Einfluss der #MeToo-Debatte auf Luzerner Lokale

Ständiges Begrapscht-Werden: Wie Clubbetreiber mit Sexismus umgehen

Ernst oder Flirt: Wann ist ein «Nein» ein «Nein»?

(Bild: Adobe Stock)

Für einige ist die Thematik ausgelutscht, für andere hat sie ihr Ziel verfehlt. Dennoch hat sich die #MeToo-Debatte bis ins Luzerner Nachtleben durchgeboxt. Wohl jeder Clubbetreiber ist mit Fällen sexueller Belästigung konfrontiert. Es besteht Handlungsbedarf – «Luisa» sowie eine Nulltoleranz sollen dabei helfen.

«Grapschen gehört nun einmal zum Ausgang dazu. Leider», sagte Viktoria*, eine 22-Jährige, die des Öfteren ins Luzerner Nachtleben abtaucht (zentralplus berichtete). Die 25-jährige Amelie, die von einem ihr fremden Mann verfolgt, in eine Ecke gedrängt und betatscht wurde, spricht von den «üblichen Grapschern» im Ausgang.

Seit der Debatte rund um #MeToo, die vor einem Jahr ins Rollen kam, wurden Frauen als Opfer wahrgenommen und Täter zu Fall gebracht. Aber sickerte die Debatte bis ins Luzerner Nachtleben durch? Und wie gehen Luzerner Clubbetreiber mit sexueller Belästigung um?

Von Hollywood nach Luzern

«#MeToo hat die Leute aufgewühlt», sagt Milo Grüter, Clubbetreiber des «Uferlos». «Es hat eben nicht nur im grossen Hollywood hohe Wellen geschlagen, sondern auch hier, in Luzern und in unseren Clubs.» In den letzten zwei, drei Jahren sei sexuelle Belästigung im Uferlos nie ein Thema gewesen. In den letzten Monaten hätten jedoch vereinzelt Gäste gemeldet, dass sie betatscht oder «unschön angemacht» worden seien, so Grüter. Er denkt, dass es bereits davor zu Fällen sexueller Belästigung gekommen sei. Doch die Menschen hätten sich schlichtweg nicht getraut, dies zu sagen.

Die Clubbetreiber begrüssen die #MeToo-Debatte, denn sie habe nicht zuletzt für ein Umdenken gesorgt: «Wir sind überzeugt, dass #MeToo die Wahrnehmung und die Sensibilität für sexuelle Übergriffe geschärft hat», sagt Philipp Albrecht, Marketingchef des Grand Casinos Luzern, zu dem auch der Club Casineum gehört. Er, aber auch Grüter teilen die Meinung, dass das Reden über sexuelle Belästigung offener geworden sei. «Dennoch würde ich mir wünschen, dass die Leute noch mehr Mut und Selbstvertrauen fassen, um Fälle sexueller Belästigung zu melden», sagt Grüter.

Wenn ein «Nein» kein «Nein» ist

Denn viele haben «es» schon erlebt: eine fremde Hand am Po, ein penetranter Typ, der nicht locker lässt. «Zum Teil ist leider immer noch die Idee anzutreffen, ein ‹Nein› sei kein ‹Nein›, sondern eine Form des Flirts», sagt Philipp Albrecht.

«Sexuelle Belästigung stellt vermutlich in jedem Club eine Problematik dar.»

Milo Grüter, «Uferlos» Luzern

Wie oft konkret jemand im Ausgang sexuell belästigt wird, ist schwierig zu beziffern. Sam Alge, der seit einigen Monaten mitverantwortlich für die Geschäftsleitung des «Schwarzen Schafes» ist, sagt denn auch: «Als Security die Übersicht im Club zu behalten, ist nicht immer einfach.»

Doch passieren kann es überall: «Sexuelle Belästigung stellt vermutlich in jedem Club eine Problematik dar», sagt Milo Grüter. «Zum Teil dauert es einfach länger, bis eine solche Meldung an die Clubbetreiber durchsickert.» Oftmals sei es so, dass man nicht direkt von der betroffenen Person über den Vorfall informiert werde, sondern über eine Dritt- wenn nicht gar eine Viertperson.

«Die #MeToo-Debatte hat sowohl die Frauen ermutigt, als auch die Männer sensibilisiert.»

Philipp Albrecht, Grand Casino Luzern

Das «Casineum» sei ungefähr einmal im Monat mit sexueller oder sexualisierter Grenzverletzung konfrontiert, wie Albrecht sagt. Sam Alge seien «sehr wenige bis gar keine Vorfälle» bekannt. Anders als Milo Grüter ist Philipp Albrecht der Ansicht, dass die Anzahl der gemeldeten Belästigungen im Ausgang durch die Debatte nicht zugenommen haben. «Das hängt vermutlich damit zusammen, dass die #MeToo-Debatte sowohl die Frauen ermutigt, als auch die Männer sensibilisiert hat», so Albrecht.

«Kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat»

Wird ein Fall sexueller Belästigung gemeldet oder beobachte das Sicherheitspersonal einen derartigen Vorfall, hat dies ein Nachspiel. Im «Casineum» und im «Uferlos» herrsche absolute Nulltoleranz, ein Täter werde in jedem Fall vor die Tür verwiesen und mit Hausverbot bestraft: «Die Konsequenzen sind klar: Hausverbot auf unbestimmte Zeit und ein Aufgebot der Polizei», so Albrecht. Denn er stellt klar: «Sexuelle Übergriffe sind kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat.»

«Isch d’Luisa da?» – Nein, in Luzern (noch) nicht

In Zürcher und Winterthurer Clubs können Feiernde bereits nach Luisa fragen. «Isch d’Luisa da?» lautet die Codefrage, mit der sich belästigte Personen ans Personal wenden können, um Hilfe zu beanspruchen. Momentan arbeitet der Verein Safer Clubbing mit der Unterstützung der Stadt Luzern daran, die Codefrage «Isch d’Luisa da?» ins Konzept zu integrieren, wie Philipp Albrecht und Sam Alge sagen. Die meisten Clubs in Luzern sind Mitglied bei Safer Clubbing. So auch das «Casineum», das «Rok» und das «Schwarze Schaf».

Um gegen sexuelle Belästigung vorzugehen, brauche es ein Zusammenspiel aller Clubs: «Damit ‹Isch d’Luisa da?› funktionieren kann, ist es wichtig, dass sich das Konzept im ganzen Luzerner Nachtleben durchsetzt», sagt Albrecht.

Auch das «Uferlos» sieht Handlungsbedarf und macht einen ersten Schritt: Wie Milo Grüter sagt, wolle man dort in nächster Zeit Plakate sowohl auf den Damenklos als auch auf den Herrenklos anbringen, um Gäste darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich im Falle einer Belästigung jederzeit ans Personal wenden sollen. «Egal welches Geschlecht – sexuelle Belästigung wird in jedem Fall nicht geduldet.»

Die Codefrage «Isch d Luisa da?» kennt man bis anhin nur in einigen Winterthurer und Zürcher Clubs:

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