Das Zuger Stadtparlament folgt dem Bundesgericht

Tempo 30 kommt im Schneckentempo

Tempo 30 kommt! Vielleicht. Nachdem man kommenden Sommer Test an der Zuger Grabenstrasse durchführt. Dies hat der Zuger GGR beschlossen.

(Bild: zentralplus)

Die Stadt Zug erhält eine 30er-Zone. Nun ja, jedenfalls temporär. Als Test. Und teils wohl aus Angst vor dem Mahnfinger des Bundesgerichts. Ausserdem muss der Stadtrat herausfinden, wie realistisch Tempo 30 zwischen Casino und Gubelstrasse ist.

Das muss man der GLP lassen. Wenn ihre Vertreter am Rednerpult stehen, dann lauscht der ganze Saal. Denn poetisch kommen sie daher, die Voten. Auch, wenn es um ernste Anliegen geht. Und eine Tempo 30 Zone ist ein durchaus ernstes Thema für die Grünliberalen. Wollen sie doch bereits seit der Versenkung des Stadttunnels, dass der Zuger Stadtverkehr einen Gang runter geschraubt wird.

Auch am Dienstag wollen sie das. GLP-Gemeinderat Stefan Huber erinnert den Zuger Stadtrat daran, dass sich dieser bereits 2015 für eine Aufwertung der Innenstadt ausgesprochen habe. Bloss: «Viel Blech ist seitdem die Baarerstrasse heruntergelärmt», und dennoch sei wenig passiert. Statt einfach mal mit Tempo 30 probehalber und vorübergehend etwas neues zu versuchen, habe der Stadtrat zuerst neue Gutachten gefordert, denn erst dann, so habe der Stadtrat verkündet, würde sich der Versuch lohnen.

«Aber diese neuen Gutachten wollte er nicht machen, weil es ja bereits Gutachten gab, alte Gutachten zwar, aber gute Gutachten»

Stefan Huber, GLP-Gemeinderat

«Aber diese neuen Gutachten wollte er nicht machen, weil es ja bereits Gutachten gab, alte Gutachten zwar, aber gute Gutachten», trägt Huber schmunzelnd vor. Der Stadtrat sei bis vor Kurzem im Kreisel gefahren. In einem, dessen einzige Ausfahrt «Stadttunnel» 2015 gesperrt worden war. Der Stadtrat sei aus seinem «zweijährigen Sekundenschlaf vom Bundesgericht wachgeküsst» worden.

Ein klassischer David-gegen-Goliath-Fall

Die Geschichte dahinter: Nachdem der Kanton Zug beschlossen hatte, dass eine 30er-Zone ungeeignet sei für die Zuger Innenstadt, gelangte eine kleine Zuger Gruppierung mit einer Beschwerde ans Bundesgericht (zentralplus berichtete). Dieses wies den Kanton in seine Schranken, befand, man habe die Möglichkeiten nur ungenügend ausgeschöpft und müsse zumindest eine Temporeduktion prüfen.

Der Stadtrat war entsprechend erpicht darauf, dass die Motion, welche von den beiden ehemaligen GLP-Gemeinderäte Michèle Kottelat und Silvan Abicht vor über einem Jahr eingereicht worden war, beim Gemeinderat auf offene Ohren treffe – und überwiesen werde. Diese fordert konkret, dass die Stadt Zug beim Kanton Tempo 30 auf der Achse Casino-Gubelstrasse beantrage.

SP und CSP argumentierten denn auch im Sinne der GLP: Susanne Giger von der Alternative-CSP-Fraktion erklärt zwar, dass sich die Partei eine 30er Zone auf mehr als nur den 200 Metern wünsche. Getestet wird das Ganze nämlich kommenden Sommer nur auf einem kleinen Abschnitt zwischen Zugerbergstrasse und Kolinplatz (zentralplus berichtete).

Lieber 200 Meter als gar nichts

Auch die SP nimmt lieber den kleinen Strassenbschnitt als gar nichts. Man begrüsse das Vorhaben, «weil ein entsprechendes Pilotvorhaben zweckdienlich sein könnte, um zusätzliche Erfahrungen zu sammeln», sagt Rupan Sivaganesan. Insbesondere, wenn daraus eine längerfristige Lösung entstehe.

Unten rot die Teststrecke Grabenstrasse, in Blau die vom Stadtrat zu eruierende Verlängerung.

Unten rot die Teststrecke Grabenstrasse, in Blau die vom Stadtrat zu eruierende Verlängerung.

(Bild: zentralplus)

Die CVP zeigt sich dagegen skeptischer. Bereits 18 Häuser an der Grabenstrasse hätten bereits Schallschutzfenster, welche letztlich der Steuerzahler berappt habe. Wie wolle mann denn da Schallmessungen machen? «Bei offenem Fenster?», wundert sich Benny Elsener. Ausserdem gäbe es ja überall Lärm. Auch neben der Kuhweide.

«Unsere Bundesrichter sind auch nur normale Menschen.»

Joshua Weiss, FDP-Gemeinderat

Die FDP zerpflückt den Antrag des Stadtrates und damit auch die Motion in alle Einzelheiten. Gemeinderat Joshua Weiss erklärt, dass man doch bereits heute in der Stadt meist viel weniger als 50 fahre. Weiter sinke die Sicherheit, da bei einer 30er-Zone häufig einfach auf die Strasse laufen würden, ohne um sich zu schauen. Ausserdem rügt der junge Gemeinderat den Stadtrat dafür, dass sich dieser nach dem Bundesgerichts-Urteil verpflichtet fühle, sich zu fügen: «Hier nur eine Anmerkung, dass unsere Bundesrichter auch nur normale Menschen sind», erklärt Weiss keck.

Und die SVP? Was sagt die? Die wollte sich eigentlich bei der Abstimmung enthalten. Da sie aber während der Debatte gemerkt hatte, dass die FDP sich ganz aufmüpfig gibt, hat sie kurzum beschlossen, mitzuziehen, und für Nicht-Überweisung plädiert.

Nur reicht das nicht. Die GLP-Motion wird mit 17 zu 14 Stimmen als erheblich erklärt. Im Juni und September folgen ausführliche Tests, während derer sich die Grabenstrasse in eine 30er Zone verwandeln. Und der Stadtrat muss herausfinden, inwiefern eine Tempo 30-Zone auf der Achse Casino-Gubelstrasse umsetzbar wäre.

Oder wie es GLP-Mann Stefan Huber schön an den Stadtrat gerichtet formuliert: «Und falls Tempo 30 kein Gewinn ist, so gewinnen sie zumindest das Besserwissen. Und ein Gutachten.»

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