Stadt Luzern will keine aktive Förderung

Street-Art-Szene muss selbst nach geeigneten Wänden suchen

Das Neubad in der Stadt Luzern wird im nächsten Jahrzehnt einer Überbauung mit gemeinnützigen Wohnungen weichen. (Bild: jwy)

Kunst auf den Fassaden ist in Luzern ein aufkommendes Phänomen. Street-Art-Künstler müssen jedoch selbst nach geeigneten Objekten suchen – auch in Zukunft. Nicht zuletzt aufgrund des «anarchistischen Charakterzuges» der Kunstszene will die Luzerner Politik nicht zuständig sein. Dennoch wird bald ein neues Kunstwerk die Stadt zieren.

Für die einen ist es Kunst, für die anderen eine Rebellion an einer Hauswand oder gar eine «Schmiererei»: Street Art. Die Linken dürften sich eher zu Ersteren zählen. Farbenfrohe, lebendige und oftmals gesellschaftskritische Wandmalereien sollen das Gesamtbild der Stadt Luzern aufwerten, fordern sie nämlich im Luzerner Stadtparlament.

Denn der SP sind graue Fassaden ein Graus. Sie forderten in einem Postulat, dass sich Street Art stärker etabliere. Der Luzerner Stadtrat solle in diesem Zusammenhang überprüfen, wie man Street Art in Luzern aktiv fördern könne (zentralplus berichtete).

Eigeninitiative der Street-Art-Szene gefordert 

Das Luzerner Stadtparlament hat diesen Donnerstag das Postulat nur teilweise überwiesen. Es folgt damit dem Stadtrat, der genau dies empfohlen hatte (zentralplus berichtete). Zwar anerkennt der Stadtrat die Bedeutung von Street Art – und erachtet diese als eine Verschönerung des Luzerner Stadtlebens. Eine aktive Förderung der Szene durch die Stadt, wie von der SP verlangt, unterstützt er aber nicht.

Das Luzerner Stadtparlament teilt diese Meinung. «Street Art kann ein identitätsschaffendes Mittel für die Stadt sein», sagte Judith Wyrsch, GLP-Grossstadträtin. Die Stadt solle jedoch nicht als «Kunst-Maklerin» agieren und Street Art aktiv fördern. Es sei nicht Aufgabe der Behörden, sich um geeignete Objekte zu kümmern. Nicht zuletzt, weil das bereits in den künstlerischen Prozess eingreife.

Auch SVP-Fraktionschef Marcel Lingg erachtet es nicht als städtische Aufgabe, die Initiative zu ergreifen: «Wir wollen Street Art nicht bekämpfen – jedoch auch nicht stärker fördern», sagte er und spielte den Ball bewusst zur Fraktion der SP zu. «Nehmt die Sache selbst in die Hand! Die Stadt hat andere Aufgaben.»

«In erster Linie ist Street Art Eigeninitiative. Es hat auch etwas Anarchistisches.»

Judith Wyrsch, GLP-Grossstadträtin

Obwohl Street Art an sich im Stadtparlament nicht in Frage gestellt wurde und die Stimmung keineswegs angeheizt war, gingen die Forderungen der SP der Mehrheit zu weit. Etwa der Wunsch, dass die Stadt Kunstinteressierte besser informieren solle, wenn geeignete Objekte zur Verfügung stehen.

SP-Grossstadtrat Cyrill Studer Korevaar fordert eine aktive Politik beim Unterstützen der Street-Art-Szene.

SP-Grossstadtrat Cyrill Studer Korevaar fordert eine aktive Politik beim Unterstützen der Street-Art-Szene.

(Bild: zVg)

Oder: Der Stadtrat solle mögliche Objekte auflisten und definieren, die zum Bemalen in Frage kommen.

Judith Wyrsch von den Grünliberalen brachte einen weiteren Punkt in die Debatte ein: Sie stellte in Frage, ob man Street Art als eine freie Kunst institutionalisieren könne. «In erster Linie ist Street Art Eigeninitiative, sicher nicht kommerziell. Es hat auch etwas Anarchistisches dahinter», so Wyrsch.

Wyrsch sprach weiter von einem «inhaltlichen Dilemma» des Postulats. Denn zu Street Art gehörten auch inoffizielle, visuelle Ausdrucksformen im öffentlichen Raum, wie beispielsweise illegale Sprayereien – was die Postulanten verschweigen würden. Auch dieser anarchistische Charakterzug von Street Art war ein Grund dafür, wieso das Postulat nur teilweise entgegengenommen wurde.

Wo bald ein neues Street-Art-Gemälde zu finden ist …

Doch trotzdem entsteht in Luzern bald ein neues Wandbild, wie Baudirektorin Manuela Jost von den Grünliberalen erklärte. Die Stadt habe gemeinsam mit dem Fumetto-Festival letztes Jahr die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen. Für die Ausgabe im Frühling 2018 soll das Luzerner Comix-Festival Fumetto ein Street-Art-Projekt lancieren (zentralplus berichtete).

Bis anhin wurde für insgesamt sechs grosse Flächen eine Bewilligung erteilt, auf der sich Künstler der Street-Art-Szene austoben können. So beispielsweise auch für das SBB-Viadukt an der Dammstrasse. Ein erstes Sujet wurde bereits bestimmt.

«Es braucht nicht mehr Aktivitäten der Stadt.»

Manuela Jost, Baudirektorin

«Es braucht somit nicht mehr Aktivitäten der Stadt», meint Jost. «Aber wir sind interessiert und bereits dran, mit den verfügbaren Ressourcen Rahmenbedingungen für Street Art schaffen zu können.» So will die Stadt Künstler beim Bewilligungsverfahren aktiver unterstützen. Wie das konkret aussehen soll, lässt sie zurzeit noch offen.

Für die Finanzierung dieser Kunstprojekte sei die Stadt aber nicht zuständig. Dieses Anliegen der Linken ging sowohl Stadtrat als auch Stadtparlament zu weit.

«Die coolste Frau der Stadt» vom Künstlerduo QueenKong, die die Fassade der alten Himmelrich-Siedlung zierte.

«Die coolste Frau der Stadt» vom Künstlerduo QueenKong, die die Fassade der alten Himmelrich-Siedlung zierte.

(Bild: lwo)

SP sieht mehr Potenzial

SP-Grossstadtrat Cyrill Studer Korevaar zeigt sich mit der teilweisen Entgegennahme des Postulats einverstanden. Er sei froh, dass der Stadtrat eine Chance und Wertschätzung gegenüber Street Art äussere.

«Schmierereien stehen nicht zur Debatte», hält er jedoch fest. Zudem bedauert er, dass die Chancen einer «progressiven Herangehensweise» der Stadt mit Akteuren wie beispielsweise der Fachklasse Grafik und der Hochschule Luzern nicht anerkannt worden seien.

«Ich sehe für diese Luzerner Eigenschaft durchaus weiteres Potenzial.»

Cyrill Studer Korevaar, SP-Grossstadtrat

«Ich sehe für diese Luzerner Eigenschaft durchaus weiteres Potenzial», meint Studer Korevaar. Und er bezieht sich damit nicht nur auf moderne Malereien. Denn er zieht Street Art in eine Reihe mit Hausfassadenmalereien in der Altstadt und mit den Bildern auf der Kapell- und Spreuerbrücke. Street Art könne als Weiterentwicklung der städtischen Tradition und der historischen Gemälde angesehen werden (zentralplus berichtete).

Hinweis: Ein bunteres und lebendigeres Luzern – zentralplus hat gemeinsam mit dem Künstlerpaar QueenKong im Artikel «Wir brezeln Luzern auf!» gezeigt, wie dies aussehen könnte.

Wie der Pilatusplatz aussehen könnte, wenn sich QueenKong austoben könnte.

Wie der Pilatusplatz aussehen könnte, wenn sich QueenKong austoben könnte.

(Bild: Montage QueenKong)

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