Luzerner Experte sagt, wann es gefährlich wird

Stress bei der Arbeit – ist der Chef schuld?

Rolf Stocker ist Experte in Sachen Personal- und Stressmanagement.

(Bild: zvg)

Stress ist oftmals fester Bestandteil unseres Alltags. Besonders im Job fühlen sich immer mehr Personen gestresst, was sich körperlich auswirken kann. Doch was tun, wenn gerade um die Weihnachtszeit eine besonders stressige Zeit naht? Fachexperte Rolf Stocker gibt Tipps.

Wohl jeder kennt es: Zu Weihnachten häufen sich Termine, mehrere Weihnachtsessen reihen sich aneinander und dann sollte man neben der Arbeit noch Geschenke für die Liebsten besorgen. Was eigentlich eine besinnliche Zeit sein sollte, wird zum Ess- und Treffmarathon. Stress entsteht, viele geraten an ihre Grenzen.

«Stress kann auch sehr wertvoll sein, man lernt viel über sich.»

Rolf Stocker, Experte in Personal- und Gesundheitsmanagement

«Stress ist nicht primär etwas Schlechtes», meint Rolf Stocker, Experte in Personal- und Gesundheitsmanagement. Der Luzerner unterstützt Unternehmen sowie Einzelpersonen zur Verbesserung der Gesundheit am Arbeitsplatz und gibt hilfreiche Tipps zum Thema Stressbewältigung bei der Arbeit. «Stress kann auch sehr wertvoll sein, man lernt viel über sich und kann so auch weiterkommen. Ich fühle mich im Moment positiv gestresst – so kurz vor den Ferien», meint Stocker, der kurz vor seinen Nordsee-Ferien steht.

Dieser positive Stress könne sich laut Stocker jedoch sehr schnell umwandeln. Besonders wenn Stress dauerhaft anhält, könne er gesundheitsschädigend wirken und sich durch körperliche Symptome wie Schlafstörungen oder Magenkrämpfe äussern. Wie neuste Untersuchungen der Gesundheitsförderung Schweiz belegen, ist der Anteil der Erwebstätigen, die unter mehr Belastung leiden, leicht angestiegen. Von rund 25 Prozent im Jahr 2016 sind es mittlerweile rund 27 Prozent in diesem Jahr.

«Die Digitalisierung beschleunigt auch mögliche Stressfaktoren.»

Rolf Stocker

Diese Tendenz, meint Stocker, sei leider auch in Zukunft weiterhin zu erwarten: «Die zunehmende Digitalisierung beschleunigt die bestehenden Prozesse und wirkt auf das Arbeitsumfeld sowie die Gesellschaft ein.»

Auch der Kanton erkennt Problematik

Auch der Kanton Luzern hat die Problematik des vermehrten Stresses erkannt. Bereits zum neunten Mal organisierte er dieses Jahr eine Tagung zur Gesundheitsförderung zum Thema «Arbeit: Lust oder Last? Psychosoziale Risiken – erkennen und vorbeugen.» Vor rund 400 Teilnehmenden referierte unter anderem Rolf Stocker.

Zur Person

Rolf Stocker, gelernter Betriebsökonom, ist Experte in Personal- und Gesundheitsmanagement und unterstützt Unternehmen sowie Einzelpersonen zur Verbesserung der Gesundheit am Arbeitsplatz. Diese Themen unterrichtet der Knutwiler auch als Dozent an der KV Berufsakademie sowie am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung in Sursee.

Durch umfassende Analysen, Workshops und den Aufbau eines Gesundheitskonzepts kann gemeinsam eine Verbesserung des eigenen Gesundheitsmanagements erreicht werden. Zentral sind unter anderem die Fragen «Wie schaffe ich es, gesund zu bleiben?» oder «Wie gehe ich mit Belastung um, damit ich gesund bleibe?».

Stress vor Weihnachten und vor Jahresende. Doch was hilft dagegen?

Besonders im Winter sind viele dem jährlichen Weihnachts- und Jahresendstress ausgesetzt. «Es gibt saisonale Unterschiede bei den Absenzen. So können Grippewellen in den Herbst- und Wintermonaten zusätzliche Ausfälle verursachen. Jahresendarbeiten, gepaart mit privaten Verpflichtungen können ebenso zu vielen Ausfällen führen», so Stocker.

Doch wann ist genug, wann muss man stoppen? «Wenn psychosomatische Beschwerden wie Schlafstörungen, Magenbeschwerden oder zunehmende Reizbarkeit auftreten, kann das ein Indiz für eigene Belastungsgrenzen sein. Es gilt, seine eigenen Grenzen zu erkennen und diese selbst zu respektieren», so Stocker. Wichtig hierbei: Frühzeitig auf den eigenen Körper hören. Das individuelle Empfinden steht hierbei im Zentrum. Denn die Erfahrung zeigt, dass körperliche Warnsignale zu lange ignoriert werden.

Doch erst dann komme der eigentlich schwierigste Schritt. Nachdem man seine eigenen Grenzen respektiert hat, müssen diese in einem weiteren Schritt auch dem Vorgesetzten beziehungsweise seinem Umfeld kommuniziert werden. «Inwiefern dies möglich sein wird, hängt massgeblich von der gelebten Firmen- und Kommunikationskultur ab», so Stocker.

Besonders eine Firma sticht ihm dabei positiv ins Auge: «Ich arbeite schon länger für das Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil. Sie verfügen in Sachen Stressprävention über ein sehr breites Angebot und verfügen auch über das Label Friendly Work Space», meint Stocker. Das Label zeichnet Unternehmen aus, die betriebliches Gesundheitsmanagement in ihre Unternehmensstrategie integriert haben.

Der Chef macht’s aus

Stocker spricht damit an, dass nicht nur die Arbeit alleinig für Stressempfinden zuständig ist, sondern auch das Wohlbefinden zum Beispiel am Arbeitsplatz. Massgeblich fällt dabei die Rolle des Chefs ins Gewicht.

«Absenzenquoten sind ein Massstab für erlebte Führungsqualität.»

Rolf Stocker

«Absenzenquoten sind ein Massstab für erlebte Führungsqualität. Vorgesetzte spielen einen wichtigen Faktor hinsichtlich der Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Führen heisst auch sich Zeit nehmen, um den Angestellten zuzuhören und ihnen Empathie entgegenzubringen. Andererseits verlangt Führungsarbeit auch sehr viel Achtsamkeit gegenüber sich und seinen Mitarbeitenden.»

Bringt der Chef einem Empathie und ein offenes Ohr entgegen, entgegnet man auch ihm mit Empathie und fühlt sich weniger unter Druck gesetzt beziehungsweise weniger gestresst. Ausserdem fühlt man sich durch Empathie vermehrt emotional mit dem Unternehmen verbunden, was wiederum das Stressempfinden sinken lässt.

Auch sogenannte «Arbeitsunterbrechungen» können relativ unbewusst für Stressgefühle sorgen. Darunten fallen zum Beispiel Lärm in einem Grossraumbüro oder dass der Drucker oder Computer nicht funktioniert. Alles, was einen aus dem normalen Arbeitsfluss hole, sei ein potenzieller Stressfaktor. Diese können jedoch zum Teil mit einfachen Mitteln verringert werden, unter anderem durch Abtrennungen oder Ohrenstöpsel.

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