Geht es mit dem neuen Taxireglement um Steuern?

Taxifahrer: «Wir müssen regelrecht die Hosen runterlassen»

Der Taxistand am Bahnhof Luzern ist ein beliebter Ort für «wilde Taxis». Zum Ärger der Lizenzierten.

(Bild: dog)

In der Taxibranche brodelt es: Die Stadt Luzern vergab am Mittwoch die Bewilligungen für die öffentlichen Standplätze, doch keiner ist glücklich darüber. Taxichauffeure müssen um ihre Jobs bangen – und Betreiber erheben Vorwürfe gegen die Datenerhebungen der Stadt.

Am Mittwochmorgen wurden die Taxiunternehmen der Stadt Luzern darüber informiert, wer für die Jahre 2018 bis 2022 die Erlaubnis erhält, auf den öffentlichen Standplätzen auf Kundschaft zu warten (zentralplus berichtete). Dabei lässt die Stadt in der Medienmitteilung verlauten: «Die Stadt wird laufend prüfen, ob die versprochenen Qualitätsmerkmale auch angeboten werden.» Dies weckt bei den Taxifahrern Unmut, man befürchtet eine Durchleuchtung der ganzen Branche – und es werden Zweifel laut, ob den Taxibetreibern überhaupt bewusst ist, wie ausführlich die Rapporte geführt werden müssen.

Will das Steueramt an die Daten?

Das neue Taxireglement könnte für gewisse Anbieter problematisch werden, sagt Daniel Krummenacher von McTaxi. Dies aus einem Grund: «Die Stadt verlangt von den Taxis mit Standplatzbewilligung ein Reporting: Man röntgt uns regelrecht, wir müssen alle Daten abliefern über unsere Fahrten.» Dabei wolle die Stadt auf Abruf alles wissen: Umsatz, gefahrene Kilometer, die genauen Strecken, die Zeiten, Anzahl der beförderten Personen.

Für ihn sei das kein Problem, weil seine Taxis alle mit einer Art digitalen Stempeluhr ausgerüstet seien. Doch: «Für Taxiunternehmen, welche die Tagesrapporte sortieren müssen, wird der bürokratische Aufwand heftig», so Krummenacher. «Viele der Taxis, die jetzt neu eine Konzession erhalten, haben keine Ahnung, welcher Aufwand da auf ihn zukommt.» Und er konstatiert: «Wir müssen alle regelrecht die Hosen runterlassen vor der Stadt.»

«Die Daten, welche wir einfordern und kontrollieren, fördern das Vertrauen in die Unternehmen.»

Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen

Dabei sei für ihn klar, dass sich vor allem das Steueramt für die Daten interessiere. «Ich wüsste nicht, wer sonst an den Daten interessiert sein könnte», so Krummenacher. Das sei aber seiner Meinung nach eine Spezialbehandlung der Taxibetriebe: «Bei einem Coiffeur schaut man auch nicht in die Bücher, die machen einfach eine Steuererklärung und fertig.»

Auch André Hess, Geschäftsführer der Taxi Ernst Hess AG, sagt: «Die Stadt will bald wissen, an welcher Hausnummer wir unsere Kunden abliefern.» Dabei störe ihn, dass Taxis ohne Konzessionen weiterhin den Fahrtenkontrollen entgehen. «Man muss sehen, dass viele Taxis – auch aus anderen Kantonen – diese ganzen Angaben nicht machen müssen. Aber wir als alteingesessener Familienbetrieb werden von der Politik der Stadt völlig benachteiligt.»

Stadt spricht von Fahrtenkontrolle

Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen, erklärt: «Es werden keine neuen Anforderungen seitens der Datenerhebung erstellt.» Die Stadt führe aber Fahrtenkontrollen durch: Diese seien ein fixer Bestandteil des neuen Taxireglements. «Ein Unternehmen muss Buch führen darüber, wohin er wann fährt. Das ist vergleichbar mit einem LKW-Unternehmen. Bei der Fahrtenkontrolle muss ein Taxidienstleister seine Fahrten ausweisen können.» Von einer Überwachung durch das Steueramt könne keine Rede sein.

«Wenn die Umsatzeinbussen zu stark sind, muss die Anzahl der Autos verringert und Personal abgebaut werden.»

André Hess, Geschäftsführer der Taxi Ernst Hess AG

Dem Vergleich mit dem Coiffeurgeschäft kann Lütolf nichts abgewinnen: «Ein Friseur-Salon bewirbt sich nicht um einen Standort auf öffentlichem Grund.» Diejenigen Daten, welche die Stadt einfordert, seien dazu da, «den reglementarischen Anforderungen zu genügen». Lütolf: «Die Daten, welche wir einfordern und kontrollieren, sind Grundlage für ein glaubwürdiges Auswahlverfahren.» Durch das Ausschreibeverfahren würden aber keine zusätzlichen Datenerfassungen verlangt.

Ernst Hess vor strukturellen Problemen

Dennoch könnte die neue Konzessionsverteilung für die Ernst Hess AG zum Problem werden: Bisher hatte das grösste Luzerner Taxiunternehmen 40 Standplatzbewilligungen. Mit der neuen Gesetzgebung haben sie gerade einmal Anspruch auf deren acht. Welche Folgen dies habe, stehe noch in den Sternen. André Hess sagt: «Wenn die Umsatzeinbussen zu stark sind, muss die Anzahl der Autos verringert und Personal abgebaut werden.» Das sei der Politik aber egal, meint ein sichtlich enttäuschter André Hess.

Daniel Krummenacher vor seinem gelben McTaxi kritisiert die alteingesessenen Taxiunternehmen in Luzern.

Daniel Krummenacher vor seinem gelben McTaxi kritisiert die alteingesessenen Taxiunternehmen in Luzern.

(Bild: zvg)

Hess ist überzeugt, dass in Luzern nicht mit gleichen Ellen gemessen wird: «Würden bei einer Bank oder einer Pharmafirma Hunderte von Arbeitsstellen gestrichen, gäbe es einen medialen und politischen Aufruhr. Bei den Taxiunternehmen kümmert es niemanden.»

«Markante Einschnitte in bestehende Verhältnisse»

Welche Taxiunternehmen neu Konzessionen erhalten und welche nicht mehr, ist nicht bekannt. Der Grund dafür, so Lütolf, sei, dass nicht berücksichtigte Taxibetreiber noch Beschwerde gegen den Entscheid einreichen können und die Namen den Datenschutzbestimmungen unterliegen. Aber es dürfte auch etablierte Namen treffen. Lütolf sagt: «Unter den Absagen gibt es Firmen und Private, welche bereits am Bahnhof tätig waren.» Und weiter: «Es sind markante Einschnitte in bestehende Verhältnisse.» Doch Lütolf: «Nach wie vor können aber Bestellungen ab Firmendomizil oder privaten Standplätzen angeboten werden, ohne dass eine Taxibetriebsbewilligung vorhanden sein muss.»

«Katze im Sack» gekauft

Daniel Krummenacher bekommt seine Bewilligungen. Er habe sich um drei Konzessionen beworben und alle erhalten. Aber: «Ich habe die Katz im Sack gekauft», so Krummenacher. Kostenpunkt für eine Konzession inklusive Haltestelle am Bahnhof laut der Aussage von Krummenacher gegenüber zentralplus: 2000 Franken. Es gäbe keine Möglichkeit für ihn, einzuschätzen, ob sich solche Standplatzbewilligungen lohnen. «Die Chauffeure am Bahnhof geben keine verwertbaren Auskünfte, wie viel sie wirklich mit dem Standort am Bahnhof verdienen», so der McTaxi-Betreiber. Auch habe es keine Möglichkeit auf eine Art Probezeit gegeben. Diese Unsicherheit habe dazu geführt, dass Krummenacher seinen Anspruch auf acht Bewilligungen noch nicht ausschöpfen wolle.

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