Showdown in Emmen ums Budget 2018

Stiehlt sich Emmens Gemeinderat aus der Verantwortung?

Der Gemeinderat von Emmen. Von links: Urs Dickerhof, Josef Schmidli, Rolf Born, Thomas Lehmann, Susanne Truttmann, Gemeindeschreiber Patrick Vogel.

(Bild: zvg)

Emmen hat noch immer kein Budget für das gültige Jahr. Der Ball liegt aktuell beim Einwohnerrat, ein Scheitern ist durchaus vorstellbar. Der Gemeinderat hat derweil mit Auflösungserscheinungen zu kämpfen. Zwei Rücktritte gibt es bereits – und Gemeindepräsident Rolf Born liebäugelt im Interview mit einer Kandidatur für den Regierungsrat.

Diesen Dienstag kommt es im Emmer Einwohnerrat zum finanzpolitischen Showdown. Nachdem das Parlament ein erstes Budget im Dezember zurück an den Absender schickte, wagt der Gemeinderat nun den zweiten Anlauf (zentralplus berichtete).

Das erwartete Defizit konnte auf rund 5,3 Millionen Franken gedrückt werden, das sind 1,25 Millionen weniger als in der ersten Version (zentralplus berichtete). Möglich machten dies hauptsächlich Einsparungen. Trotzdem schlägt der Gemeinderat eine Steuererhöhung von 0,175 Einheiten auf neu 2,225 Einheiten vor.

Die SVP scheut Steuererhöhungen wie der Teufel das Weihwasser, SP und Grüne kritisieren die Abbaumassnahmen. Zusammen hätten die drei Parteien im Parlament die Mehrheit. Gemeindepräsident Rolf Born (FDP) nimmt kurz vor der Debatte Stellung.

zentralplus: Rolf Born, ist dieser Dienstag der wichtigste Tag in Ihrer Ära als Gemeindepräsident?

Rolf Born: Diese Frage habe ich mir noch nicht gestellt. Es ist eine schwierige Ausgangslage und eine grosse politische Herausforderung. Wenn das Budget abgelehnt wird, wird der Luzerner Regierungsrat das Budget der Gemeinde Emmen bestimmen.

zentralplus: Haben Sie ein gutes Gefühl? SP, Grüne und die SVP haben Kritik am Vorschlag des Gemeinderates geäussert.

Born: Das ist die grosse Frage: Beharren die Fraktionen auf ihren Positionen oder gibt es eine Annäherung? Wir haben Verständnis dafür, dass man mit dem Budget nicht einverstanden ist. Aber schlussendlich präsentieren wir Fakten – alle Kenntnisse der Verwaltung sind in dieses Budget eingeflossen. Es ist nicht so, dass wir einfach irgendetwas budgetiert haben. Wir haben es uns nicht einfach gemacht.

«Der Gemeinderat wird den Entscheid des Parlaments so oder so akzeptieren.»

zentralplus: Die Veränderungen zum ersten Budget scheinen minim. Sind dem Gemeinderat derart die Hände gebunden?

Born: 85 Prozent der Ausgaben sind in der Tat gebunden. Und dann gibt es gewisse Vereinbarungen. Wir können nicht Knall auf Fall Beiträge zusammenstreichen.

zentralplus: Können Sie ein Beispiel machen?

Born: Nehmen wir die Jugendsportförderung: Da braucht es eine Vorlaufzeit. Die Vereine haben sich in einem Brief an die Parlamentarier gewandt. Einige müssten ohne Gemeindegelder ihre Jahresbeiträge um bis zu 85 Franken pro Kind erhöhen. Kommt hinzu, dass die Vereine diese Gelder fürs laufende Jahr bereits budgetiert haben. Die Gemeinde würde als unzuverlässig wahrgenommen und das Vertrauen würde leiden. Schliesslich sind wir im Gemeinderat zum Schluss gekommen, dass wir kein Budget ohne Steuererhöhung hinbekommen – hoffentlich sieht das Parlament dies ein.

Rolf Born an einem Anlass des Rotary Clubs Luzern-Seetal:

 

zentralplus: In finanziell schwierigen Zeiten schieben sich Regierung und Parlament gegenseitig die Verantwortung zu. Das kennt man aus dem Kantonsrat.

Born: Ich würde dies nicht als Schwarz-Peter-Spiel bezeichnen. Es ist eine Frage der Sichtweise. Der Gemeinderat ist an Vorgaben gebunden. Wir haben ein Finanzhaushaltsgesetz, das sagt, Defizite sind nicht zulässig, also beantragen wir eine Steuererhöhung. Wenn das Parlament entscheidet, man könne dies vor dem Volk nicht erklären, ist das deren Sicht. Dass eine Steuererhöhung dem obligatorischen Referendum unterstellt ist, ist politisch gewollt. Für den Gemeinderat ist es unbestritten, dass wir den Entscheid des Parlaments so oder so akzeptieren werden.

«Neue Leute können auch neue Impulse bringen.»

zentralplus: Finanzdirektor Urs Dickerhof und Susanne Truttmann, Vorsteherin für Schule und Kultur, haben ihren Rücktritt aus dem Gemeinderat verkündet. Fällt das Gremium auseinander?

Born: Die Zusammenarbeit im Gemeinderat ist gut. Unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Vorstellungen haben wir einen respektvollen Umgang untereinander. Die beiden Abgänge schmerzen, weil viel Know-how und Erfahrung verloren gehen. Wie ich waren beide auch im Kantonsrat aktiv. Das gibt einen guten Einblick in die Zusammenarbeit von Kanton und Gemeinden. Zudem sind beide im ganzen Kanton gut vernetzt. Aber neue Leute können auch neue Impulse bringen.

zentralplus: Sie wurden als Nachfolger von Regierungsrat Robert Küng ins Spiel gebracht. Können Sie als Gemeindepräsident Emmen in der aktuellen Situation den Rücken kehren?

Born: Das ist auch für mich eine Herausforderung. Die Ortspartei Emmen will Ende Woche orientieren. Erst dann würde das klassische Nominationsverfahren starten. Die Wahlen wären dann bei einer allfälligen Kandidatur im Frühling 2019. Von Weglaufen kann also keine Rede sein. Und sowieso, das System hängt nicht an einer Person. Wenn ich morgen einen Unfall habe, müsste die Gemeinde auch weiterhin funktionieren.

«Wir spüren eine Aufbruchstimmung.»

zentralplus: Die Prognosen für die nächsten Jahre in der Gemeinde Emmen sind nicht gerade rosig.

Born: Die Steuererhöhung ist eine Vorinvestition in die Entwicklung. Wir wachsen und gehen davon aus, dass die Steuererträge auch ansteigen werden. Die Entwicklungsperspektiven sind gut – wir spüren eine Aufbruchstimmung und eine Dynamik.

zentralplus: Angenommen das Budget scheitert tatsächlich. Könnte die Luzerner Regierung etwas anderes tun, als einfach einen genügend hohen Steuerfuss zu diktieren?

Born: Die Gemeinderechnungen werden vom Kanton angeschaut. Hier gibt es verschiedene Kontrollmechanismen. Wenn eine Gemeinde das Budget nicht zustande bringt, entscheidet die Regierung. Meiner Einschätzung nach würde sie wohl das Budget stützen, das von Gemeinderat und Verwaltung erarbeitet wurde. Wie vom Gemeinderat mit der Steuererhöhung beabsichtigt, hätten wir dann genügend Mittel für unsere Aufwände.

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