Einsprecher aus Baar hatten Erfolg

SVP frohlockt: Asylunterkunft «Obermüli Süd» ist vom Tisch

Auf dem Areal «Obermüli Süd» entsteht definitiv keine temporäre Asylunterkunft. (Bild: Google maps)

Bereits 2016 hätten in Baar rund 100 Asylbewerber in eine temporäre Unterkunft einziehen sollen. Doch Beschwerden verzögerten das Projekt um Jahre – jetzt wird es ganz abgeblasen. Die Bauherrin und der Kanton bedauern den Entscheid.

Rund 70 Anwohner und die lokale SVP wehrten sich gegen den Bau einer temporären Asylunterkunft in Baar, eine Partei gar bis vor das Bundesgericht. Weil die Unterkunft mitten in einem Wohngebiet gestanden hätte, so die Begründung. Der Entscheid des obersten Gerichtes ist zwar noch ausstehend. Trotzdem hat der Widerstand bereits Erfolg. Das Baugesuch für die Unterkunft wurde zurückgezogen, wie die Zuger Regierung am Mittwoch mitteilte. Das Projekt wird damit definitiv nicht umgesetzt (zentralplus berichtete). 

Für den Rückzug gibt es zwei Gründe, wie Roman Hotz von der Hotz Obermühle AG auf Anfrage von zentralplus sagt. Die Firma wollte im Auftrag des Kantons die temporäre Unterkunft auf einem eigenen Stück Land realisieren. Vorgesehen war auf dem Areal «Obermüli Süd» ein dreistöckiges Gebäude mit 17 Wohnungen für rund 100 Personen. Bereits 2016, so der ursprüngliche Plan, hätte die Unterkunft bezogen werden sollen. Und für rund zehn Jahre genutzt werden.

Rund 200 Wohnungen geplant

«Aufgrund der Einsprachen und Beschwerden ist nun schon ein Drittel dieser Zeit verstrichen», sagt Hotz. «Da wir unterdessen konkrete Bauabsichten für das Areal haben, lohnt sich eine Zwischennutzung nicht mehr.» Auf den 35’000 Quadratmetern sollen Richtung Langgasse Gebäude für Gewerbe- und Wohnnutzung entstehen, im hinteren Bereich reine Wohngebäude. Rund 200 Wohnungen sind vorgesehen. Der genaue Zeitplan und die Ausgestaltung sind noch offen. 

«Da wir unterdessen konkrete Bauabsichten für das Areal haben, lohnt sich eine Zwischennutzung nicht mehr.»

Roman Hotz, Hotz Obermühle AG

Hotz bedauert, dass das Areal nicht vorübergehend für eine Asylunterkunft genutzt werden konnte. «Wir wollten damit einen Beitrag zur Linderung der angespannten Flüchtlingssituation im Kanton Zug leisten. Und ein Zeichen gegen die herrschende Sankt-Florians-Politik setzen.» Also gegen die Angewohnheit, die Problemlösung auf andere abzuschieben. Die Hotz Obermühle AG hätte die Unterkunft zu Selbstkosten an den Kanton vermietet. 

Stattdessen bleibt sie nun auf Kosten sitzen. Intern wurden Hunderte Arbeitsstunden für Planung und Gerichtsverfahren aufgewendet, schätzt Hotz. Hinzu kommen Gebühren, unter anderem für die Baubewilligung. «Die Unterstützung in der Bevölkerung war gross, die Gegner deutlich in der Minderheit, aber sehr lautstark», sagt Hotz. 

Kanton sucht Ersatzlösung

Auch beim Kanton Zug ist die Enttäuschung über das Ende des Projektes gross. Der Regierungsrat zeigt aber Verständnis für den Entscheid der Hotz Obermühle AG. Längerfristig muss sich der Kanton nun anderweitig um den Ersatz der 100 Betten kümmern. Allerdings erhält er dafür etwas mehr Zeit. «2015 gingen wir noch davon aus, dass das alte Kantonsspital mit den 160 bis 200 Plätzen nur noch zwei Jahre als Asylzentrum in Betrieb ist», sagt Jris Bischof, Leiterin des kantonalen Sozialamtes. «Da das Spital nun sicher noch bis 2023 oder 2024 genutzt werden kann, erhalten wir etwas mehr Zeit, nach neuen Lösungen zu suchen.»

Gemeinderat zeigt Verständnis
«Der Baarer Gemeinderat nimmt den Entscheid zur Kenntnis und kann die Beweggründe gut nachvollziehen», schreibt Gemeindepräsident Walter Lipp zum Rückzug des Baugesuches. Er habe Verständnis, dass die Familie Hotz Planungssicherheit brauche und das Gebiet Obermühle entwickeln werde. Der Gemeinderat sei im Austausch mit der Direktion des Innern, jedoch noch nicht zu konkreten Vorhaben.

Sofern dies bei den derzeit rückläufigen Asylgesuchen überhaupt nötig ist. Gegner des Projektes kritisierten, der Kanton plane zu grosse Kapazitäten. Bischof widerspricht. Denn obwohl schweizweit die Asylzahlen zurückgehen, hat Zug mit rund 1’200 Personen im Asyl- und Flüchtlingsbereich noch fast so viele aktive Fälle wie im Jahr der Flüchtlingskrise 2015.

Gründe dafür sind die schon anwesenden Personen, die mit grosser Wahrscheinlichkeit hier bleiben, das Bevölkerungswachstum im Kanton (die Asylsuchenden werden proportional auf die Kantone verteilt) und die Schliessung des Bundesasylzentrums auf dem Gubel im Frühling 2018, wodurch der Kanton mehr Personen übernehmen muss. 

Bischof nennt weitere Gründe: «Wir haben mehrere befristete Verträge für Unterkünfte, die wir früher oder später ersetzen müssen. Und aufgrund der neuen Asylgesetzgebung weist der Bund den Kantonen seit diesem Jahr vor allem Personen mit einer Bleibeperspektive zu, die hier integriert und ausgebildet werden müssen.» Zudem müsse der Kanton auch für eine plötzliche Zunahme der Fallzahlen gerüstet sein.

«Unterkünfte für Flüchtlinge braucht es auch ohne das geplante Zentrum in Baar.»

Andreas Hostettler, Vorsteher Direktion des Innern

«Unterkünfte für Flüchtlinge braucht es auch ohne das geplante Zentrum in Baar», sagt auch Regierungsrat Andreas Hostettler. «Wir sind darum in engem Austausch mit der Gemeinde.» Diese sei sich der Verantwortung bewusst. Hostettler zeigt sich zuversichtlich, dass alternative Unterbringungsmöglichkeiten gefunden werden.

SVP «hocherfreut»

Erwartungsgemäss «hocherfreut» vom Rückzugsentscheid zeigt sich die SVP Baar. Der Baarer Bevölkerung blieben nun Zustände wie in der ehemaligen Bundesasylunterkunft auf dem Gubel erspart, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Dort habe die Polizei häufig ausrücken müssen. Die SVP Baar werde sich auch künftig dafür einsetzen, «dass im Dorfzentrum keine neuen Asyl-Grossunterkünfte entstehen.»

Ob ein Ersatz in der Gemeinde gefunden werden kann, ist derzeit noch offen. Grundsätzlich kann der Kanton Gemeinden verpflichten, eine gewisse Anzahl an Asylplätzen zur Verfügung zu stellen. Sanktionen bei Nichteinhaltung gibt es allerdings keine. Kanton und Gemeinde betonen, man sei im guten Austausch. Nach den Sommerferien sollen erste konkrete Gespräche stattfinden. Wie viele Plätze Baar aktuell zur Verfügung stellen müsste, kann Jris Bischof nicht sagen. «Die Zahlen schwanken, je nach Anzahl Einwohner und Asylbewerber.» 

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