Quartierzentrum-Bau im Wesemlin

Streit um gefällte Eiche: Katholische Kirche bleibt auf Mehrkosten sitzen

Leider fand die Eiche nur in der Visualisierung des Projekts einen Platz.

Im Wesemlin musste eine Eiche dem neuen Quartierzentrum weichen. Anwohner versuchten das zu verhindern und verzögerten dadurch das Bauprojekt. Das soll nicht zur Gewohnheit werden, finden FDP und CVP. Der Luzerner Stadtrat sieht bei sich jedoch kaum Fehler.

Ein Riesenrummel um eine alte Eiche: Für den Bau des neuen Quartierzentrums im Wesemlin musste ein Baum gefällt werden. Ursprünglich war geplant, ihn in der neuen Umgebung zu erhalten. Doch im Laufe des Projekts zeigte sich, dass dies nicht möglich war (zentralplus berichtete).

Damit waren die Anwohner alles andere als zufrieden. Auch wenn die Einsprachefrist schon abgelaufen war, versuchten sie im vergangenen September mithilfe einer Petition die Eiche zu erhalten – ohne Erfolg (zentralplus berichtete).

Baudirektion muss prüfen und entscheiden

Zu guter Letzt wurde der Baum sogar noch zum Politikum (zentralplus berichtete). Die Grossstadträtinnen Sandra Felder-Estermann und Laura Grüter Bachmann (FDP) und die CVP-Parlamentarier Andreas Felder und Peter Gmür reichten eine Interpellation ein, weil sie befürchteten, dass die Stadt mit ihrem Vorgehen ein schlechtes Signal für künftige Investoren setzt. Denn die Katholische Kirche Luzern, die hinter dem Quartierzentrum steht, hatte einen hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand hinzunehmen.

«Beim Baugesuch für das Quartierzentrum handelt es sich um kein gewöhnliches Bauprojekt.»

Luzerner Stadtrat

Der Stadtrat widerspricht in seiner am Donnerstag publizierten Stellungnahme. Zwar wolle man Bauherrschaften, die Projekte mit grossem Nutzen für die Öffentlichkeit planen, stets unterstützen. «Die Baudirektion als Baubewilligungsbehörde hat aber auch die Aufgabe, solche Projekte hoheitlich auf die Einhaltung der Bauvorschriften zu prüfen und wenn notwendig Nachbesserungen oder zusätzliche Unterlagen für eine Interessenabwägung zu verlangen.» Die Rechtssicherheit sei deshalb jederzeit gewährleistet.

Es fehlten ohnehin noch Unterlagen

Wo immer möglich, habe man auch die Katholische Kirche Luzern seit Beginn des Planungsprozesses vor zehn Jahren «tatkräftig» unterstützt. Der Stadtrat betont aber auch, dass für die Erteilung einer Baubewilligung alle notwendigen Stellungnahmen und weiteren Bewilligungen vorliegen müssen. Vom Einreichen des Baugesuchs am 31. Januar 2019 bis zur Erteilung der Baubewilligung am 16. Dezember 2019 verging fast ein Jahr.

Verzögerungstaktik also? Nein, sagt der Stadtrat. «Beim Baugesuch für das Quartierzentrum handelt es sich um kein gewöhnliches Bauprojekt. Die Komplexität des Gesuches bedingte, dass verschiedene Fachstellen zur Vernehmlassung eingeladen werden mussten, und die materielle Prüfung aller baurechtlichen Bestimmungen war überdurchschnittlich aufwendig. Die Bauherrschaft musste neben der Thematik um die Baumfällung weitere zusätzliche Unterlagen nachreichen.» Gemeint sind beispielsweise Unterlagen über Höhenlage im Terrain, Lärmschutz, Umgebungsplan und behindertengerechte Ausführung. Ausserdem gab es gegen das Projekt eine Einsprache, die jedoch im Juni zurückgezogen wurde.

Risiko hätte der Kirche bewusst sein müssen

Das beantwortet allerdings noch nicht alle Fragen der Interpellanten. Zuerst habe es aus dem Stadthaus Signale gegeben, die Eiche müsse unter Schutz gestellt werden, dann wurde sie doch gefällt. Ein Hin und Her also. Tatsächlich stufte die Stadt die Eiche als «wertvoll» und ihren Erhalt als «wünschenswert» ein.

Zunächst sah es auch so aus, als würde sie in der Umgebung des neuen Quartierzentrums einen Platz finden. «Im Verlauf der weiteren Planung zeigte sich aufgrund der vielfältigen Anforderungen an das Projekt, dass die Eiche nicht erhalten werden kann beziehungsweise bei deren Erhalt das Quartierzentrum nicht wie gewünscht realisiert werden kann», schreibt der Stadtrat. Die Bauherrschaft reichte deshalb ein Baugesuch für die Fällung ein. Sie habe sich bewusst sein müssen, dass damit ein gewisses Verfahrensrisiko verbunden ist.

«Nicht in allen Teilen konsequent erfolgt»

Auch die finanziellen Folgen der «Baum-Geschichte», wie es die Interpellanten nennen, muss die Katholische Kirsche Luzern selbst tragen. Die nachzureichenden Unterlagen seien zwingend gewesen, um eine Interessenabwägung vorzunehmen, bevor ein Entscheid gefällt werden konnte, so die Begründung.

Dennoch räumt der Stadtrat ganz am Schluss seiner Antwort Fehler ein – auch wenn er es nur vage formuliert: «Dem Stadtrat ist es wichtig, dass die Stadt als Bewilligungsbehörde so früh und so klar wie möglich die Rahmenbedingungen kommuniziert, allfällige Folgen aufzeigt und auch stringent danach handelt. Dies erfolgte im vorliegenden Fall nicht in allen Teilen konsequent.»

Eine neue Eiche wartet schon

Die Katholische Kirche muss nun wegen der Fällung der Eiche einen Ersatz pflanzen. «Um der speziellen Situation um die alte Eiche gerecht zu werden, wurde mit der Baubewilligung eine möglichst grosse Ersatzpflanzung verfügt», betont der Stadtrat. Mittlerweile sei in einer Baumschule eine Eiche mit einer Höhe von 12 bis 13 Metern und einem Stammumfang von 111 Zentimetern reserviert.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von CScherrer
    CScherrer, 21.08.2020, 08:32 Uhr

    Natürlich hätte es der Katholischen Kirche bewusst sein müssen, dass diese Eiche zu einem Problem werden wird. Hinter vorgehaltener Hand wurde schon lange vorher darüber diskutiert, was einmal mit dieser Eiche passieren wird. Der zusätzlich hohe finanzielle und zeitliche Aufwand wird die katholische Kirche Luzern sicherlich verschmerzen können. Ansonsten darf Herr Gmür sich an seinen Bruder, den Bischof wenden. Der kann dann immer noch in Rom jammern gehen.
    Dennoch ein eher unsägliches Beispiel dafür, dass ein paar grüne Anwohner ein Affentheater um einen ca. 40-jährigen Baum machen können und so ein Projekt verzögern. Ist nicht das erste Mal, dass gewisse Anwohner das Gefühl haben, dass ihnen das Quartier gehört. Es kommen Erinnerungen an den Fall «Bachmann» auf etc.
    Die katholische Kirche sorgt für einen Realersatz, so wie es andere Hauseigentümer im übrigen auch machen und gemacht haben.

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