Pilatusplatz, Neubad, Urnerhof, Bundesplatz, etc.

Stadtrat forciert Pilatusplatz – zu riskant?

Pilatusplatz: Auf dem städtischen Areal links im Bild, wo bis 2011 die «Schmitte» stand, wäre mit der neuen BZO ein 35 Meter hohes Haus möglich. (Bild: Marc Benedetti)

Der Stadtrat mag nicht länger zuwarten: Er forciert das Hochhausprojekt am Pilatusplatz. Gegen den Willen der Baukommission. Und: Kaum in Kraft, muss die Stadt ihre Bau- und Zonenordnung schon wieder revidieren. Unter anderem wegen zwei Grossprojekten. zentral+ hat den Überblick.

Die Stadt Luzern macht vorwärts mit ihren Bauprojekten. Sie will rasch wachsen und so Hunderte neue Wohnungen und Arbeitsplätze ermöglichen. So zumindest lautete die Botschaft, welche Baudirektorin Manuela Jost an diesem Freitag vor den Medien verkündete. Zu über 20 grösseren Bauprojekten informierte Jost, assistiert von Immobilien-Chefin Friederike Pfromm und Projektleiter Dominic Church. Extrem viel Neues war zwar nicht dabei, in der Masse bot der Anlass aber eine prima Übersicht über das städtische Wachstumspotential

Die spannensten Punkte sind:

Neubad: Die Zwischennutzung im Neubad, dem alten Hallenbad an der Bireggstrasse, dauert länger als die ursprünglich geplanten vier Jahre. Anstatt bis 2017 dürfte die erfolgreiche Nutzung durch Kultur, Gewerbe, Kunst und Gastro nun bis 2020 dauern (zentral+ berichtete).

Pilatusplatz: Das Theater um das geplante 35-Meter-Hochhaus am Pilatusplatz geht in die nächste Runde. Die Baukommission möchte den Projektkredit von 645’000 Franken weiterhin sistiert lassen, bis der hängige Rechtsstreit mit renitenten Hochhausgegnern geklärt ist – doch der Stadtrat will vorwärts machen und bringt den Kredit nächsten Donnerstag ins Parlament (siehe Box und unsere Berichterstattung).

Doch selbst wenn alles rund läuft, könnte dieses Hochhaus kaum vor 2022 realisiert werden. Zur Erinnerung: Das Restaurant «Schmitte» wurde dort 2011 abgerissen.

Teilrevision BZO: Da reibt sich Otto Normalbürger die Augen. Die aktuelle Bau- und Zonenordnung (BZO), in der definiert ist, auf welchen Arealen welche Gebäude und welche Nutzung erlaubt sind, ist erst seit letztem Sommer in Kraft. Abgestimmt haben die Stimmbürger 2013. Und schon startet die Stadt die erste BZO-Teilrevision. «Das ist nicht ungewöhnlich», sagt Projektleiter Dominic Church. «Wir haben festgestellt, dass wir auf einigen Arealen nachjustieren müssen, um ein besseres Ergebnis erzielen zu können.» Ein konkretes Beispiel dafür ist das Areal, auf dem das Neubad steht. Dort hat die Stadt ihre Pläne vor Kurzem geändert und möchte nun eine stärkere Verdichtung erreichen – wozu es die Teilrevision braucht.

Urnerhof: Auch hier möchte die Stadt mit der BZO-Teilrevision ein besseres Projekt herausholen. Auf diesem Familiengartenareal, das an der Friedentalstrasse zwischen Rotsee und Kantonsspital liegt, sollen unter anderem gemeinnützige Wohnungen realisiert werden.

«Neue, vertiefte Studien haben gezeigt, dass wir aus Lärmschutzgründen entlang der stark befahrenen Friedentalstrasse höher bauen sollten, als dies die aktuelle BZO zulässt», sagt Immobilien-Chefin Friederike Pfromm. Möglich sind aktuell nur zwei Geschosse. Mit mindestens einem Geschoss mehr könnten jene Gebäude im zweiten Glied besser vor Lärm geschützt werden.

Bundesplatz: Wie auf dem Pilatusplatz, ermöglicht die aktuelle BZO auch hier ein 35-Meter-Hochhaus. Weshalb auch diese seit langem als Autoparkplatz genutzte Brache vom hängigen Rechtsstreit um die hochhausfeindliche Stadtbildinitiative betroffen ist. Die HRS Real Estate AG als neue Grundeigentümerin plant laut Pfromm jedoch trotzdem ein Hochhaus. Pfromm weist zudem darauf hin: «Die Initiative hätte keine aufschiebende Wirkung. Sobald das Projekt eine Baubewilligung hat, wäre es gültig und könnte realisiert werden.»

Steghof: Bis zu 45 Meter hoch könnte hier das dritte neue Hochhaus werden. Doch vom Fleck kommt man nicht. Einsprachen und weitere Abklärungen für den gewünschten aber superteuren Tiefbahnhof sorgen dafür, dass hier in nächster Zeit bestimmt kein Hochhaus realisiert wird.

Rösslimatt: In dieses Areal, das der SBB gehört und hinter dem Bahnhof liegt, setzt der Stadtrat besonders grosse Hoffnungen. 40’000 Quadratmeter Büro- und Dienstleistungsflächen sollen hier in einer ersten Etappe entstehen – und entsprechend Steuereinnahmen generieren.

Später sollen in einer zweiten Etappe auch noch Wohnungen dazu kommen. Geplant ist ein 2000-Watt-Areal, Baustart könnte 2016 sein.

Gemeinnütziger Wohnungsbau: Die Stadt muss bekanntlich dafür sorgen, dass jährlich rund 100 neue gemeinnützige Wohnungen zur Verfügung stehen. So will es eine entsprechende Volksinitiative, die 2012 angenommen wurde. «Wir sind auf Kurs», versprach Baudirektorin Manuela Jost. Um die Ziele zu erreichen, sei man jedoch weiterhin auf die Zusammenarbeit mit Privaten angewiesen. Denn: Die Stadt verfügt nicht über genügend Land, um soviele gemeinnützige Wohnungen selber bauen zu können.

Insgesamt könnte nach der aktuellen Bau- und Zonenordnung in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Stadt wie folgt wachsen: Um 6200 bis 8800 Personen sowie 3000 bis 4800 Arbeitsplätze.

Pilatusplatz: Ist das Risiko zu hoch?
Bekanntlich blockiert der hochhauskritische Verein Stadtbild mit seiner 2014 eingereichten Stadtbild-Initiative alle drei Hochhausprojekte in der Stadt: Pilatusplatz, Bundesplatz, Steghof. Die Initiative will Hochhäuser im Stadtzentrum verbieten. Das Stadtparlament hat die Initiative aufgrund eines Gutachtens zwar für ungültig erklärt. Doch der Verein unter Präsident Alexandros Guekos kämpft vor Gericht gegen diesen Entscheid. Das könnte noch Jahre dauern.

Interessanter Blick zurück auf den Pilatusplatz samt «Schmitte» im Jahr 1910: Hier soll ab 2020 ein Hochhaus entstehen.

Interessanter Blick zurück auf den Pilatusplatz samt «Schmitte» im Jahr 1910: Hier soll ab 2020 ein Hochhaus entstehen.

Würde das Gericht dem Verein Recht geben, kämte die Initiative vors Volk. Würde dann das Volk Ja dazu sagen, wären die drei Hochhausstandorte erledigt. Die Baukommission möchte deshalb abwarten, bis ein endgültiges Gerichtsurteil vorliegt. «Wir befürchten, dass die Stadt aufgrund der Unsicherheit nicht den besten Verkaufspreis fürs Areal aushandeln kann», begründet Baukommissions-Präsident Reto Kessler. «Die Investoren gehen immer vom Schlechtesten aus, also von einem 22 Meter Hochhaus anstatt einem 35-Metrigen. Das drückt den Preis.»

Abgabe erst, wenn Situation klar ist

Das sieht der Stadtrat anders. Er bringt den sistieren Projektkredit nächsten Donnerstag, 24. September, trotz dem Nein der Baukommission ins Parlament und hofft dort auf ein Ja. «Damit sind wir nicht einverstanden, wir möchten das Areal möglichst rasch entwickeln und dann an einen Investor verkaufen», begründet Manuela Jost. Schliesslich könnten so immerhin 5000 Quadratmeter Dienstleistungsfläche und 2000 Quadratmeter Wohnfläche an bester Lage realisiert werden. Jost ist sich sicher, dass die Stadtbildinitiative vor Gericht nicht doch noch für gültig erklärt wird. «Das Risiko, das wir eingehen, ist vertretbar und gering.»

Zum Vorbehalt der Baukommission sagt Jost: «Es ist möglich, dass Investoren in der jetzigen Phase verunsichert sein könnten und der Verkaufswert aufgrund der unklaren Ausgangslage geschmälert werden könnte.» Dieses Risiko bestehe aber vor allem dann, wenn das Verfahren des Investorenwettbewerbs gewählt würde. Heisst: Abgabe sofort an einen Investor. «Genau deshalb schlägt der Stadtrat ja ein Entwicklungsverfahren vor, bei welchem die ersten wichtigen Entwicklungsschritte und auch die Verfahrensrisiken bei der Stadt bleiben. Die Abgabe des Grundstückes soll erst in der Phase eines baubewilligten Projektes erfolgen. Dann, wenn auch die Situation bezüglich Stadtbildinitiative klar sein wird.»

Hier sehen Sie die wichtigsten Luzerner Bauprojekte in der Übersicht, die Legende dazu finden Sie hier:

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Casiboy
    Casiboy, 19.09.2015, 18:32 Uhr

    2009 hat die Stadt das angebaute Haus bei der Schmitte abgerissen mit dem Ziel die Schmitte fuer unbewirtbar zu machen. Die beliebte Beiz musste trotz heftigem Wiederstand folglich abgerissen werden.
    Dann wurde ein Pseudogaertli für viel Geld gebaut. Besser hätte man damals geplant und ein Zonenkonformes und Baubewilligtes Projekt erarbeitet. Die Schmitte hätte noch 5 Jahre weiterexistiert. Der Wirt hätte viele Menschen glücklich gemacht und Arbeitsplätze erhalten. Eine halbe Million Mieteinnahmen fehlen. Mein Gefühl sagt mir alle Projekte werden verschleppt, künstlich aufgebauscht und wir die Steuerzahler müssen dafür geradestehen. Ich wünschte mir einen Macher im Stadtrat der anpackt und zu Ende führt.

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