Luzerner Wohnpolitik vor wegweisenden Monaten

Stadtparlament macht professionellen Airbnb-Anbietern Dampf

Die Touristenstadt Luzern hat im Wohnungsbereich mit dem eigenen Erfolg zu kämpfen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Bereits Anfang 2020 muss der Stadtrat darlegen, wie er professionelle Airbnb-Angebote zukünftig steuern will. Dass dies nötig ist, war im Stadtparlament am Donnerstag unbestritten. Weniger Einigkeit herrschte bei der Frage, ob die Stadt private Bauherren zum gemeinnützigen Wohnungsbau zwingen kann.

Die Touristen rund um die Kapellbrücke geniessen das prächtige Herbstwetter. Wenige Meter entfernt, im Rathaus, diskutiert das Stadtparlament über einen Aspekt, der die Branche in den letzten Jahren ziemlich umgewälzt hat: Sharing-Plattformen wie beispielsweise Airbnb.

Wenn Private ihre Bleibe während einer Ferienabwesenheit untervermieten, stört das niemanden. Doch immer mehr Wohnungen werden dauerhaft als Touristenunterkünfte genutzt. Deshalb hat der Stadtrat kürzlich ein Monitoring angekündigt. Zudem will er eine mögliche Einschränkung der kommerziellen Angebote prüfen (zentralplus berichtete).

Stadtparlament drückt aufs Tempo

Das Stadtparlament hat diesem Ansinnen am Donnerstag noch eins draufgesetzt: Bereits im Januar 2020 sollen die entsprechenden Massnahmen auf dem Tisch liegen. Das Parlament hat eine entsprechende Protokollbemerkung einstimmig überwiesen.

«Airbnb ist nicht per se böse.»

Daniel Lütolf (GLP)

Dass Handlungsbedarf besteht, war unumstritten. «Airbnb ist nicht per se böse», sagte Daniel Lütolf (GLP). «Wohnungen sollten aber nicht zweckentfremdet werden.» Auch die SVP betonte, dass Sharing-Plattformen das touristische Angebot in der Stadt ergänzen können, die davon ausgehende Problematik aber angegangen werden muss. Mirjam Landwehr (Grüne) verwies auf die steigenden Zahlen: Die Übernachtungen bei professionellen Airbnb-Angeboten hat sich 2018 innert Jahresfrist verdreifacht (zentralplus berichtete).

«Für uns ist klar, dass aufgrund der steigenden Angebote auf diesen Plattformen die Gefahr einer unerwünschten Entwicklung besteht», sagte Andreas Felder (CVP). Eine Aussage, die von links bis rechts geteilt wurde.

Wie eine Steuerung aussehen könnte, darüber herrscht hingegen noch weitgehend Unklarheit. Ein generelles Verbot, so liessen mehrere Bürgerliche verlauten, komme dafür nicht infrage.

Parlament bremst Euphorie

Die Airbnb-Debatte stand im Kontext einer grösseren Diskussion: zur städtischen Wohnraumpolitik. Die Stadt muss bekanntlich bis 2037 den Anteil der gemeinnützigen Wohnungen auf 16 Prozent erhöhen. Heisst: Pro Jahr muss es rund 100 zusätzliche geben.

Kürzlich hat der Stadtrat erstmals ein Zwischenfazit gezogen und einen Blick in die Zukunft geworfen. Obwohl der Anteil seit der Annahme der Initiative 2012 praktisch bei etwas über 13 Prozent stagnierte, ist für Baudirektorin Manuela Jost (GLP) klar: Das Ziel kann bis 2037 erreicht werden (zentralplus berichtete).

«Wir teilen den Optimismus des Stadtrates nicht.» 

Sandra Felder (FDP)

Das Stadtparlament legt jedoch weniger Euphorie an den Tag. «Den Weg zum Ziel beurteilen wir steiniger», sagte Mario Stübi (SP). Beim EWL-Areal sei der ursprüngliche Zeitplan bereits jetzt überholt, die Pläne beim Urnerhof seien wegen der Spange Nord blockiert, beim Grenzhof wegen Fragen des Denkmalschutzes. Mirjam Landwehr (Grüne) verwies zudem auf die Pläne, auf dem Areal Udelboden/Längweiher 700 Wohnungen zu erstellen. Das sei viermal mehr als an der Industriestrasse. «Nebst dem damit verbundenen Klumpenrisiko stellt sich die Frage, wer das umsetzen kann.»

Auch FDP-Sprecherin Sandra Felder sprach von Hoffnung und Wunschdenken. «Wir teilen den Optimismus des Stadtrates nicht.» 

«Wir sind dagegen, dass Private zu gemeinnützigem Wohnungsbau genötigt werden.»

Oliver Heeb (SVP)

Die CVP schätzt die Zukunftsaussichten ebenfalls deutlich kritischer ein als der Stadtrat. Gleichzeitig hielt Fraktionssprecher Andreas Felder fest: «Der gemeinnützige Wohnungsbau ist auf dem richtigen Weg. Ob er am Ende ein paar Prozentpunkte höher oder tiefer liegt, ist nicht matchentscheidend.»

Das Stadtparlament hat den Bericht und Antrag zur Wohnraumpolitik am Ende zustimmend zur Kenntnis genommen.

Zankapfel im Würzenbachquartier

Besonders zu reden gab zuvor das geplante Projekt der Reformierten Kirchgemeinde im Würzenbachquartier. Der Stadtrat will sie mittels Bau- und Zonenordnung dazu verpflichten, dort gemeinnützige Wohnungen zu bauen. Dagegen regt sich Widerstand – auf politischer Ebene, aber auch seitens der Kirche selber, die Einsprache erhoben hat (zentralplus berichtete).

Die SVP-Fraktion verlangte am Donnerstag, dass auf diesen Zwang verzichtet wird. «Wir sind dagegen, dass Private zu gemeinnützigem Wohnungsbau genötigt werden», begründete Sprecher Oliver Heeb.

«Es handelt sich um die Reformierte Kirche und nicht um eine Investorengruppe wie Mobimo, SPS oder Jørgen Bodum.» 

Mario Stübi (SP)

Rieska Dommann (FDP) konnte dem Ansinnen im Würzenbachquartier ebenso wenig abgewinnen. Und rügte den Stadtrat: «Dass man ausgerechnet die Reformierte Kirche, die Hand bietet für eine gemeinsame Entwicklung des Quartierzentrums, jetzt so behandelt, ist inakzeptabel, ja unfassbar.»

Die linke Ratseite sah es grundsätzlich als legitim an, auch private Bauherren stärker im Sinne der städtischen Wohnraumpolitik in die Pflicht zu nehmen. Aber auch Mario Stübi (SP) appellierte an den Stadtrat: «Es handelt sich um die Reformierte Kirche und nicht um eine Investorengruppe wie Mobimo, SPS oder Jørgen Bodum.» 

Christian Hochstrasser (Grüne) betonte hingegen, dass die Reformierte Kirchgemeinde dank der Aufzonung einen immensen Mehrwert erhalte. Darauf nahm auch Stadträtin Manuela Jost Bezug. Den Eingriff in die Eigentumsrechte begründete sie mit dem überwiegend öffentlichen Interesse, das der Volksauftrag für mehr gemeinnützige Wohnungen generiere.

Die Baudirektorin plädierte aber dafür, diese Debatte dann zu führen, wenn die Revision der Bau- und Zonenordnung zur Diskussion steht. Und darauf dürfte es wohl hinauslaufen. Der Antrag der SVP wurde abgelehnt. Die Debatte ist damit allerdings noch nicht vom Tisch.

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