Zeichensprache am Bahnhof Zug

Stop Walo! Hör endlich auf!

Eigentlich wär das Schild doch schon recht verständlich. Weshalb also noch die schriftliche Anweisung? Das Gleis 1 am Zuger Bahnhof steckt voller Überraschungen.

(Bild: fam)

Die Botschaft ist klar: Walo soll aufhören. Doch wer zum Teufel ist Walo? Eine Krakelei am Gleis 1 verunsichert seit Jahrzehnten Passanten. Wir begeben uns auf Spurensuche.

«Walo Stop». Das steht auf dem Poller am Gleis 1. Und zwar seit Jahren. Vielleicht Jahrzehnten. Vielleicht schon, seit es den Poller gibt. Jeder, der mit der S24 nach Zug pendelt, hat den Kreideschriftzug schon mal gesehen. Und sich vielleicht gefragt: Wer zum Teufel ist Walo? Und warum soll er hier stoppen? Und warum dann diese beiden Kreise mit den Punkten in der Mitte? Ist das Einbrecher-Zeichensprache? Will hier eine Räuberbande ihrem Mitglied etwas mitteilen? Zum Beispiel, dass er zu dick geworden ist und vom Biertrinken zu grosse Brüste hat? Immerhin: Bei krakeligen Schmierereien erwartet man schon, dass zwei Kreise mit zwei Punkten drin Brüste darstellen sollen.

Aber halt, so simpel ist die Welt der Geheimsprüche nicht gestrickt. Vielleicht ist Walo auch der Lokführer der S24, mit der wir uns von Wiedikon nach Zug verfrachten lassen. Vielleicht ist Walo kurzsichtig und sehr vergesslich. Und damit er rechtzeitig vor dem Poller bremst, hat er sich selber eine Notiz hinterlassen. Anhalten Walo, sonst vergisst du’s wieder!

Und die Kreise? Was ist deren mörderische Funktion? Was haben die Böses vor? Schielt Walo und kann Distanz nicht so gut einschätzen, und die beiden Kreise helfen ihm dabei? Wenn sie sich übereinander befinden, in seiner schielenden Sicht, dann weiss er: Jetzt stop, Walo! Aber warum dann das rote Viereck, das unter dem «Stop» geschrieben steht? Ist Walo ein wenig farbenblind? Und braucht deshalb ein bisschen Extra-Rot, damit’s klappt mit dem Stoppen? Oder hat da einfach jemand seine neuen Neocolor-Stifte ausprobiert? Fragen über Fragen.

Ist Walo womöglich ein mieser Diktator?

Einen Hinweis liefert uns das «Stop» selber – Stop mit einem P. So schreiben nur englischsprachige Expats oder Menschen von vor der Rechtschreibreform. Wir kommen dir auf die Spur, mysteriöser Krakelautor!

Möglicherweise waren aber auch zwei Nachtbuben ohne orthografische Bedenken am Werk. Der eine wollte wie unter pubertären Schmierfinken so üblich nackte Tatsachen hinmalen, und dem anderen war’s dann doch etwas peinlich. Der hat dann, um seinen Freund Walo und die Welt vor Schlimmerem zu bewahren, den besagten Schriftzug hingekritzelt. Gerade noch rechtzeitig.

Oder hat sich da ein junger Zuger Komiker verewigt, der gerade den kleinen Prix Walo gewonnen hatte, und der sich selber im anschliessenden Rausch vor lauter Freude gesagt hat: Jetzt ist aber genug! Warst du das etwa, Michael?

Ha! Vielleicht ist Walo ein mieser Diktator in einem sehr kleinen und unbekannten Land, dessen Bewohner sich nur in ihren Ferien in Zug getrauen, ihm die Stirn zu bieten. Man stelle sich das mal vor: Seit Jahren verkündet der Poller auf Gleis 1 mitten in Zug revolutionäre Botschaften! Regiert Walo noch? Oder haben seine unterdrückten Subjekte längst seinen Palast gestürmt und seine Zigarrensammlung aufgeraucht?

Wir wissen es nicht. Und werden es vermutlich nie erfahren. Sicher ist nur: Wer auch immer Walo ist, jemand will unbedingt, dass er mit irgendwas aufhört. Falls du das also liest, lieber Walo, dann stopp endlich. Mach Schluss. Lass es sein. Hör auf den Poller-Bemaler. Leute mit dermassen wasserfester Kreide wissen, was sie tun.

 

Wenn Sie wissen, wer Walo ist, dann schreiben Sie uns dazu einen Kommentar. Und sonst: Teilen Sie den Artikel, damit Walo ihn auch lesen kann.

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