Bildung von grosser Bedeutung sind Brückenangebote, denn nicht alle Übergänge von der obligatorischen zur nachobligatorischen Ausbildung gelingen auf Anhieb. Im Jahre 2011 waren sieben Prozent der 18- bis 24-jährigen Erwachsenen in der Schweiz weder in Ausbildung noch verfügten sie über einen Abschluss auf der Sekundarstufe II.

Daneben beinhaltet der Sozialbericht, der als Grundlage für politische Entscheide dient, viele weiteren Zahlen und Fakten zu unterschiedlichen sozialen Themen. So hält er zum Beispiel auch fest, dass der Anteil der Raucher, der bewegungsarmen und der übergewichtigen Personen im Kanton Luzern zurück geht.

Familienbild wandelt sich

Insbesondere im Bereich Familie stellt der Bericht diverse Entwicklungen fest. Die Zahl der Einpersonenhaushalte hat zugenommen, wie auch kinderlose Formen des Zusammenlebens. Mehr als jede dritte Ehe wird geschieden. 84 Prozent der Familien im Kanton Luzern bestehen aus Paaren mit Kindern, wobei diese Paare zu 93 Prozent verheiratet sind. 

Insgesamt hat das klassische Ernährungsmodell an Bedeutung verloren. Während um die Jahrtausendwende noch in jedem dritten Haushalt die Erwerbs- und Familienarbeit aufgeteilt wurde, ist dies laut dem Sozialbericht mittlerweile nur noch bei einem Viertel der Luzerner Familienhaushalte der Fall. Häufig arbeitet der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit. Die Familienarbeit teilen sich beide auf. Familienergänzende Kinderbetreuung war folglich weit verbreitet. Gut die Hälfte der Betreuung leisten dabei Verwandte.

Edith Lang, LUSTAT-Direktorin ad interim, sagt dazu: «Das veränderte Familienbild als Form des Zusammenlebens fällt besonders auf.» Ergänzend fügt sie an, dass sie aus statistischer Sicht «nicht so viele verheiratete Paare erwartet hat.» Beeindruckt ist Lang auch von der Geschwindigkeit der Entwicklungen im Sozialbereich.

Deutlich mehr Frauen erwerbstätig

Der Sozialbericht hält fest, dass 76 Prozent der Frauen auf dem Arbeitsmarkt tätig sind. Der entsprechende Anteil sei in den vergangen Jahren stark angestiegen. Bei den Männern sind es 89 Prozent, eine leicht rückläufige Tendenz.

Gemäss Guido Graf, Regierungspräsident und Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements, kann der Sozialbericht dazu beitragen, das Familienbild «in den Köpfen von politischen Entscheidungsträgern zu aktualisieren.» Es sei eine Tatsache, dass heute nur noch ein Viertel aller Familien das traditionelle Familienbild lebe, mit einem erwerbstätigen Vater als alleinigem Familienernährer und einer Mutter, die sich ganz um die Kinder und den Haushalt kümmert.

Gleichzeitig steht die Sozialpolitik vor den Herausforderungen, diese Veränderungen zu begleiten, ohne dabei den Sozialstaat auszubauen. Dies zudem bei immer knapper werdenden finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand. «Das Optimierungspotential ist grösstenteils ausgeschöpft», stellte Guido Graf fest.

Für Lösungen denkt Graf deshalb an strukturelle Veränderungen, wirkungsvolle Massnahmen, die mit weniger finanziellen Mitteln ergriffen werden könnten. Im Bereich der Bildung in Zusammenhang mit dem Familienbild nennt er die Einführung von Tagesschulstrukturen auf Volksschulstufe, mit welchen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden könnten.

Weitere Verbesserungen im Sozialbereich sollen mit einem grösseren Angebot an betreuten Alterswohnungen und der Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus erzielt werden.

Lohnunterschiede problematisch

Frauen sind aber nicht nur häufiger erwerbstätig, sie haben auch vermehrt eine Kaderposition inne. In den drei ersten Quartalen 2013 lag der Frauenanteil in den oberen Kadern bei der kantonalen Verwaltung Luzerns zum Beispiel bei 35 Prozent – ein vergleichsweise hoher Wert. Insgesamt lag der Frauenanteil im Jahre 2010 in leitenden Positionen und in akademischen Berufen im Kanton bei 30 Prozent.

Die Lohnunterschiede zwischen Frauen, Männern und auch Ausländern bestehen dabei noch immer. Der Sozialbericht legt offen, dass gut die Hälfte des Unterschieds zwischen den Löhnen der Frauen und der Männer im Kanton Luzern nicht durch lohnrelevante Personen-, Arbeitsplatz- oder Unternehmensmerkmale erklärbar sind. Dass Frauen beispielsweise häufiger in Tieflohnbranchen arbeiten als Männer, erklärt nur einen Teil der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern. Dass die Unterschiede möglicherweise auf Lohndiskriminierungen zurückzuführen sind, kann auch der Sozialbericht ausdrücklich nicht von der Hand weisen. Ein Blick in die Lohnstatistik zeigt, dass sich die Monatslöhne je nach Berufssparte und Geschlecht bis zu 2’000 Franken und mehr unterscheiden.

Ausländer sozial exponiert

Ein typischer Luzerner Privathaushalt hatte 2010 ein mittleres Jahreseinkommen von 87’700 Franken. Der mittlere Luzerner Bruttolohn lag 2010 bei 5’700 Franken monatlich. Alleinerziehende, Personen mit einem geringen Bildungsniveau und ausländische Personen haben überdurchschnittlich oft ein Haushaltseinkommen, das unter der Armutsgrenze liegt und dadurch ein erhöhtes Armutsrisiko.

Sozial besonders exponiert leben im Kanton Luzern ausländische Personen, dies obwohl die Erwerbsbeteiligung bei ihnen im Durchschnitt gleich hoch ist wie diejenige der Schweizer. Überdurchschnittlich vielen ausländischen Haushalten fällt es schwer, ihre Lebenshaltungskosten zu finanzieren oder gar ein Vermögen aufzubauen. Die Ausländer sind auch überproportional häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie haben seltener eine Vorgesetztenfunktion inne und arbeiten vermehrt in der Tieflohnbranche.

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