Würzenbach: Luzerner Politiker machen Druck

Streit um das alte Schädrüti-Schulhaus flammt wieder auf

FDP-Grossstadtrat Rieska Dommann verlangt, dass der Stadtrat beim Schädrüti-Schulhaus nochmals über die Bücher geht. (Bildmontage: zentralplus)

Die Zukunft des Schulhauses Schädrüti im Würzenbachquartier ist fünf Jahre nach der Schliessung noch immer offen. Eine überparteiliche Gruppe verlangt nun, dass die Stadt ein gemeinsames Projekt mit der Reformierten Kirche prüft. Doch dem Abriss kommt ein altes Problem in die Quere.

2011 beschloss die Stadt Luzern, das Schädrüti-Schulhaus auf den Sommer 2013 hin zu schliessen und hinterher zu vermieten. Doch das war offenbar einfacher gesagt als getan. Zuerst stand es leer, dann wurde es vorübergehend wieder für einzelne Klassen genutzt. Bevor es definitiv geschlossen wurde und wieder leer stand.

Verschiedene Optionen für Zwischennutzungen wurden thematisiert, lange ergab sich aber nichts Konkretes. Seit Mitte 2016 werden im Schädrüti-Schulhaus Flüchtlinge unterrichtet. Der Kanton hat das Gebäude temporär gemietet (siehe Box).

Offen ist, wie es langfristig weitergeht. Eine überparteiliche Gruppe von FDP, Grünen, CVP und SVP verlangt nun in einem dringlichen Postulat vom Stadtrat, dass er die Idee von Alterswohnungen aufgreift.

Comeback alter Pläne gefordert

Wem diese Pläne bekannt vorkommen, liegt nicht falsch. Urheber Rieska Dommann (FDP) hat einen ähnlichen Vorstoss bereits vor drei Jahren eingereicht. Dieser wurde damals überwiesen, die Stadt erstellte eine Analyse, die offenbar in diesem Jahr fertiggestellt wurde. Mit welchem Resultat, darüber haben die Behörden noch nicht informiert.

Von den Plänen für Alterswohnungen ist die Stadt aber offenbar wieder abgekommen. Sehr zum Ärger von Rieska Dommann, der jahrelang Präsident des Quartiervereins war. «Das Bedürfnis ist nachgewiesen. Es gibt für pflegebedürftige Menschen hier kaum zahlbare Angebote. Und es ist ein Fakt, dass im Würzenbachquartier viele ältere Menschen leben.» Geschätzt 90 Prozent der Leute, die Pflege beanspruchen, könnten sich keinen Platz in den bestehenden Residenzen leisten und müssten wegziehen.

Entsprechend enttäuscht sei man im Würzenbach darüber, dass sich die Hoffnung auf den Bau von Alterswohungen nun vorerst zerschlagen habe. «Ich bin nach wie vor der Meinung, dass dies ein sinnvolles Konzept wäre», sagt Dommann. «Zumal das Schädrüti-Schulhaus mitten im Zentrum ideal gelegen ist.»

Umbau zu teuer

Ist es tatsächlich so, dass die Stadt die Alterswohnungen begraben hat? Wegen des hängigen Vorstosses von Dommann werden entsprechende Fragen von der Stadt zurzeit nicht beantwortet, sondern erst mit der Antwort auf das Postulat.

Mehr erfährt man hingegen aus der aktuellen Quartierzeitung. «Die Stadt Luzern sieht im Moment keine Möglichkeit, preiswertes Alterswohnen mit Dienstleistungen im Quartier Würzenbach zu realisieren», heisst es in einem Beitrag, der von einer Stabsmitarbeiterin der Stadt verfasst wurde. Man werde sich darauf konzentrieren, eine alternative Nutzung für das Schulhaus Schädrüti zu finden.

«Wenn die Stadt will, liegt es in ihrer Hand, einen Abriss zu ermöglichen.»

Rieska Dommann, FDP-Grossstadtrat

Die vertieften Abklärungen der Stadt hätten ergeben, dass sich das Schulhaus Schädrüti nicht für Alterswohnungen eignet. Geprüft wurden demnach zwei Varianten: ein Umbau mit Erweiterung und ein Neubau. Ersteres wäre technisch möglich, aber so teuer, dass es auf die Mietpreise der Wohnungen schlagen würde. «Unser wichtiges Ziel, preiswertes Alterswohnen anzubieten, könnten wir mit dieser Variante klar nicht erreichen», wird Sozial- und Sicherheitsdirektor Martin Merki im Artikel zitiert. Günstiger wäre es in einem Neubau.

Wie lang bleibt der Kanton?

Im Schädrüti-Schulhaus werden seit Mitte 2016 unbegleitete minderjährige Asylsuchende unterrichtet. Der Kanton Luzern hat das Gebäude bis April 2019 gemietet, mit Option auf Verlängerung um ein Jahr. Wie der Stadtrat kürzlich festhielt, wird der Kanton voraussichtlich davon Gebrauch machen und bis im Frühling 2020 im Schulhaus bleiben.

Womöglich richtet auch die Stadt für 2019 ein Provisorium im Schulhaus ein. Nachdem die Pläne für die Schulanlage Würzenbach von der Baukommission zur Überarbeitung zurückgewiesen wurden, verzögert sich der nötige Ausbau (zentralplus berichtete).

Doch dabei stellt sich ein grundsätzliches Problem: Ein Abbruch kommt für den Stadtrat gemäss der Quartierzeitung zurzeit nicht in Frage. Denn das Schulhaus ist der Ortsbildschutzzone B zugeordnet und im Inventar der Kulturobjekte als «erhaltenswert» eingestuft. Und das Schulhaus bilde zusammen mit den als «schützenswert» eingestuften Kirchenbauten des Pfarreizentrums St. Johannes eine Baugruppe. Ein Abriss wäre demnach rechtlich nicht einfach so machbar, wird im Artikel mit Verweis auf ein Kantonsgerichtsurteil argumentiert.

Für Rieska Dommann ist das eine «fadenscheinige Ausrede». «Wenn die Stadt will, liegt es in ihrer Hand, einen Abriss zu ermöglichen.» Er sieht zwei Möglichkeiten: Entweder das Schulhaus aus der Schutzzone B zu entfernen. Oder grundsätzlich die Abrissregeln in der Schutzzone B zu lockern. Ein entsprechender Vorstoss von Dommann wurde zwar kürzlich abgelehnt, im Grunde waren sich die Politiker aber einig über den Handlungsbedarf (zentralplus berichtete).

Für den FDP-Politiker ist darum klar: «Es gibt kein unüberwindbares Hindernis. Die Stadt schiebt das lediglich vor, weil sie das Projekt nicht will.» Bevor aber entschieden wird, verlangt Dommann, dass von Anfang an die kantonale Denkmalpflege und begleitend die Stadtbaukommission sowie die Planerverbände einbezogen werden, damit gemeinsam eine tragfähige Lösung gefunden werden könne.

Kirche wäre an gemeinsamem Projekt interessiert

Und das ist nicht alles. Laut Rieska Dommann ergibt sich für die Stadt aktuell eine neue und einmalige Chance. Denn auch die Reformierte Kirche ist für die Entwicklung ihres Nachbargrundstücks am Bau von Alterswohnungen interessiert. «Dank dem zusätzlichen Partner könnte man die kritische Grösse erreichen, um Dienstleistungen zu einem bezahlbaren Preis anzubieten.» Auch die katholische Kirche als direkte Nachbarin im Pfarreizentrum St. Johannes solle in die Gespräche einbezogen werden.

«Das Potenzial ist extrem gross und das Bedürfnis, etwas zu machen, vorhanden.»

Marlene Odermatt, Präsidentin Reformierte Kirche Luzern

Marlene Odermatt, Präsidentin der Reformierten Kirche, bestätigt das Interesse an einem gemeinsamen Projekt mit der Stadt. «Für uns wäre es sehr attraktiv, gemeinsam mit der Stadt beziehungsweise Viva ein Projekt zu realisieren», sagt sie. Nicht zuletzt, weil es dank einer insgesamt höheren Anzahl Wohnungen einfacher wäre, Dienstleistungen für leicht Pflegebedürftige anzubieten. «Mein persönlicher Traum wäre ein Zentrum für die Menschen hier, mit Spitex, Kinderkrippe, Quartierarbeit und den Kirchgemeinden. Das Potenzial ist extrem gross und das Bedürfnis, etwas zu machen, vorhanden.» 

Dass Alterswohnungen gefragt sind, habe eine Machbarkeitsstudie gezeigt. Mindestens 20 Wohnungen sollen in einem Neubau unterkommen. Details, etwa auch zum Investitionsvolumen und zur Finanzierung, stehen aber noch nicht fest. Zurzeit nutzt die Reformierte Kirche das Gebäude für Gemeinderäume und als Lager für Material aus dem Lukaszentrum, das umgebaut wird. 

Der Situationsplan im Würzenbachquartier (mehr erfahren Sie durch Klick auf die Symbole): 

Vorerst heisst es von der Reformierten Kirche: abwarten. «Wir sind gespannt, wie es von Seiten der Stadt weitergeht.» Aber auch ohne die Stadt im Boot will die Reformierte Kirche nicht untätig bleiben. «Für uns ist klar, dass wir mit unserem Gebäude etwas entwickeln wollen», sagt Marlene Odermatt. Ob es dann trotzdem Alterswohnungen würden, ist offen. Klar ist für die Reformierte Kirche aber, dass nicht die Rendite zuoberst steht. «Das Projekt muss finanziell machbar sein, aber es geht uns nicht darum, den grösstmöglichen Gewinn rauszuschlagen, sonst müssen wir das Grundstück an dieser Lage am besten verkaufen.»

Das Gesuch für eine Zonenplanänderung hat die Reformierte Kirche eingereicht, es ist noch hängig. Genauso wie die Frage, was mit dem Schädrüti-Schulhaus geschieht.

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