Luzern: «Vegane Initiative» geht Exekutive zu weit

Stadtrat präsentiert einen «ausgewogenen Gegenvorschlag»

Über 1200 Unterschriften gesammelt: Die Initianten bei der Einreichung ihrer Forderung in Luzern. Auf dem Bild fehlt Meret Schneider.

(Bild: jal)

Der Luzerner Stadtrat anerkennt die Hauptziele der Initiative «Nachhaltige und faire Ernährung». Die Initiative gehe jedoch zu weit, er zaubert deshalb einen Gegenvorschlag aus dem Hut.

Die Initiative «Nachhaltige und faire Ernährung» wurde im November 2016 eingereicht (zentralplus berichtete). Sie wurde von 1’200 Personen unterschrieben. Die Initianten verlangen zum Beispiel, dass in städtischen Kantinen täglich ein veganes Menü angeboten wird.

Der Stadtrat veröffentlichte nun einen Bericht und Antrag dazu. In der Medienmitteilung erklärt er seinen präsentierten Gegenvorschlag und empfiehlt dem Stadtparlament, die Initiative abzulehnen. Zuständig ist Stadtrat Adrian Borgula (Grüne).

Nachhaltige Ernährung im Energiereglement

Hinter dem Begehren steht die «Stiftung für Effektiven Altruismus» (EAS) mit Sitz in Basel. Sie setze sich für das Tierwohl und folglich für fleischarme Ernährung ein.

Die Initiative verlangt eine Ergänzung des städtischen Energiereglements mit einem neuen Artikel zur Förderung der nachhaltigen Ernährung. Konkret soll im neuen Artikel 5b unter anderem geregelt sein, dass:

  • die Stadt die Bevölkerung über fleischarme Ernährung und die Auswirkungen auf das Klima, den Ressourcenverbrauch, die Gesundheit und das Tierwohl aufklärt.
  • die Stadt Empfehlungen zur Senkung des Konsums von Tierprodukten und zur Erhöhung des Anteils von pflanzlicher Ernährung ausarbeitet.
  • die Stadt sich für vegetarische Angebote in ihren Verpflegungseinrichtungen einsetzt.
  • die Stadt das Erreichen dieser Ziele kontrolliert und die Bemühungen intensiviert.

Der Stadtrat geht mit den Initianten einig, dass die Ernährung eine der Hauptverursacherinnen von Umweltbelastungen ist. So macht die Ernährung (Konsum und Produktion) an den gesamten Umweltbelastungen in der Schweiz gemäss Bundesamt für Gesundheit rund 30 Prozent aus. Die Nutztierhaltung, auf welche die Initiative abzielt, sei mit rund 15 Prozent Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen genauso so klimaschädlich wie der Verkehr.

Der Stadtrat steht den Grundanliegen der Initiative – Förderung des Wissens und Ausweitung des Angebots rund um fleischarme Ernährung – positiv gegenüber. «Eine ressourcenschonende Ernährung ist ein wichtiger Baustein der kommunalen Energie- und Klimapolitik und ein wesentlicher Beitrag zur Gesundheitsförderung», heisst es in der Mitteilung.

Stadtrat empfiehlt Ablehnung der Initiative

Aus folgenden Gründen beantrage der Stadtrat dem Grossen Stadtrat, die Initiative abzulehnen:

  • Die Stadt schöpft in ihren Verpflegungseinrichtungen in den Volksschulen und dem Personalrestaurant den (beschränkten) Handlungsspielraum bereits aus. Auf die Verpflegungseinrichtungen der 100%-Beteiligungen ewl, vbl und Viva Luzern hat die Stadt keinen direkten Einfluss.
  • Der Fokus der Initiative liegt auf der Förderung der pflanzlichen Ernährung, welche nur einen Teilaspekt einer nachhaltigen Ernährung darstellt. Ausser Acht gelassen werden Aspekte wie Qualität der Lebensmittel, Transport, Bodenbewirtschaftung oder Foodwaste.
  • Aus gesundheitlicher Sicht entspricht eine ausgewogene Ernährung der Schweizer Lebensmittelpyramide, in der alle Lebensmittel ihren Platz haben. Von einem vollständigen Verzicht auf tierische Produkte ist wegen des Risikos einer Nährstoffunterversorgung abzuraten.
  • Der neue Artikel 5b ist zu detailliert formuliert, was nicht stufengerecht ist. Er wäre in der vorgeschlagenen Formulierung in einer Verordnung oder in einer internen Leitlinie am richtigen Ort.
  • Das verlangte Controlling ist begrenzt auf die Stadt Luzern nicht sinnvoll und wäre nur mit grossem Aufwand möglich.

Stadtparlament soll Energiereglement ergänzen

Der Stadtrat schlägt dem Grossen Stadtrat als Gegenvorschlag vor, das Energiereglement durch einen anderen Artikel um Thema graue Energie zu ergänzen. Insbesondere im Ernährungsbereich sei der Anteil der grauen Energie hoch. Als graue Energie wird diejenige Energiemenge bezeichnet, welche für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes aufgewendet wird.

Die Stadt wird mit dem neuen Artikel verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten einen Beitrag zur Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauchs zu leisten, der mit der Ernährung sowie dem Konsum von weiteren Gütern und Dienstleistungen verbunden ist (graue Energie). Hier besteht ein beträchtliches Potenzial, das noch besser als bis anhin ausgeschöpft werden kann. Handlungsspielräume für die Stadt bestehen dabei einerseits überall dort, wo sie selbst als Einkäuferin von Gütern und Dienstleistungen auftritt, also im Rahmen ihrer Bautätigkeit und im Beschaffungswesen.

Andererseits habe die Stadt die Möglichkeit, über Information und Kommunikation den Wissensstand der Bevölkerung zu verbessern. «Sie kann damit erreichen, dass Konsumentscheide, beispielsweise im Ernährungsbereich, bewusster mit Rücksicht auf die damit verbundenen Energie- und Ressourcenverbräuche gefällt werden.» Auf konkrete Zielsetzungen sowie ein Controlling solle verzichtet werden.

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