Luzerner Agglo boomt

Tausende neue Wohnungen durch Monsterprojekte

Feldbreite in Emmen (links), Rösslimatte in Luzern (oben rechts) und Schweighofpark in Kriens: Drei von vielen Grossprojekten, die realisiert werden. (Bild: Visualisierungen PD)

In Emmen sind aktuell 1’100 Wohnungen im Bau, in Kriens entstehen über 3’000 neue Wohnungen und in Horw erhöht sich der Wohnungsbestand um einen Viertel: In der Luzerner Agglo geht dank gut einem Dutzend Riesenprojekte ziemlich die Post ab. Nur in der Stadt haperts. Trotzdem könnten die Städter vom Bauboom in ihren Nachbargemeinden profitieren.

Die hohe Zuwanderung hat auch starke Auswirkungen auf den Wohnungsbau in der Luzerner Agglomeration. Vor allem in Kriens, Emmen und Horw stehen riesige Bauvorhaben an. Grund: Etwa ein Dutzend Projekte der gröberen Sorte.

Kriens: Bevölkerung wächst um 6000

Nach einer sehr langen, von aufwändiger Planung und ständiger Verzögerung geprägten Phase, steht die Gemeinde Kriens nun vor einem veritablen Bauboom. Riesenprojekte wie der Schweighofpark und der Mattenhof im Krienser Schlund sind nach jahrelanger Vorarbeit nun angelaufen (zentral+ berichtete). «Nach der aktuellen Planung werden auf Gemeindegebiet von Kriens bis 2025 etwa 3’000 neue Wohnungen realisiert, davon alleine im Gebiet Luzern Süd 2’500», sagt der Krienser Gemeindeammann und Bauvorsteher Matthias Senn. Mit Luzern Süd ist der ganze Korridor von der Luzerner Brauerei Eichhof über den Krienser Schlund bis zum Horwer Zentrum gemeint.

All die weissen Bauten in der Bildmitte sind Teil des Projekts Schweighofpark in Kriens.

All die weissen Bauten in der Bildmitte sind Teil des Projekts Schweighofpark in Kriens.

(Bild: zvg)

Diese Bautätigkeit führt zu einem Bevölkerungswachstum von 6’000 Einwohnern. Heute leben in Kriens, der drittgrössten Luzerner Gemeinde, etwas über 27’000 Einwohner. Senn gibt aber zu bedenken: «Wenn die durchschnittliche Belegung pro Wohnung – auch in den alten Wohnungen – weiterhin sinkt, wächst die Bevölkerung nicht unbedingt um 6’000 Personen.»

Krienser zügeln in Neubauten

3’000 neue Wohnungen in zehn Jahren, das sind 300 pro Jahr, grosszügig aufgerundet also fast eine Wohnung pro Tag, die in Kriens entsteht. Dies bei einem sehr knappen Leerwohnungsbestand von 0,4 Prozent – womit in Kriens genau halb so viele Wohnungen frei sind wie im Kantonsschnitt.

Wer soll da alles einziehen? Matthias Senn hat eine Vermutung: «Wir stellen fest, dass bei einem neuen Angebot von Eigentumswohnungen viele Wohnungen durch Krienser gekauft werden. Damit werden ihre bisherigen Mietwohnungen frei. Bei Mietwohnungen im Gebiet Luzern Süd glaube ich eher, dass es hauptsächlich Zuwanderungen aus Region und Kanton, dann aus der übrigen Schweiz und schliesslich aus dem Ausland sein werden.»

Auf den Krienser Entwicklungsarealen könnten ausserdem rund 120’000 Quadratmeter neue Büro- und Gewerbeflächen realisiert werden. Das entspricht etwa 3’000 neuen Arbeitsplätzen, der grösste Teil davon liegt im Gebiet Luzern Süd. «Diese Entwicklung hängt noch stärker von der effektiven Nachfrage ab als jene im Wohnungssektor», sagt Senn. Heisst: Gebaut werden diese Räume nur, wenn genügend konkrete Investoren am Start sind.

Horw: 26 Prozent mehr Wohnungen

Eine sehr ähnliche Entwicklung wie Kriens macht derzeit auch Horw mit seinen fast 14’000 Einwohnern durch. Riesenprojekte wie «Horw Mitte» mit 520 Wohnungen und Platz für 1700 Arbeitsplätze direkt beim Horwer Bahnhof stehen nach jahrelanger Vorarbeit nun vor dem Durchbruch. Bauvorsteherin Manuela Bernasconi wartet zur Gesamtsituation mit spannenden Zahlen auf: «Mit einem geschätzten Wachstum von rund 1’750 Wohnungen bis 2025 oder rund 26 Prozent des heutigen Wohnungsbestands von 6571 Wohnungen entsteht zusätzlicher Wohnraum für verschiedene Ansprüche.»

Sicht vom Horwer Bahnhof auf die neue Überbauung Horw Mitte.

Sicht vom Horwer Bahnhof auf die neue Überbauung Horw Mitte.

Bernasconi gibt aber auch zu bedenken: «Der Erstellungszeitraum hängt von zahlreichen nicht oder nur schlecht abschätzbaren Einflussfaktoren ab.» Speziell von der wirtschaftlichen Grosswetterlage. Rund die Hälfte der erwähnten Wohnbauten wird laut Bernasconi wohl «um einiges später erstellt».  

Fast keine freien Wohnungen mehr

Und woher kommen all die vielen Horwer Zuzüger? Aus der Stadt Luzern, weil es dort kaum freie Wohnungen gibt? Bernasconi sagt dazu: «Ob das die Stadt entlasten wird, würde ich bezweifeln. Städtisches Wohnen wird immer attraktiv sein.» Woher die Leute kommen, spiele keine Rolle. Anzustreben sei aber eine gute Durchmischung auch bezüglich Preisklassen.

Möglich ist aber auch, wie in Kriens, dass einige Horwer selber in die neuen Wohnungen umziehen werden. Denn: Momentan ist der Leerwohnungsbestand auch in Horw fast bei null, konkret bei schon fast dramatischen 0,29 Prozent. Gerade für Familien mit Kindern ist es nicht einfach, in Horw eine bezahlbare Unterkunft zu finden. «Aus Mietersicht wäre ein grösseres Angebot, also auch ein gewisser Leerwohnungsbestand, wünschbar», sagt Bernasconi.

Emmen: 1’100 Wohnungen im Bau

Emmen ist nach der Stadt Luzern die zweitgrösste Luzerner Gemeinde. Rund 30’000 Personen wohnen dort in Luzern Nord. In Emmen konnte, anders als in Horw oder Kriens, schon länger mit Grossprojekten wie der Feldbreite gestartet werden. Der Emmer Baudirektor Josef Schmidli weiss: «In Emmen sind aktuell insgesamt rund 1’100 Wohnungen im Bau. Alleine in der Feldbreite sind gut 800 Wohnungen geplant. Die ersten kommen in diesem Jahr, einige Hundert 2016 auf den Markt.» Gemäss Aussagen aus Investorenkreisen verläuft die Vermietung beziehungsweise der Verkauf von Wohnungen erfreulich.

Die anderen Grossprojekte in Emmen sind der Seetalplatz (500 neue Wohnungen, 1000 Arbeitsplätze) sowie die Viscosistadt (Monosuisse-Areal, 1000 Wohnungen, 1500 Arbeitsplätze).

So könnte sich dereinst die Emmer Viscosiestadt präsentieren.

So könnte sich dereinst die Emmer Viscosiestadt präsentieren.

«Vorbildliche Zusammenarbeit»

Ob der ganzen Bauerei rund um Luzern stellt sich der Laie die Frage: Werkelt hier jede Gemeinde nur für sich oder gibt es eine Zusammenarbeit? Zumal mehr Wohn- und Arbeitsraum ja vielfältige Folgen für die Allgemeinheit hat: mehr Verkehr, mehr Bedarf an Schulraum, stärkere Beanspruchung der Grünflächen etc.

Laut der Horwer Gemeinderätin Manuela Bernasconi arbeiten Luzern und die Agglogemeinden durchaus zusammen. Insbesondere über den Gemeindeverband Luzern Plus, der die wichtigsten Koordinationsaufgaben übernommen hat. Bernasconi lobt: «Es besteht eine vorbildliche Zusammenarbeit der Gemeinden, die schweizweit auf Beachtung stösst. Übergeordnete Planungen sind in Agglomerationen zwingend nötig, damit der Qualität genügend Gewicht gegeben wird.»

Schmidli rechnet vor: «Gemäss kantonalem Richtplan, welcher sich zurzeit in der Teilrevision befindet und in welchem übergeordnet das Wachstum für den ganzen Kanton koordiniert wird, rechnen wir in Emmen mit einem Bevölkerungswachstum von 5’000 Personen auf rund 35’000 bis ins Jahr 2030.» 5000 Personen mehr in 15 Jahren sind pro Jahr gar nicht mal so viel: gut 330.

Hoffen auf Zuzüger aus der Stadt und Zug

Und wer könnte alles nach Emmen ziehen? Lange Zeit hatte die Gemeinde wegen ihres hohen Ausländeranteils von 33 Prozent (Kantonsschnitt: 17 Prozent) einen eher mässig attraktiven Ruf. Doch Schmidli ist sich sicher, dass sich die Gemeinde dank den attraktiven Neubauprojekten keine Sorge um die Nachfrage machen muss. Zumal auch in Emmen die Anzahl Leerwohnungen mit 0,7 Prozent nicht gerade gross ist. «Das Departement Hochbau und Umwelt geht davon aus, dass das Wohnungsangebot in Emmen aufgrund der Preise und der guten urbanen Lage für Leute aus der Stadt ebenso attraktiv ist wie für Wohnungssuchende aus der Region Zug.»

Stadt: Zögerliche Entwicklung

Rings um die Stadt Luzern wird also kräftig gebaut, Hunderte Millionen Franken werden investiert und komplett neue Quartiere aus dem Boden gestampft. Und was läuft in der Stadt mit ihren gut 80’000 Einwohnern selbst? Bekanntlich ist das Stadtzentrum zum grössten Teil gebaut, die einzige grosse Brache liegt hinter dem Bahnhof und gehört den SBB. Dort, auf der Rösslimatte, entstehen in einem ersten Schritt 20’000 Quadratmeter Bürofläche. In einer zweiten Phase sollen auch Wohnungen dazukommen.  Wohnungen währen ausgesprochen willkommen. Auch wenn die Leerwohnungsziffer mit 0,9 Prozent etwas über dem kantonalen Schnitt liegt, fehlt es in der Stadt insbesondere an grösseren, bezahlbaren Wohnungen für junge Familien.

Die SBB-Überbauung Rösslimatt schafft 20'000 Quadratmeter Büroräume für Firmen in der Stadt Luzern.

Die SBB-Überbauung Rösslimatt schafft 20’000 Quadratmeter Büroräume für Firmen in der Stadt Luzern.

(Bild: zvg SBB)

Stadträtin und Baudirektorin Manuela Jost sagt: «Wir rechnen entsprechend dem langjährigen Trend mit jährlich rund 300 zusätzlichen Wohnungen, die realisiert werden.» Verglichen mit den Nachbargemeinden ist das eher wenig. Die Bau- und Zonenordnung Stadtteil Littau und Luzern beinhaltet insgesamt ein Entwicklungspotenzial der Bevölkerung von rund 8’000 Personen. Folgende grössere Entwicklungen sind laut Jost momentan in Planung und werden in den kommenden Jahren zusätzlichen Wohnraum schaffen: Grossmatte West, Littau West, Reussbühl Ost und West, Industriestrasse, Obere Bernstrasse, Urnerhof, Eichwaldstrasse, Steghof.

Entlastung dank Kriens und Co.?

Dass rings um die Stadt so heftig gebaut wird, könnte sich für die Stadt positiv auswirken. So hält es Manuela Jost durchaus für möglich, dass Städter in die Agglomeration ziehen und dadurch in der Stadt Wohnungen frei werden. Jost sagt: «Die neuen Wohnungen in Kriens können für die Stadt eine kurzfristige Entspannung bedeuten. Jedoch gibt es beim gegenwärtigen Wohnungsproblem eine weitere Komponente, die beachtet werden muss, und zwar der steigende Wohnflächenverbrauch.»

Mehr Wohnungen bedeuten laut Jost nicht automatisch einen entsprechenden Anstieg der Bevölkerung durch Neuzuzüger, sondern hängen auch mit der Veränderung der Anzahl und Struktur der Haushalte zusammen. Sprich: Wenn in Luzern zwar viele Wohnungen gebaut werden, deren Bewohner aber immer mehr Fläche benötigen, verpufft der Effekt etwas. Der Kanton Luzern will diese Entwicklung mit dem neuen Richtplan bekämpfen. Demnach sollen wir Luzerner künftig wieder in kleineren Wohnungen hausen (zentral+ berichtete). Insgesamt soll der ganze Kanton Luzern gemäss neuem Richtplan bis 2035 um 60’000 Einwohner und 35’000 Arbeitsplätze wachsen.

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