Stadtrat will nun doch «Vorhang oder so»

Mit Kreuzen und Engeln: Die Abdankungshalle im Friedental bei einer Abschiedsfeier im Jahr 2005. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Aufregung war gross, als es hiess, die Kreuze müssten weg. Nun krebst der Stadtrat zurück. Er hat entschieden, dass die Abdankungshalle Friedental mit einer flexiblen Lösung konfessionsneutral gestaltet werden soll. Das heisst: es wird nun doch geprüft, ob ein Vorhang oder ein verschiebares Element genügt. Eine fixe Abdeckung der Wandgemälde, beispielsweise durch Gipsplatten, wird nicht weiter verfolgt.

Der Friedhof im Friedental wurde 1885 als Friedhof für alle Einwohner eröffnet. Seit 1917 befindet sich beim Eingang zum Friedhof eine konfessionsneutral gestaltete Abdankungshalle. Rund zehn Jahre nach der Eröffnung wurde die Abdankungshalle mit einem Wandgemälde ergänzt. Das Wandgemälde zeigt Christus am Kreuz, Engel und weitere biblische Motive. Pro Jahr finden in der Abdankungshalle rund 620 Trauerfeiern und Rituale statt. Die Abdankungshalle und die Einsegnungshalle stehen allen Einwohnern offen. Vermehrt wünschen Angehörige, dass das römisch-katholische Wandgemälde abgedeckt wird oder die Wand für andere Zwecke, beispielsweise für Projektionen von Bildern, genutzt werden kann.

Auf den Friedhofanlagen sind umfassende Sanierungs-, Modernisierungs- und Harmonisierungsmassnahmen notwendig, schreibt der Stadtrat in einer Mitteilung. Im Rahmen der Sanierungsmassnahmen sollen auch die Einsegnungs- und Abdankungshalle im Friedental saniert und konfessionsneutral gestaltet werden, sodass sie den heutigen Bedürfnissen entsprechend genutzt werden können. Der Grosse Stadtrat hat dem Kredit und den Massnahmen an seiner Sitzung vom 25. Februar zugestimmt und eine Protokollbemerkung abgelehnt, dass auf die Entfernung der christlichen Symbole verzichtet werden soll (zentral+ berichtete).

Im Rahmen eines Vorprojekts soll nun geprüft werden, mit welcher Lösung das Wandgemälde abgedeckt werden kann. Dass das Wandgemälde in der Abdankungshalle überdeckt werden soll, führte in den vergangenen Tagen zu zahlreichen Reaktionen. Unter anderem haben die Fraktionen der SVP und der CVP gemeinsam ein dringendes Postulat eingereicht, das sich gegen eine Abdeckung durch Gipsplatten wehrt und eine pragmatische Lösung fordert.

Lesen Sie hierzu das Pro & Contra zwischen Jules Gut (GLP) und Andrea Gmür (CVP).

Dem Stadtrat ist es ein wichtiges Anliegen, dass vorhandene Missverständnisse zeitnah geklärt werden. Deshalb hat er sich entschieden, ausnahmsweise von der üblichen Praxis abzuweichen, und informiert trotz hängigem Vorstoss zum weiteren Vorgehen. Der Stadtrat hält am Entscheid fest, dass der Raum konfessionsneutral gestaltet wird. Er hat weiter entschieden, dass im Rahmen des Vorprojekts keine Lösungen geprüft werden, mit welchen das Gemälde dauerhaft, zum Beispiel mit Gipsplatten, abgedeckt wird. Durch ein mit der Thematik vertrautes Architekturbüro wird nun ein Vorprojekt erarbeitet. Darin werden verschiedene flexible Lösungen zum Abdecken des vorhandenen Waldbildes geprüft. In diese Planungs- und Abklärungsarbeiten werden die Denkmalpflege, die Glaubensgemeinschaften und weitere Fachspezialisten beigezogen. Sobald das Vorprojekt vorliegt, wird der Stadtrat die Baukommission über die Ergebnisse informieren.

Dringliches Postulat fordert genau dieses Vorgehen – nachträglich

Genau acht Minuten dauerte es zwischen der Mitteilung des Stadtrates und der Veröffentlichung eines dringlichen Postulats der SP/Juso-, FDP-, Grüne/Junge Grüne-, GLP-Fraktion, das forderte:

Christliche Symbole in der Abdankungshalle nicht mit Gipsplatten abdecken

Im Rahmen der Behandlung des Berichts und Antrages zum «Friedhofs- und Bestattungswesen» wurde auch die Innengestaltung der Einsegnungs- und Abdankungshallen thematisiert. Diese sollen zukünftig konfessionsneutral gestaltet werden. Bisher wurden auf Wunsch der Angehörigen die Kreuze in der Abdankungshalle mit Tüchern verdeckt.

Es ist Aufgabe der öffentlichen Hand, für die Luzernerinnen und Luzerner, unabhängig davon, was und wie sie glauben, eine würdige Abschiedsfeier zu ermöglichen. Insofern ist die Absicht, die Räumlichkeiten konfessionsneutral zu gestalten, begrüssenswert. Die jetzt sichtbaren Bilder und Symbole haben für viele Menschen aber eine grosse Bedeutung. Es ist angebracht, diese Gefühle genauso zu berücksichtigen, wie diejenigen von Menschen, die sich an den christlichen Symbolen in der Abdankungshalle stören. Der Stadtrat wird deshalb aufgefordert, Möglichkeiten zu prüfen, je nach Wunsch der Angehörigen die Bilder abzudecken oder sichtbar zu machen. Dies kann beispielsweise durch die Installation von Flächenvorhängen oder Schiebegardinen geschehen. Ziel sollen Räume sein, die die Gefühle der jeweiligen Trauergemeinschaften ernst nehmen, ohne dadurch einen unverhältnismässigen Aufwand betreiben zu müssen.

Diese Forderung scheint angesichts der Pläne des Stadtrates nun sowieso erfüllt.

Diesen Donnerstag will Stadtrat Adrian Borgula zu den Hintergründen des Entscheides Stellung nehmen.

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