IG weltoffenes Luzern präsentiert Lösungsansätze

Tourismus in Luzern: Gibt es bald angebaute Selfie-Buchten?

Die Diskussionsteilnehmer im «Schweizerhof» (von links): Mike Hauser, Marcel Perren, Moderator Bruno Affentranger, Franziska Bitzi und Kurt Bieder. (Bild: sib)

Im Auftrag der IG weltoffenes Luzern widmeten sich drei Arbeitsgruppen der Frage, wie es mit dem Tourismus in Luzern weitergehen soll und wie die Probleme angegangen werden könnten. Manche Ansätze verblüfften gar den CEO von Luzern Tourismus.

Eine Brücke oder einen Tunnel vom Hermitage bis zum Tribschengebiet bauen, um so den Durchgangsverkehr rund um das Luzerner Seebecken zu verbannen. Diese abenteuerliche Idee war eine von zahlreichen Visionen, die am Mittwochabend im «Schweizerhof» präsentiert wurden.

Geladen hatte die IG weltoffenes Luzern, die sich dafür einsetzt, «dass Luzern als attraktive Reisedestination erfolgreich bleibt», wie sie es auf ihrer Website selbst formuliert. Die IG, eine Allianz von Wirtschaftsverbänden, Firmen und Privatpersonen, führte im Sommer eine Befragung durch, bei der die Bevölkerung ihre Feedbacks zum Tourismus in eine Box auf einem am Schwanenplatz deponierten Velo abgeben konnte (zentralplus berichtete).

Darüber hinaus führte sie Workshops zum Thema Tourismus durch. In drei Arbeitsgruppen mit je sechs bis sieben Mitgliedern wurde der Tourismus in Luzern unter die Lupe genommen und Ideen entwickelt, die als Denkanstösse für die Politik dienen sollen. Beteiligt waren sowohl Mitglieder der IG weltoffenes Luzern, als beispielsweise auch Politiker.

Carströme können gelenkt werden

Einige der erarbeiteten Nenner hat man auch schon in der Vergangenheit gehört: Tourismus als Chance, der Branchenmix muss erhalten bleiben, Luzern soll sich auf den qualitativen Tourismus fokussieren und sich als Premiumdestination positionieren.

«Die Bevölkerung soll realisieren, dass auch für sie etwas herausschaut.»

Kurt Bieder, Mediator

Wenn es jedoch um konkrete Lösungsansätze ging, wurden Vorschläge gebracht, die im Publikum bisweilen für erstaunte Gesichter sorgten. So nahm sich eine Arbeitsgruppe spezifisch der Carproblematik an. Der Cartourismus werde weiter zunehmen, da der Car flexibel, günstig und flächeneffizient mit bis zu 50 Personen pro Fahrzeug sei. Deswegen müsse der Cartourismus zwingend gelenkt werden – und zwar möglichst bald, es bestehe akuter Handlungsbedarf. Eine Lenkung sei im Vergleich mit dem Individualtourismus viel eher möglich.

Ohne Slot kommt man nicht rein

Als mögliche Lösung wird ein Slotmanagement vorgeschlagen. Reisecars sollen in der Innenstadt nicht mehr parkieren dürfen, sondern die Touristen nur ein- und aussteigen lassen. Der Slot muss dabei per App gekauft werden, damit der Car überhaupt in die Innenstadt reinkommt. «Für den Fall, dass sämtliche Slots besetzt sind, gibt es Warteräume, zum Beispiel im Ibach oder auf der Allmend», so die Gruppe.

Die Preise für die Slots sollen dabei dynamisch sein, sprich am Morgen billiger, um eine bessere Verteilung zu erreichen. «Man könnte dies gleich umsetzen, gross diskutiert müsste nicht noch werden», so der Tenor. Mittelfristig sollen der Schwanen- und Löwenplatz der Bevölkerung wieder zurückgegeben und das Wohnen in der Altstadt gefördert werden.

«Ich äussere mich heute Abend nicht zu Lösungen.»

Franziska Bitzi, Finanzdirektorin

Kreativ zeigte sich eine andere Gruppe. Ihr Motto: Mut zum grossen Wurf. Nicht bloss hat sie die eingangs erwähnte Idee eingebracht, sondern unter anderem auch vorgeschlagen, an touristischen Hotsports Selfie- und Fotobuchten anzubauen und die Kurtaxen für eine Steuerreduktion zu verwenden, damit die Bevölkerung den Nutzen durch den Tourismus unmittelbar zu spüren bekommt.

Slot-Einnahmen sollen der Bevölkerung zugutekommen

In der anschliessenden Podiumsdiskussion wurde dieser Vorschlag nochmals aufgegriffen. An der Debatte beteiligten sich Marcel Perren, CEO von Luzern Tourismus, Mike Hauser vom Hotel Schweizerhof und Co-Präsident der IG weltoffenes Luzern, Stadträtin Franziska Bitzi (CVP) und Kurt Bieder, langjähriger Baudirektor der Stadt Luzern und Mediator. In dieser Rolle begleitete er eine der Arbeitsgruppen.

Perren nannte den Kurtaxen-Vorschlag einen «originellen Ansatz». Doch würden Kurtaxen bereits vor Ort eingesetzt, beispielsweise für Sport- oder Kulturanlässe. «Eine indirekte Steuerentlastung gibt es bereits», so Perren.

«Ohne Marketing drohen wir, aus der Champions League des Tourismus zu verschwinden.»

Marcel Perren, CEO Luzern Tourismus

Bieder gab zu, noch nie davon gehört zu haben, die Kurtaxen zur Steuersenkung einzusetzen. Doch: «Die Einnahmen aus den Carslots sollten genutzt werden, um in Luzern Aussenräume aufzuwerten. Die Bevölkerung soll realisieren, dass auch für sie etwas herausschaut.»

Wer profitiert vom Tourismus?

Mike Hauser pflichtete Bieder bei: «Nicht nur die Bucherer-Mitarbeiter profitieren direkt vom Tourismus, sondern auch der Schreiner, der Sanitärinstallateur oder der Elektriker.» Dies müsse man verständlicher machen und mehr nach aussen tragen.

Franziska Bitzi gab derweil zu, dass die Luzerner aufgrund des Tourismus einiges ertragen müssen. «Dafür sollen sie auch etwas zurückbekommen, damit sie den Tourismus mittragen.» Ihr sei jedoch bewusst, dass nicht alle gleich unmittelbar spüren, was ihnen der Tourismus bringe. «Es muss wieder mehr gespürt werden, was wir davon haben», so die Stadtluzerner Finanzdirektorin.

Zurückhaltender gab sich die 46-Jährige, wenn es um Lösungen ging. Aus dem Publikum kam nämlich die Frage auf, was aus Bitzis Sicht der richtige Lösungsansatz für die Airbnb-Diskussion in Luzern sei (zentralplus berichtete). «Ich äussere mich heute Abend nicht zu Lösungen», so ihre Antwort. Die Begründung: Vergangene Woche wurde die Motion zur Tourismusvision 2030 überwiesen, die Stadtregierung kann nun loslegen mit einer breit angelegten Analyse zu Tourismus und Carpolitik (zentralplus berichtete). «Wir gehen nun in den Prozess, sind ergebnisoffen. Wir werden eine Strategie erarbeiten und ein Massnahmenpaket eruieren», so Bitzi. 2021 soll der Planungsbericht vorliegen.

Ärger über Werbung mit koreanischer Popgruppe

Auch Marcel Perren wurde auf den Zahn gefühlt. Eine Besucherin wollte wissen, weshalb man vonseiten von Luzern Tourismus immer noch für Luzern werbe, wo man doch eben gehört habe, der Tourismus gehe oftmals auf Kosten der lokalen Bevölkerung. Als Beispiel nannte sie eine koreanische Pop-Gruppe, die im Auftrag von Luzern Tourismus in Luzern kürzlich Werbematerial erstellte.

«Da muss man nicht warten, bis eine Vision da ist.»

Mike Hauser, Mitinhaber Hotel Schweizerhof

Perren erinnerte daran, dass Luzern Tourismus immer noch eine Marketingorganisation sei. «Es ist unsere Aufgabe, dass der Tourismus in Luzern läuft», so Perren. «Und ohne Marketing drohen wir, aus der Champions League des Tourismus zu verschwinden.»

Im «Schweizerhof» herrschte grundsätzlich jedoch viel Einigkeit. Sowohl die Vertreter aus den Arbeitsgruppen als auch Kurt Bieder und Mike Hauser betonten, dass jetzt Handlungsbedarf bestehe. Während Bieder in diesem Zusammenhang den Verkehrsaspekt nannte, erwähnte Hauser den Verhaltensknigge als Beispiel. «Verhaltensregeln für die Touristen sollten zum Beispiel mit Tafeln gut rübergebracht werden. Da muss man nicht warten, bis eine Vision da ist.» Dies, damit die Leute sehen würden, dass das Thema nicht nur diskutiert, sondern auch ernstgenommen werde, platzierte er einen kleinen Seitenhieb in Richtung Franziska Bitzi.

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 31.10.2019, 13:09 Uhr

    Moderator Affentranger sitzt auch nicht einfach zufällig ausgewählt dort. Er ist einer jener Apologeten der «starken Stadtregion», welche ab ca. 2012 vom Souverän der involvierten Gemeinden (ausser Littau, dort liessen sie sich bereitwillig das Blaue vom Himmel herab vorlügen!) bachab geschickt wurde. Affentranger versucht seit Jahren das Thema – auch medial – wieder salonfähig zu machen. Man kann sich also denken, wo die Nutzniesser einer starken Stadtregion in erster Linie hocken! Darum Obacht!!

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 31.10.2019, 11:34 Uhr

    «Nicht nur die Bucherer-Mitarbeiter profitieren direkt vom Tourismus, sondern auch der Schreiner, der Sanitärinstallateur oder der Elektriker». Lächerlich, liegt doch die Wertschöpfung bei dieser amtlich geduldeten Stadt-Prostitution zu 60-70 Prozent bei den Uhren. Und die Jobs, die man mit der Abfertigung von Massentouristen schafft, sind weder qualifiziert noch gut bezahlt. Richtigerweise müsste es deshalb heissen: «Nicht nur die Bucherer-Mitarbeiter bekommen wenig Geld für viel Arbeit, sondern auch der polnische Carchauffeur, die nordmazedonische Putzfrau oder der schweizerische Working-Poor-Parkplatz-Bewacher.»

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    • Profilfoto von Beat Stocker
      Beat Stocker, 31.10.2019, 14:35 Uhr

      @KasimirPfyffer: Wieviel Bucherer-Mitarbeiter verdienen, weiss ich nicht, aber der Hinweis von Mike Hauser auf Handwerker als Tourismusprofiteure im Vergleich zu Bucherer ist müssig, solange nicht öffentlich bekannt ist, wieviel Steuern Bucherer an Stadt und Kanton zahlt.

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  • Profilfoto von O. Lütolf
    O. Lütolf, 31.10.2019, 11:22 Uhr

    Die IG spricht vom Erhalt des Branchenmix in der Stadt. In der Altstadt überlebte 1 Apotheke und 1 Caffeehaus sonst ersticken wir in Uhren- und Bijougerie-Läden. Ist das Branchenmix??

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  • Profilfoto von Roman
    Roman, 31.10.2019, 09:07 Uhr

    Am Massentourismus in der Stadt Luzern verdienen wenige, aber dafür viel. Wieso wird wohl dieser Event im Schweizerhof durchgeführt? Da überrascht die Einigkeit zum Schluss nicht. Wichtig ist, dass das Neoliberlale Gebet: «Geht’s den Reichen gut, geht’s allen gut» bis zum gemeinen Volk ankommt.

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  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 31.10.2019, 08:40 Uhr

    Diese Runde, und die, welche sie offenkundig vertreten, profitiert unisono vom Tourismus. Die Behauptung, dass auch «die Bevölkerung etwas davon hat», wie sie alt-Stadtrat und nun Mediator der Baubranche Kurt Bieder zum Besten gibt, ist schlicht als falsch widerlegt. Die Normalos tragen die Kosten. Der Nutzen liegt bei einzelnen Players. Und SR Bitzi hat bereits gegenüber den Medien vermerkt, dass das substanzierbare Steuervolumen, welches aus der Wertschöpfung der Tourismusindustrie abgeschöpft werden kann, lediglich 7 % der gesamten Steuereinnahmen jur. Personen ausmacht. Das ist ein Klacks im Verhältnis zu den unerträglichen Besucheranstürmen!

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