Auswirkungen der Abstimmung

Nach Airbnb-Initiative: Die Tourismusbranche schweigt

Hotels – hier der Schweizerhof – könnten von der Airbnb-Initiative profitieren. (Bild: Hotel Schweizerhof)

Die Touristenstadt Luzern setzt sich selbst ein striktes Reglement zur Vermietung von Ferienwohnungen. Welche Auswirkungen hat das für die Anbieter? Die Verantwortlichen geben kaum Auskunft.

Die Stadt Luzern stimmte am Sonntag überraschend deutlich der Airbnb-Initiative zu (zentralplus berichtete). Auch wenn der Effekt der Initiative möglicherweise klein sein wird, dürfen sich Luzerner Mieterinnen darüber freuen, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt früher oder später etwas gemildert wird.

Anders ist die Gemütslage ziemlich sicher bei Anbietern von Ferien- und Geschäftswohnungen. Sie gehören zu den grossen Verlierern der Abstimmung. Das professionelle Geschäft mit der Vermietung von Wohnungen an Touristinnen und Kurzaufenthalter wird ihnen künftig verunmöglicht.

Wird das Abstimmungsresultat den Tourismus in Luzern nun nachhaltig verändern? zentralplus hat nachgefragt – und stiess dabei auf viele Unsicherheiten.

Einzig einer antwortet

Luzern Tourismus konnte die Anfrage aufgrund von Abwesenheiten nicht innerhalb der gesetzten Frist beantworten. Schweiz Tourismus nimmt als bundesnahe Organisation grundsätzlich keine Stellung zu politischen Fragen. Einzig der Schweizer Tourismusverband äussert sich mit einer sehr allgemeinen Einschätzung.

Airbnb sei eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Angebot, sagt Direktor Philipp Niederberger. «Auf der anderen Seite darf es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber klassischen Beherbergungsbetrieben und zu Wohnungsknappheit in Städten sowie Tourismusgebieten führen. Sollte dies der Fall sein, benötigt es eine angemessene Regulierung, welche allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gerecht wird.» Ob die Luzerner Initiative diesem Kriterium gerecht wird, beantwortet Niederberger nicht.

«Werden also neue Regulierungen eingeführt oder die bestehenden intensiviert, so profitieren Hotels von mehr Gästen.»

Selina Steiner, Fachhochschule Graubünden

Einer, der das wissen könnte, ist Jürg Stettler. Er leitet das Institut für Tourismus und Mobilität der Hochschule Luzern und beschäftigt sich im Rahmen seiner Forschung umfassend mit nachhaltigem Tourismus. Doch auch er lehnt ein Gespräch ab. Die Datengrundlage fehle, um die Frage zu den Auswirkungen der Initiative auf den Tourismus seriös zu beantworten.

Hotels profitieren von Airbnb-Einschränkungen

Dass es keine Daten zu dieser Frage gibt, ist überraschend. Denn Luzern ist bei weitem nicht die erste Stadt, welche das Geschäft mit Ferienwohnungen reguliert. Barcelona, München, Amsterdam – all diese Städte kennen schon seit längerem Einschränkungen von Airbnb & Co. Dennoch gibt es kaum Informationen, wie sich das auf den dortigen Tourismus auswirkt.

In Barcelona gibt es schon seit einigen Jahren Regulierungen für Airbnb. (Bild: Logan Armstrong / Unsplash)

Einzig eine Studie der Fachhochschule Graubünden lässt erahnen, in welche Richtung es in Luzern bald gehen könnte. So fand Autorin Selina Steiner heraus, dass die Vorschriften in den internationalen Städten eine positive und direkte Auswirkung auf das traditionelle Hotelgewerbe haben. Steiner bilanziert: «Werden also neue Regulierungen eingeführt oder die bestehenden intensiviert, so profitieren Hotels von mehr Gästen.» Das dürfte die Luzerner Hotels – auch wenn diese mehrheitlich den Gegenvorschlag unterstützten (zentralplus berichtete) – freuen.

Anbieter bleiben optimistisch

Und was sagt der Grosskonzern Airbnb zum deutlichen Abstimmungsergebnis? Nichts. Eine Anfrage von zentralplus bleibt während 48 Stunden unbeantwortet. Zwei kleinere Airbnb-Anbieter in Luzern, welche zentralplus angefragt hat, schweigen sich ebenfalls aus. Das Abstimmungsresultat muss den Konzern zumindest beunruhigen. Denn in Zürich und Basel prüft die SP derzeit eine Kopie der Luzerner Initiative (zentralplus berichtete). Macht dieses in der Schweiz Schule, ist Airbnb hierzulande bald kein Milliardengeschäft mehr (zentralplus berichtete).

Airbnb ist derweil nicht der einzige Anbieter von Ferienwohnungen in der Stadt Luzern. Eine andere grosse Plattform ist das Unternehmen «Hitrental». Dieses betreibt in der Stadt Luzern insgesamt 84 Ferienwohnungen und Studios, zum Beispiel am Hirschenplatz oder in den Allmend-Hochhäusern. Auch dieses Unternehmen will sich gegenüber zentralplus nicht zur Abstimmung äussern.

Ein Zimmer im Hotel Schiff. (Bild: Hitrental)

Der «Luzerner Zeitung» hingegen sagt Geschäftsführer Dominic Hess: «Prinzipiell sehen wir nicht ganz schwarz. Die Ausarbeitung der Umsetzung der Initiative steht ja noch aus.» Und wie das Unternehmen schon vor der Abstimmung zu zentralplus sagte, werden gewisse Häuser als Hotel betrieben und seien darum nicht von der Initiative betroffen.

So klar ist die Lage jedoch nicht. Denn nach Ansicht der Stadt unterscheidet sich eine Zweitwohnung von einem Hotelleriebetrieb darin, dass eine Kocheinrichtung vorhanden ist. Bei den erwähnten Wohnungen ist dies der Fall. Und das gilt auch für Hotelgebäude, die zu Zweitwohnungen umgenutzt wurden – beispielsweise das Hotel Schiff, wo «Hitrental» 18 Wohnungen vermietet.

Der Ball liegt jetzt bei der Stadt

Gleich wie bei «Hitrental» klingt es beim Unternehmen «Glandon Apartments», welches an der Hofstrasse knapp 80 möblierte Business-Wohnungen vermietet. Dessen Geschäftsführer Severin Glanzmann gab sich bereits vor der Abstimmung gelassen. Und er sagt auch jetzt, dass das Unternehmen nicht von der Initiative betroffen sei, weil es die Wohnungen nicht für Kurzaufenthalte vermiete. Die Mindestdauer der Miete beträgt einen Monat.

Doch auch was als Kurzaufenthalt gilt, ist nicht abschliessend geklärt. Gemäss Initiativtext fallen darunter alle Personen, die sich weniger als zwei Monate in der Stadt Luzern aufhalten. Denn für diese Frist müssen sich Gäste nicht bei der Stadt anmelden. Somit wäre «Glandon Apartments» also doch von der Initiative betroffen, da die Mindestdauer für den Aufenthalt nur einen Monat beträgt.

Die Einschätzung der beiden Unternehmen zeigt exemplarisch, wo jetzt die grosse Herausforderung für die Stadt liegt: Sie muss möglichst schnell Klarheit schaffen, wer von der Initiative betroffen ist – und wer nicht. Und die Antwort auf diese Frage wird letztlich wegweisend sein für den Luzerner Tourismus.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Luzern Tourismus, Schweiz Tourismus und dem Schweizer Touristenverband
  • Telefonat mit Severin Glanzmann
  • Studie der Fachhochschule Graubünden
  • Artikel der «Luzerner Zeitung»
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 15.03.2023, 13:23 Uhr

    Die „Sagrada Familia“ wird immer hässlicher.

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