1. August-Feier in Baar mit politischer Note

Stiller Protest begleitete den Auftritt der Glencore-Frau

Mit Transparenten protestierte die Junge Alternative Zug gegen den Auftritt der 1. August-Rednerin.

(Bild: woz)

Eine ungewöhnliche Ambiance herrschte beim Geburtstag der Schweiz in Baar. Während der Rede von Festrednerin Gerda Schwindt von Glencore protestierten still junge Alternative gegen das internationale Rohstoffhandelsunternehmen, das seinen Sitz in der Gemeinde hat. 

Es war eine mit grosser Spannung erwartete Rede. Doch als ob es ein schlechtes Omen für den Auftritt von Festrednerin Gerda Schwindt, der Personalleiterin von Glencore, war: Bevor diese auch nur einen einzigen Satz sagen konnte, musste erstmal das Mikrophon wieder lauter gestellt werden.

Als sie dann von den zahlreichen Besuchern der 1. August-Feier auf dem Marktgasse-Schulhof-Areal gut verstanden wurde, stellte sie zuerst zwei Dinge klar. Sie kritisierte die aus ihrer Sicht begangene Vorverurteilung gegenüber ihrer Person als Rednerin bei der 1. August-Feier. «Man muss den anderen Menschen ja erstmal kennenlernen».

«Keine Werbekampagne für Glencore»

Andererseits unterstrich die Personalleiterin von Glencore – so wie sie als Rednerin von der Gemeinde Baar angekündigt worden war: Ihre Rede werde «keine Werbekampagne» für Glencore sein.

Glencore-Personalleiterin Gerda Schwindt bei ihrer 1. August-Rede.

Glencore-Personalleiterin Gerda Schwindt bei ihrer 1. August-Rede.

(Bild: woz)

Was dann in der Rede folgte, wirkte sehr angespannt und rechtfertigend: Man merkte Gerda Schwindt an, dass sie sich durch den politischen Protest im Vorfeld ihrer Rede und durch die Anwesenheit einiger Protestanten, die sich mit Transparenten in der prallen Sonne direkt neben der Redner-Tribüne postiert hatten, angegriffen fühlte.

Auf jeden Fall redete die Personalleiterin mäandrierend und gebetsmühlenartig beschwörend jenen Werten das Wort, welche die Schweiz seit ihrer Gründung so erfolgreich gemacht hätten: Toleranz, Mut zum Dialog, Bescheidenheit, Vertrauen, gegenseitiger Respekt. Und und und.

«Der Dialog gelingt nicht immer.»

Gerda Schwindt, Glencore-Personalleiterin

Sie erwähnte Frauenquoten, gleiche Löhne, sprach über ein friedliches Zusammenleben, von einem attraktiven Wirtschaftssystem und von unternehmerischer Freiheit. Glencore erwähnte sie in ihrer Rede tatsächlich nur kurz: Das Unternehmen engagiere sich in der ganzen Welt und führe mit den verschiedensten Partnern Gespräche: «Der Dialog gelingt nicht immer.» Ihr persönlich liege die Vielfalt und die Freiheit in der Schweiz am Herzen.

Vier Strophen der Nationalhymne

Nach einer knappen halben Stunde war die Rede dann zu Ende, und Gerda Schwindt wirkte sehr erleichtert. Verständlich, hatte sie doch kurz zuvor eingeräumt, dass sie einige schlaflose Nächte gehabt hätte, weil sie sich gefragt habe: Was sagt man am 1. August?

Folklore und Polit-Transparent nebeneinander.

Folklore und Polit-Transparent nebeneinander.

(Bild: woz)

Die Musik stimmte dann die Schweizer Nationalhymne an – alle vier Strophen wurden intoniert. Als die Musik endete, brach teilweise Jubel aus. Angestrengt wirkender Jubel.

«Ich finde das schlimm.»

Besucherin der 1. August-Feier

Dass die 1. August-Rede in Baar dieses Jahr so einen unverhofft politischen Anstrich bekommen hatte, stiess auf gemischte Reaktionen unter Besuchern. Während so mancher interessiert die Flyer der Jungen Alternative studierte, die auf den Tischen verteilt worden waren, sagte eine Dame erregt: «Ich finde das schlimm».

Sagte es und regte sich darüber auf, dass die Protestanten sich während des Abspielens der Nationalhymne miteinander unterhalten und aufs Handy geschaut hätten. «Das hat nichts mit Respekt zu tun. Ausserdem ist es mir so vorgekommen, als habe die Rednerin als Privatperson und nicht als Vertreterin von Glencore gesprochen.» Ein älterer Herr meinte erzürnt: «Ist schon ok, diese blinden Typen können von mir aus auch noch rumstehen bei der 1. August-Feier.»

«Ihre Rede hat sich schon fast angehört, als würde sie für die Linken sprechen.»

Andreas Lustenberger, Baarer Kantonsrat Alternative-die Grünen

Andreas Lustenberger, Baarer Kantonsrat der Alternative-die Grünen, zeigte sich indes angenehm überrascht über die Worte von Gerda Schwindt. «Die Rede war zwar nicht besonders gehaltvoll. Aber so wie die Glencore-Personalleiterin von Toleranz, Freiheit und Werten geredet hat, hat es sich schon fast angehört, als würde sie für die Linken sprechen.»

Offener Dialog: Nach der Rede diskutierte Glencore-Sprecherin Sarah Antenore mit Konradin Franzini (3.v.rechts) und einigen anderen der Protestanten.

Offener Dialog: Nach der Rede diskutierte Glencore-Sprecherin Sarah Antenore mit Konradin Franzini (3.v.rechts) und einigen anderen der Protestanten.

(Bild: woz)

Positiv bewertete Luzian Franzini, Co-Präsident der Jungen Alternative Zug, den Protest. «Eine Dame hat unseren Auftritt so gut gefunden, dass sie uns gleich ein Glacé spendieren wollte.» Ausserdem habe man die Rede einer Person von einer so gesellschaftlich umstrittenen Firma wie Glencore nicht einfach unkommentiert lassen können. «Das ist schliesslich auch im Sinne der Meinungsfreiheit in der Schweiz.»

«Den Protest nehmen wir zur Kenntnis.»

Sarah Antenore, Glencore-Sprecherin

Ein Resultat vor Ort zeitigte die 1.August-Feier in Baar auf jeden Fall schon einmal. Die Protestanten und Glencore-Sprecherin Sarah Antenore tauschten sich nach der Rede angeregt aus. Gegenüber zentralplus sagte Antenore: «Die Feier heute ist sehr schön, das Wetter stimmt. Den Protest nehmen wir zur Kenntnis.»

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