Peter Meyer hat eine Mission. Er will, dass die Menschen wieder mehr in die Natur hinausgehen. Seine Zuger Firma entwickelt und vermarktet Outdoor-Küchen-Produkte. Ohne Schnickschnack, möglichst ohne Verpackung, inspiriert von den Steinzeitmenschen.
Zweifellos, hier werden Ideen geboren, hier wird geschaffen und erdacht. In Peter Meyers Wohnung liegen überall Bücher, seltsame Objekte stehen da, Figuren und Trouvaillen finden in Regalen Platz. In einem Paar roten Chucks blühen Orchideen vor sich hin. Vom Fenster aus sieht man den Zugersee, der in der Wintersonne glitzert.
Meyer hat eine hehre Mission. Er will die Menschen in die Natur bringen. «Die Leute haben sich derart von der Natur distanziert über die Jahrhunderte. Viele bringen nicht einmal mehr ein Feuer zustande», sagt er leicht bestürzt. Mit seiner Firma Swiss Advance entwickelt der gebürtige Stadtbasler einfache Objekte, die in der Natur, insbesondere im Zusammenhang mit Essen, nützlich sind. Dabei soll so wenig Abfall wie möglich entstehen.
Sechs Gramm Plastik müssen reichen
Am Samstag, 2. Dezember, und Sonntag, 3. Dezember, stellen Zuger Designer an der Messe «Aus-Zug» ihre Produkte in der Shedhalle aus. Kleinst- und Kleinunternehmer aus den Bereichen Mode, Wohndesign, Schmuck, Floristik und Kulinarik sind vertreten.
Etwas für Luxusbrätler? «Nein, eher für Vegetarier und Gourmets. Denn hier, an diesen Zacken, kann man auch Gemüse anstecken. Ein wenig Oliven- oder Nussöl, dann wird das köstlich», sagt Meyer mit Begeisterung für sein eigenes Objekt. «Das ist ein Tool, das völlig unterschätzt wird. Damit kann man sogar Raclette machen.»
Peter Meyer ist der Manager eines dreiköpfigen Teams. Mit an Bord sind zudem der ehemalige Mammut-Produktmanager Urs Egli und die Produktdesignerin Andrea Manchen, eine Berlinerin, die mittlerweile im Val Poschiavo lebt.
«Wer sich ernsthaft um Nachhaltigkeit bemüht, produziert nicht in China.»
Peter Meyer, Manager von Swiss Advance
«Wir sind bewusst schlank organisiert. Dafür produzieren verschiedene Firmen Teile für uns. Ein Grossteil unserer Produkte wird in der Schweiz angefertigt. Wer sich ernsthaft um Nachhaltigkeit bemüht, produziert nicht in China», so Meyer. Ausserdem, so der Firmengründer, lasse man mindestens zehn Prozent der Arbeiten von Leuten machen, «die weniger Glück hatten im Leben». Sprich, von Leuten in Behindertenwerkstätten oder Menschen im Gefängnis.
Die Messer kommen aus dem Bostadel
Auch die Messer? «Ja, klar. Die werden im Bostadel produziert. Die Leute dort sehnen sich regelrecht nach Arbeit und haben extrem Freude daran, wenn sie ein Produkt fertig produzieren können.» Meyer hält kurz inne und sagt dann: «Ich habe ein wenig einen Sozialtick.»
Im Jahr 2000 gründete Meyer Swiss Advance. Die Frage, wie’s überhaupt dazu kam, beantwortet Meyer ausführlich. Und wartet dabei mit spannenden Details auf. «Ich war als Kind in der Steinerschule. Als ich 16 war, hat man dann herausgefunden, dass ich weder lesen noch schreiben konnte. Woraufhin mich der Schulpsychologe als dumm abgestempelt hat.» Das sei zu einer Zeit gewesen, in der man den Begriff Legasthenie nicht gekannt habe.
Wenig später sei seine Mutter durch amerikanische Bücher auf das Thema aufmerksam gemacht worden. «Zwei Jahre später konnte ich lesen und schreiben.» Es folgte eine erfolgreiche Lehre als Offset-Drucker, eine Phase als Testpilot für Gleitschirme, eine Ausbildung zum Schamanen und eine zum Mentallehrer. «In dieser Zeit kristallisierte sich immer stärker heraus, dass ich es als Mission sehe, die Menschen in die Natur hinaus zu bringen.»
Braucht’s denn einen Plastikgriff?
Viele der Ideen, die Meyer für seine Produkte hat, würden aus der Steinzeit stammen. «Ich lasse mich davon inspirieren, was man damals gebraucht hat. Bei vielen Produkten kann man den Plastik weglassen. Warum braucht ein Messer überhaupt einen Plastikgriff?»
Und doch, auch eines von Meyers Produkten hat einen Plastikgriff. «Ja. Dieses Design ist bereits einige Jahre alt. Wir waren damals sehr stolz darauf, dass es pro Messer nur sechs Gramm Plastik sind. Aber tatsächlich würde ich es heute anders machen. Aktuell arbeiten wir an einer Version mit Holzgriff.» Auch, wenn diese Entwicklung ein entscheidendes Problem mit sich bringe. «Die Produktion würde sehr teuer, da das Messer so filigran ist», so Meyer.
Apropos Kosten. Wer kauft seine Produkte? «Wir arbeiten vor allem mit Zwischenhändlern zusammen, die uns an Detailhändler vermitteln. Auch läuft der Online-Handel in der Schweiz gut. Weiter geniessen Swiss-Made-Produkte in den USA, in Japan und in Korea einen hohen Status. Das ist ein toller Markt für uns», sagt Meyer. Und er fügt an, dass es für kleinere Firmen nicht leicht sei, da immer mehr Verordnungen und Gesetze das Wirtschaften schwer machen würden.
«Zug verdient es, dass es hier mehr Kreativität und Lifestyle gibt.»
Am kommenden Wochenende findet in der Shedhalle die «Aus-Zug» statt, eine Messe explizit für hiesige Designer. Auch die Swiss Advance wird dort vertreten sein. Was erhofft sich Meyer vom Anlass? «Für die Zahlen ist die Messe wohl kaum relevant. Doch wenn man in Zug wohnt, dann ist diese Präsenz wichtig. Sonst ist Zug für mich eher eine anonyme Bankengesellschaft. Die Stadt verdient es, dass es hier mehr Kreativität und Lifestyle gibt.» Und dann ergänzt er: «Und wer weiss, vielleicht treffen wir an der Messe auf einen Vertreter eines Konzerns, der beschliesst, als Werbegeschenk für einmal auf ein nachhaltiges Produkt zu setzen und nicht auf Schrott aus China.»
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