Felssturz in Wolhusen

Tausende Liter Öl ausgelaufen

Eine Woche nach dem Felssturz an der Badflue bei Wolhusen wird weiterhin Schutt aus dem Bett der Kleinen Emme geräumt.

(Bild: zvg)

Eine Woche nach dem Felssturz werden neue Einzelheiten bekannt. So sind bei den Überschwemmungen einige tausend Liter Heizöl ausgelaufen. Und: Es sind Akten im Staatsarchiv «gefunden» worden, die die Verantwortlichen aufhorchen lassen. Nicht aber zentral+-Leser.

Am letzten Montag krachte es in den frühen Morgenstunden. In der Badfluh im Ortsteil Wolhusen-Markt ereignete sich ein gewaltiger Felssturz von etwa 5000 Kubikmetern (zentral+ berichtete).

Nun kommunizieren die zuständigen Stellen. Vorweg: Gemäss Recherchen von zentral+ kam es vor 100 Jahren schon einmal zu einem solchen Ereignis, als ein Felssturz die Emme staute. Schon damals flogen Steine durch die Gegend. Doch davon wusste der Kanton offenbar jüngst nichts mehr (zum Artikel). 

Alte Dokumente gefunden – dank Hinweisen von zentral+

Erwin Bucher, Gemeindeschreiber von Wolhusen, informiert im Namen des Krisenstabs: «In der 2004 bis 2007 erstellten Gefahrenkarte «Kl. Emme» wurde ein derart grossvolumiges Sturzereignis als Restgefährdung mit sehr kleiner Wahrscheinlichkeit beurteilt, da weder bei den Feldaufnahmen, noch in den vorhandenen Ereigniskatastern Hinweise auf grössere Felsabbrüche zu finden waren.»

Allerdings: Vor wenigen Tagen seien im Staatsarchiv Akten über einen Felssturz «gefunden» worden, der sich im Juni 1910 an fast derselben Stelle ereignete (Hinweis der Redaktion: Erst nach dem Artikel von zentral+ wurde man auf die Unterlagen aufmerksam). «Das damalige Ereignis war um ein Vielfaches kleiner als der aktuelle Felssturz», schreibt der Krisenstab.

«Das Hochwasser ist in den in der Gefahrenkarte markierten Flächen aufgetreten.»

Gemäss den Behörden habe die Gefahrenkarte mit der aufgetretenen Situation grundsätzlich recht gut übereingestimmt, weil die eigentliche Felssturzmasse praktisch zu fast 100 Prozent im Flussbett abgelagert wurde und weil nur ganz vereinzelte Gesteinsbrocken aus der eigentlichen Felssturzmasse bis auf die andere Uferseite stürzten. «Das Hochwasser ist in den in der Gefahrenkarte markierten Flächen aufgetreten.»

Beim Felssturz wurden Steine aus dem Bachbett der Emme bis zu 300 Meter weit in die Landschaft geschleudert. Der Geologe Klaus Louis meint dazu: «Ein deratig aussergewöhnliches Szenario konnte nicht vorausgesehen werden und ist deshalb auch nicht in der Gefahrenkarte abgebildet» (zentral+ berichtete). Zu diesem Schluss kam nun auch der Krisenstab.

Heizöltank leckte

Beim Felssturz und der anschliessenden Überschwemmung der Kleinen Emme trat aus einem der überschwemmten Tanks Öl aus. Während der Zeit der Überschwemmung seien aus diesem Tank einige tausend Liter Dieselöl in die Umgebung (Erdreich, Flusssande, Kanalisation, Luft) gelangt, so Gemeindeschreiber Bucher.

Ein Teil des Öls ist mit dem Wasser in die Kleine Emme und anschliessend via Reuss bis in die Unterliegerkantone (AG, ZG) und weiter flussabwärts abgeschwemmt worden. Das Dieselöl aus der Kleinen Emme sei bis in die Reuss gelangt.

Der Felssturz aus der Drohnenperspektive.

Der Felssturz aus der Drohnenperspektive.

(Bild: ZSO Emme)

Nachdem rund drei Stunden nach dem Felssturz die Emme wieder in ihrem Bachbett floss, sei kein Diesel mehr ins Gewässer gelangt, so der Krisenstab. Die Menge an Öl, welche in die Umgebung und in die Kleine Emme gelangt ist, lasse sich nicht genau beziffern, schreibt Bucher.

Flora und Fauna «nicht stark beeinträchtigt»

In den Flusssedimenten und am Ufer sei Öl abgelagert worden. «Spuren von Inhaltsstoffen gelangten auch ins Grundwasser, soweit Flusswasser ins Grundwasser infiltriert.» Es sei damit zu rechnen, dass ein Grossteil der Dieselinhaltsstoffe im Kiesfilter und im Uferbereich haften bleibe und langsam abgebaut werde, so die Einschätzung des Amts für Umwelt des Kantons Luzern.

Ein weiterer Teil des Diesels sei verdunstet, was entlang der beiden Flussläufe zu entsprechendem Geruch geführt habe. Es sei zudem möglich, dass geringe Mengen an aufschwimmendem Öl weiterhin in den beiden Flüssen sichtbar sind, da aus Stillwasserbereichen solches in den Hauptlauf gelange. «Die Fauna und Flora der Gewässer ist vermutlich nicht zu stark beeinträchtigt worden.»

Wasserwerke kontrollieren häufiger

Teilweise mussten Trinkwasserfassungen abgestellt werden, während das verschmutzte Wasser die Emme hinunterfloss. «Es ist nicht damit zu rechnen, dass Wasserfassungen verunreinigt werden. Die betroffenen Wasserversorgungen haben vorsorglich ihre Kontrollmessungen auf Grund des Ereignisses erhöht», schreibt Bucher.

Nachdem der Tank geortet werden konnte, hätten ihn Spezialisten noch am Montag abgesaugt. Es seien rund 130 Kubikmeter Öl-Wasser-Gemisch entsorgt worden. Das verunreinigten Kiesmaterial (rund 150 Kubikmeter) wurde durch ein Labor analysiert: Die Analyseresultate zeigten eine mässige Belastung durch Kohlenwasserstoffe. Danach wurde auch dieses Material fachgerecht entsorgt.

Schutzdamm als Sofortmassnahme

Zurzeit werden verschiedene, sogenannte Sofortmassnahmen ausgeführt. 

  • Die Räumung der Felssturzablagerungen aus der Kleinen Emme ist in Gang. Diese geschehe, «um die aktuell erhöhte Hochwassergefährdung für Teile der Gemeinde Werthenstein (Wolhusen Markt) so rasch als möglich wieder auf den Zustand vor dem Felssturz zu reduzieren.»
  • Aktuell droht die Gefahr von Überschwemmungen: Die unmittelbar durch die Felssturzablagerung geschaffene massive Verengung der Bachbetts um über 90 Prozent vermag nur eine geringe Abflussmenge durchzulassen. Klaus Louis: «Bereits bei Schneeschmelze oder starken Niederschlägen besteht eine Überflutungsgefahr.» Um diese zu verringern, wird im Bereich des Schuttkegels am rechten Ufer ein temporärer Schutzdamm errichtet.
  • Bevor das abgestürzte Material, das Nahe der Felswand liegt, aus der Emme geholt werden kann, muss die Gewissheit bestehen, dass unmittelbar keine weiteren Abbrüche drohen. Daher wird die Felswand in der Badfluh gereinigt und gesichert. Erst danach wird dort gebaggert.
  • Zurzeit ist erst rechte Hälfte des Gerinnes der Kleinen Emme für die Räumung freigegeben worden. Gemeindeschreiber Bucher: «In diesem Bereich wird zurzeit mit Hochdruck daran gearbeitet, die grossen Blöcke zu verkleinern und mit Lastwagen abzuführen.»
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