Stadtrat muss nochmals hinter die Bücher

Aufgrund eines Gerichtsurteils sind die Standplätze auf dem Wochenmarkt in einem fairen Verfahren zu vergeben. Um dies zu erreichen, wollte die Stadt die Standplätze auf dem Wochenmarkt ab 2017 in einem offenen Ausschreibverfahren vergeben. Doch nun muss der Stadtrat nochmals hinter die Bücher.

Um die Vergabe Standplätze des Luzerner Wochenmarktes fairer zu gestalten, hat die Stadt beschlossen, diese ab 2017 in einem offenen Ausschreibverfahren vergeben und hat deshalb ein entsprechendes Verfahren erarbeitet. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass der bestehende Marktcharakter dadurch Schaden nehmen könnte, prüft die Stadt nun eine Erweiterung des Marktperimeters, fundiert allfällige Alternativen und verstärkt den Einbezug des Parlaments.

Hohe Zufriedenheit

Im Rahmen der Projektarbeiten für die Ausschreibung wurden letztes Jahr Kunden sowie Marktteilnehmende zum Luzerner Wochenmarkt befragt. Die Ergebnisse ergaben sowohl bei der Kundschaft als auch bei den Marktteilnehmenden ein Bild sehr hoher Zufriedenheit mit dem Wochenmarkt, seinem Angebotsmix, dem Standort, der Atmosphäre und der Kundenfrequenz. «Die Weiterempfehlungsrate von 99 Prozent bei den Kundinnen und Kunden ist sensationell hoch», sagte damals Markus Zumbühl der Firma GfK, welche die Umfrage durchgeführt hatte.

Der Stadtrat möchte diese gewachsene, wertvolle und attraktive Markttradition beibehalten. Die heute bestehenden Bewilligungen basieren in der Regel auf einer langjährigen Tradition. Eine Privatperson, welche keinen Stand erhalten hat, beschritt den Rechtsweg.

Ungleichbehandlungen sollen vermieden werden

Das Kantons- und danach das Bundesgericht haben festgestellt, dass die Vergabepraxis zu Ungleichbehandlungen führen kann. Deshalb musste die Stadt ein Verfahren entwickeln, mit dem Ungleichbehandlungen bei Zugang zum Markt und bei der Standvergabe vermieden werden können.

Um Ungleichbehandlungen in Zukunft zu verhindern, erarbeitete die Stadt Luzern die Grundlagen für ein öffentliches Ausschreibeverfahren. Die Ausschreibung sollte diesen Sommer durchgeführt werden, sodass die darauf gestützten Bewilligungen auf Anfang 2017 hätten erteilt werden können.

Das Verfahren sah vor, dass sowohl neue Interessierte als auch bestehende Marktteilnehmende einen Fragebogen ausfüllen mit objektiv messbaren Angaben zu Sortiment, Qualität, Herkunft und Herstellung der Produkte und mehr. Wer ins Sortiment passt und die Kriterien am besten erfüllt, erhält für eine bestimmte Dauer einen Marktstand zugeteilt.

Markttradition erhalten

Die im Projekt erarbeiteten Grundlagen wurden dem Stadtrat zur Freigabe vorgelegt. Der Stadtrat war sich bewusst, dass eine neue Vergabepraxis zu Veränderungen auf dem Wochenmarkt führen wird. Die Erhaltung der gewachsenen Markttradition war dem Stadtrat jedoch auch stets ein sehr wichtiges Anliegen.

Weil durch die geplante offene Ausschreibung mögliche negative Auswirkungen auf den bestehenden Marktcharakter nicht restlos abge- schätzt respektive ausgeschlossen werden können, hat der Stadtrat entschieden, dass der Markt nicht wie vorgesehen per 2017 ausgeschrieben werden soll.

«Mit dem Entscheid, nochmal über die Bücher zu gehen, stellt sich der Stadtrat bewusst hinter den bestehenden Wochenmarkt und vor allem hinter die bestehenden Marktteilnehmenden und die Kundschaft», sagt Stadtrat Adrian Borgula. «Der Wochenmarkt ist nicht nur eine Tradition und eine Attraktion für die Stadt geht, sondern auch eine Existenzgrundlage für zahlreiche regionale Kleinunternehmen.»

Stände werden nicht anders platziert

Es ist der Stadt ein wichtiges Anliegen, dass der Zugang zum Markt auch für neue Interessierte grundsätzlich offen ist. Deshalb werden nun als Sofortmassnahme mögliche Erweiterungen des Marktperimeters geprüft. Diese Prüfung braucht etwas Zeit, weil der Markt die bereits stark genutzten öffentlichen Verkehrs- und Nutzungsflächen der Innenstadt an zwei Tagen pro Woche über das ganze Jahr fest belegt.

Auch müssen weiterhin Parkflächen, Zu- und Durchfahrten in angemessener Weise gewährleistet werden. Für die bestehenden Marktteil- nehmenden hat dies keine Auswirkungen. Insbesondere ist nicht vorgesehen, dass deswegen Stände anders platziert werden sollen.

Planung soll breit abgestützt sein

Der Einbezug der Direktbetroffenen war der Stadt stets ein wichtiges Anliegen. So waren in der Steuerung des Projekts der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband LBV, die Sektion Zentralschweiz des Schweizerischen Marktverbandes und das Konsumentenforum kf vertreten. Dem Stadtrat sei es wichtig, dass auch die weitere Planung breit abgestützt ist. Deshalb wird eine noch breiter abgestützte Fachgruppe einberufen, welche die Arbeiten beratend begleiten wird, heisst es in einer Mitteilung der Stadt.

Gutachten soll bis Ende 2015 Klarheit schaffen

Ein unabhängiges, externes Rechtsgutachten soll ausloten, ob es weitere denkbare Möglichkeiten, abgewandelte Verfahren oder Ermessensspielraum gibt, um eine öffentliche Ausschreibung zu verhindern oder zumindest ihre Konsequenzen für den bewährten Wochen markt möglichst gering zu halten, ohne mit den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen in Konflikt zu kommen. Das Ergebnis des Gutachtens soll bis Ende 2015 vorliegen.

Als Gesetzgeberin verabschiedet das Parlament die gesetzlichen Grundlagen. Die Reaktionen in der Bevölkerung und in den Medien zur Vergabe der Marronistände letztes Jahr haben gezeigt, dass auch der Wochenmarkt ein Thema ist, zu dem der Stadtrat das Parlament stärker einbinden will. Deshalb hat sich der Stadtrat entschieden, die Geschäftsprüfungskommission einzubeziehen und dem Parlament voraussichtlich im Herbst 2016 einen Bericht vorzulegen, in dem die Erkenntnisse der geplanten nächsten Schritte eingearbeitet werden.

Sicherheit verbessern

Unabhängig von den weiteren Arbeiten zur Standvergabe soll die heutige unbefriedigende Sicherheitssituation am rechten Reussufer an Markttagen verbessert werden. Rettungsfahrzeuge sollen auch an Markttagen durchfahren können, wofür eine freie Achse von 3,5 Meter nötig ist.

Der Stadtrat hat den Verantwortlichen den Auftrag gegeben, den Markt so zu organisieren, dass innerhalb von fünf Minuten ein Korridor frei gemacht werden kann. Die Stadt rechnet damit, dass alle bestehenden Stände an ihrem Platz bleiben können, wobei teilweise die Standinfrastruktur leicht angepasst werden muss. Dazu wird der Marktverantwortliche dieses Jahr mit den betroffenen Standbetreiberinnen und Standbetreibern vor Ort die Situation und allfällige Massnahmen besprechen. 

In Kürze
  • Das Bewilligungsverfahren bleibt bis zur Vergabe der Standplätze per 1. Januar 2019 bei der bisherigen jährlichen Pflicht zur Gesuchseinreichung.
  • Bisherige Marktteilnehmende erhalten wie bis anhin im Herbst das Formular für die Anmeldung der Jahresbewilligung 2016. Die Bewilligungen werden nach der bisherigen Praxis vergeben.
  • Die Stadt prüft die Erweiterung des Marktperimeters, gibt ein Rechtsgutachten in Auftrag, und ruft eine Begleitgruppe ein.
  • Dem Parlament wird im Herbst 2016 ein Bericht vorgelegt über die Erkenntnisse und die geplanten nächsten Schritte.
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