Patient rastete im Wahn aus

Tötungsdelikt St. Urban: Arzt steht vor Gericht

Der Tod des Patienten hätte sich verhindern lassen. Davon ist die Staatsanwaltschaft Luzern überzeugt. (Bild: zvg)

Ein ehemaliger Kampfsportler leidet an Wahnvorstellungen und begibt sich deshalb in die Hände der Luzerner Psychiatrie (Lups). Als er die Klinik verlässt, hat er Blut an seinen Händen. Er hat einen Mitpatienten totgeschlagen, weil er ihn für Satan hielt. Jetzt gehts um die Frage: Hat der zuständige Arzt versagt?

Der Mann traut dem Arzt von anfang an nicht. Gerade noch hat er dem Pflegefachmann der Luzerner Psychiatrie von den Albträumen in seiner Kindheit, seinen Ängsten und seiner Sportlerkarriere erzählt. Doch jetzt, wo der Arzt den Besprechungsraum betritt, wird er wortkarg. Die Stimmen in seinem Kopf sagen ihm, dass er nicht weiter reden darf.

Der 34-Jährige erleidet an diesem Tag im April 2017 erstmals in seinem Leben einen psychotischen Schub. Er glaubt, dass auf seiner rechten Schulter seine Familie ist. Und auf der linken alle diejenigen, die ihn und seine Familie bedrohen. Er fühlt sich «von den Linken» verfolgt und hat Angst. Sein Bruder und sein Schwager haben ihn zum Arzt gebracht, weil sie nicht wissen, wie sie mit ihm umgehen sollen.

Medikamente lehnte der Patient ab – der Arzt beliess es dabei

Nach dem Eintrittsgespräch verschreibt der Stationsarzt dem Mann das Medikament Zyprexa Velotab – ein Antipsychotikum – in einer ungewöhnlich hohen Dosis. Als der Pfleger dem Patienten die Tablette anbietet, lehnt er ab. Er brauche das nicht, meint er. Der Arzt nimmt das hin. Und bringt den Patienten in einem Zimmer unter, in dem ein älterere Herr bereits tief und fest schläft. Ein folgenschwerer Fehler.

Der junge Mann ist keine Stunde alleine mit dem Mann, da hört der Pfleger seltsame Geräusche. Der Kampfsportler hat auf seinen Mitpatienten eingeschlagen, ihn getreten und gewürgt. Als der Pfleger die Tür aufmacht, steht er mit nacktem Oberkörper und Blut im Gesicht da. Er war fest davon überzeugt, mit dem Teufel zu kämpfen (zentralplus berichtete).

Schock über die Bluttat

Der andere Patient stirbt kurze Zeit später an seinen schweren Verletzungen. Der Mann, der ihn getötet hat, ist nicht schuldfähig und kann deshalb nicht verurteilt werden. «Die Tat wird mich mein Leben lang begleiten. Ich kann nicht in Worte fassen, wie leid es mir tut», sagt er in der Verhandlung. Für seinen Verteidiger ist klar: «Wenn jemand Schadenersatz zahlen soll, dann bitte schön die Verantwortlichen der Klinik.»

Arzt wusste um die Gefahr

Genau darum geht es nun an einer Verhandlung vor dem Bezirksgericht Willisau. Die Staatsanwalt wirft dem zuständigen Arzt nämlich die fahrlässige Tötung des verstorbenen Patienten vor. Er habe erkannt, dass der Kampfsportler an jenem Abend in einem hochgradig psychotischen Zustand war - das belege das angeordnete Medikament.

Der Arzt hätte aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Gefahr erkennen müssen, in die er den älteren Mitpatienten brachte. Und: Er hätte die Medikamente nicht nur anbieten, sondern im Falle einer Weigerung unter Zwang verabreichen müssen.

Wie das Bezirkgericht den Fall einschätzt wird sich zeigen. Die Verhandlung beginnt um um 8.30 Uhr.

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