Miriam Böger im Porträt

Montana-Direktorin will den Luzernern ihre Angst nehmen

Miriam Böger leitet seit zwei Jahren das Art-Deco-Hotel Montana in Luzern. (Bild: Christian Roth)

Miriam Böger leitet seit zwei Jahren das Hotel Montana in Luzern – ein Vier-Sterne-Haus mit besonderer Kultur: Es gehört den Schweizer Hotel- und Restaurantangestellten. Was auffällt: Es hat eine überdurchschnittlich hohe Frauenquote im Kader.

Miriam Böger (43), Direktorin des Art-Deco-Hotels Montana. Sie ist es, die das Traditionshaus führt, seit der langjährige Chef Fritz Erni im Frühjahr 2020 in den Ruhestand gegangen ist. Das Funiculaire – gebaut zusammen mit dem Hotel anno 1910 und noch heute die kürzeste elektrische Standseilbahn weltweit – bringt uns in 60 Sekunden von der Seepromenade direkt in die Hotellobby.

Miriam Böger führt uns in die angenehm kühle «Louis Bar», da wo seit über 20 Jahren jeden Donnerstagabend die legendäre «Jam Session» stattfindet und Fans von Mainstream bis Bebop anlockt. Ein Trio mit Piano, Bass und Drums gehört zur Ausstattung – der Rest ist mitjammen.

Hier in der nach Louis «Satchmo» Armstrong benannten Bar finden im Winterhalbjahr auch die beliebten «Good Old(ies) Sundays» mit dem dienstältesten Profi-DJ der Schweiz, Michel Richter (68), statt. Ab seinen Vinyl-Schallplatten legt er die grössten Hits und Raritäten aus 60 Jahren Popmusikgeschichte auf und erfüllt Wünsche aus dem Publikum.

Via Saas-Fee nach Luzern

Bei Wasser mit Eis und Zitrone erzählt uns die Montana-Chefin in einem Dialekt irgendwo zwischen Schwäbisch und Züridüütsch von sich: Dass sie 1979 in einer beschaulichen Schwarzwälder Kleinstadt unweit der Schweizer Grenze zur Welt gekommen und aufgewachsen ist. Dass ihr die Schweiz deshalb schon immer sehr nah gewesen sei – «näher als Berlin oder Hamburg».

Nach der Matur tritt sie in Saas-Fee an einer Hotelreception eine Praktikumsstelle an. Vier Saisons später schreibt sie sich an der Hotelfachschule in Luzern ein, absolviert gleichzeitig ab 2004 ein Praktikum im Art-Deco-Hotel Montana. Schon da muss sie Montana-Direktor Fritz Erni positiv aufgefallen sein, denn er stellt sie bald als Direktionssekretärin ein.

«Alles ist machbar.»

Fritz Erni, ehemaliger Direktor des Hotel Montana

Nach Beendigung der Hotelfachschule studiert Miriam Böger an der HSG St. Gallen Wirtschaft mit Schwerpunkt Controlling und Accounting, dann heuert sie mit dem Bachelor in der Tasche kurzzeitig bei einem produzierenden Industriebetrieb an. Dazu sagt sie: «Das war sehr interessant, auch weil das Unternehmen fünf Tochterfirmen im Ausland hatte.»

Das geht so lange gut bis zu jenem Tag im Jahr 2013, an dem Fritz Erni sie anruft und ihr den Posten als Vizedirektorin im Montana anbietet. Dann ist es um sie geschehen; sie kehrt nach Luzern zurück, übernimmt die Finanzen und den Bereich Human Resources.

Frauenförderung ist Chefinnensache

Als es im Jahre 2020 um die Nachfolge von Erni geht, ist für den Verwaltungsrat klar, dass es Miriam Böger sein soll, die das Montana ebenso wie ihr Vorgänger mit Fingerspitzengefühl, Innovationsgeist und Leidenschaft weiterführen wird (zentralplus berichtete). Von ihrem Mentor und Förderer hat sie gelernt, «dass alles irgendwie mach- und realisierbar ist». Und dass es matchentscheidend ist, andere Menschen mit der eigenen Begeisterungsfähigkeit anzustecken.

Dass sie als neue Chefin mitten in die Corona-Zeit gestartet ist, sei zwar speziell gewesen, wie sie sagt. Aber weil sie bereits alle Mitarbeitenden und den Betrieb kannte, habe sie recht gut damit umgehen können.

Die Handschrift von Miriam Böger ist im Montana spürbar. Und das beginnt ganz oben: Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass 11 von 17 Kadermitarbeitenden Frauen sind. Eine Tatsache, die die Chefin zwar freut. Doch entscheidender als das Geschlecht sei es, dass der Mensch in die entsprechende Funktion passe.

«Aussicht! Aussicht! Aussicht!»

Der durchschnittliche Arbeitstag von Miriam Böger beginnt morgens um 7.30 Uhr, wenn sie in Zürich (wo sie wohnt) den Zug Richtung Luzern besteigt, den Laptop aufklappt und Mails bearbeitet. So habe sie bei ihrer Ankunft im Montana bereits einiges erledigt und könne sich auf ihren Job als Chefin konzentrieren, sagt sie.

«Um 9 Uhr findet die erste Tagesbesprechung mit den Abteilungsleitenden statt, danach Sitzungen und Meetings. Es werden Gäste begrüsst, Lunchtermine finden statt – und immer wieder E-Mails, E-Mail, E-Mails …»

Vom Hotel Montana blickt man über das Luzerner Seebecken Richtung Pilatus. (Bild: Christian Roth)

Frau Böger, was macht das Besondere dieses Hauses aus?

«Aussicht! Aussicht! Aussicht!» Was ihr wichtig ist, wiederholt die sympathische Hotelchefin gerne mal. Selbstverständlich tritt sie den Beweis an und führt uns einerseits ganz nach oben in eine Suite, von deren Balkon aus man eine traumhafte Aussicht auf See und Berge geniesst. Erstens.

Und zweitens führt sie uns in den 2014 eröffneten und mittlerweile prämierten «Montana Beach Club», wo in den Sommermonaten Beach-Feeling, feine Drinks und Lounge-Möbel unter Palmen zum Verweilen einladen – selbstredend mit Hammer-Aussicht.

Besonders am Montana sei auch die Ausstattung und der Charme des Grand Hotels, sagt sie: «Wir sind ein historisches Haus, das humorvoll im Jahr 2022 dasteht, sich selber nicht so ernst nimmt, aber einen hohen Anspruch hat an Hotellerie, Qualität und Dienstleistung.» Mit anderen Worten: Miriam Böger und ihr Team möchten nicht, dass die Einheimischen Schwellenangst haben, hierherzukommen. «Wir sind ein offenes und tolerantes Haus.»

Gastro macht mehr Umsatz als Beherbergung

«Wir können für einen kurzen Moment im Leben von anderen Menschen so viel Schönes bewirken. Die Gäste verbringen ihre wertvollsten Momente als Paar, mit der Familie oder mit Freunden hier – und wir können mit unseren Gastgeberqualitäten und unserer Professionalität so viel tun, damit sie hier eine schöne und unvergessliche Zeit verbringen», sagt Böger über ihren Job.

Oft hätten sie und ihr Team «das Privileg, in sehr persönlichen Momenten mitzuhelfen – zum Beispiel dann, wenn sich zwei Menschen das Ja-Wort geben. So werden in unseren Suiten zahlreiche Heiratsanträge gemacht.»

«Es gibt nur wenige Eltern, die begeistert sind, wenn ihre Kinder Koch lernen oder im Service arbeiten wollen.»

Miriam Böger, Direktorin des Hotel Montana

Selber ist Miriam Böger zwar liiert, aber unverheiratet. Dies werde auch so bleiben, solange in der Schweiz die «Heiratsstrafe» gelte, also dass Verheiratete oft steuerlich schlechter gestellt seien als unverheiratete Paare.

Zufrieden zeigt sich Miriam Böger mit der Auslastung von Gastronomie und Beherbergung im Montana. Weil das Montana in der florierenden Gastronomie mehr Umsatz generiert als im Bereich Beherbergung, ist der Grossteil der rund 130 Beschäftigten auch in diesem Bereich beschäftigt. Sie räumt ein, dass es seit Corona grundsätzlich schwieriger geworden sei in der Branche, gut qualifiziertes Personal zu finden, «auch wenn es für uns vielleicht etwas einfacher ist als für andere».

Immer weniger Junge wollen in die Hotellerie

Als grösste Herausforderung für die Hotellerie generell bezeichnet Miriam Böger den Arbeitsmarkt. Es gebe leider auch immer weniger junge Menschen, die in der Hotellerie und in der Gastronomie eine Ausbildung machen oder ihre Zukunft sehen. «Es gibt nur wenige Eltern, die begeistert sind, wenn ihre Kinder Koch lernen oder im Service arbeiten wollen», bedauert sie. Umso glücklicher ist die Chefin, dass viele ihrer Mitarbeitenden dem Montana die Treue halten.

Gleichzeitig ist sie sich bewusst, was dies handkehrum bedeutet: «Wir wollen faire Löhne zahlen und auf jeden Fall klar bessere als der Mindestlohn.» Zu den guten Arbeitsbedingungen gehört es auch, den Mitarbeitenden Pausen und Ferien zu ermöglichen. Auch sie selbst brauche zwei Tage pro Woche frei.

Dann verabschieden sich Miriam Böger und ihr Partner – ein Walliser – in die Walliser Berge, wo sie auf 2’000 Metern ein Häuschen haben. Solche Auszeiten kann die «Montana»-Direktorin gut wahrnehmen: «Ich weiss, dass mein Team so gut funktioniert, dass ich mir keine Sorgen machen muss.»

Art-Deco-Hotel Montana

Das Architekturbüro Möri & Krebs konnte mit dem Bau des Hotels Montana in den Jahren 1909–1910 eines der letzten klassischen Bauwerke der Stadt Luzern bauen. Weil das Hotel auf einer Anhöhe stand, wurde gleichzeitig eine elektrische Standseilbahn – die kürzeste der Welt – erbaut.

Bauherr war der initiative Hotelier Alfred Schrämli (1867–1932). Doch mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs gerieten Hotellerie und damit auch das Montana in eine heftige und lange Krise.

1944 wurde das Haus von der Hotel & Gastro Union, dem Schweizerischen Zentralverband der Hotel- und Restaurantangestellten, übernommen. Weitsichtige Verbandsverantwortliche verfolgten das Ziel, das Montana als Erstklassehaus wiederzueröffnen. Gleichzeitig wurde die verbandseigene schweizerische Hotelfachschule Luzern (SHL) ins Montana einquartiert; noch heute sind Geschäftsstelle und Verwaltung der SHL in der ersten Etage des Hotels untergebracht.

Seit 1975 wurde das Montana sukzessive in einen Viersterne-Ganzjahresbetrieb umgewandelt. Im Jahre 2010 konnte das mittlerweile Art-Deco-Hotel Montana benannte Haus sein 100-Jahr-Jubiläum feiern. Seit 2012 wird das Hotel jedes Jahr als bestes Viersterne-Stadthotel der Schweiz in den Hotelratings von «Sonntagszeitung» und «Bilanz» geführt. Im Jahr 2018 reicht es sogar zum Titel «Hotel des Jahres» – eine Ehre, die ansonsten Fünfsternhäusern zuteilwird.

Das «Montana» beschäftigt heute rund 130 Mitarbeitende, von denen der Grossteil im Bereich Gastronomie beschäftigt ist. Die Auslastung der total 62 Zimmer und Suiten liegt im Schnitt bei rund 75 Prozent. Mit rund 40 Prozent die grösste Gästegruppe sind die Schweizerinnen und Schweizer. Rund ein Drittel kommt aus den USA, dann folgen die Gäste aus Deutschland und von den britischen Inseln.

Autor: Robert Bösiger

Verwendete Quellen
  • Magazin echt, Ausgabe Herbst 2022
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