Stadt Zug gesichtslos wie Novosibirsk?

Die Redaktion erreichten zwei weitere gegnerische Leserbriefe zum Stadttunnel Zug. Adrian Hürlimann befürchtet eine ausgestorbene Stadt, wenn der Tunnel einmal realisiert wird und zieht einen Vergleich zum russischen Novosibirsk. Der zweite Leser, Peter Weber, malt das Katastrophenszenario eines Tunnel-Unfalls an die Wand.

Nachfolgend die beiden Leserbriefe:

Mogelpackung Zentrum Plus

Glauben wir dem Gewerbeverband, dem Stapi nicht, wenn von der Aufwertung des Zentrums mittels neuer Strassen die Rede ist! Funktionierende, während Jahrhunderten gewachsene Zentren wie Winterthur oder Solothurn brauchen keine Tunnels. Und an der Ödnis der Neustadt von Locarno ändert auch der dortige, doppelt so lange Tunnel nichts.

Ähnlich gesichtslos zeigt sich das bauboomende Zug. Alle Ansätze zu einer Zuger Neustadt aus der Zeit um 1900 sind abgerissen und durch identitätslose Langweiler-Architektur ersetzt. Die neuen Nordquartiere gleichen Novosibirsk (der Baudirektor meint, man habe ja gewusst, wo man hier Wohnungen baue – an einer Ausfallstrasse nämlich). Zug Süd samt der äusseren  Altstadt ist tot und erlebt allenfalls an Sommerabenden einige Wiederbelebungsversuche (dank Seeufer und Sonnenuntergang). Wer will oder soll in einem solchen (behaupteten) Zentrum flanieren?

Keine Spur von Geschäftigkeit oder urbaner Wohnkultur, die den attraktiven Mix zum Beispiel einer Luzerner Neustadt ausmachen. Übrigens: auch dort gibt es Stauprobleme. Man setzt auf Verflüssigung. Das Gesamtverkehrskonzept für die ganze Agglomeration sieht Dosierungsstellen mit Ampeln auf Quartierstrassen vor. Kostenpunkt: 15 Millionen Franken. Verflüssigen tut auch in Zug not. Verkehr kanalisieren und in den Norden und Westen verlagern hingegen nicht. Die Stadt Zug hat ja keine Durchgangslage, liegt an keiner Achse. Der Verkehr ist hausgemacht. Was vom Berg kommt, fliesst künftig in die Tangente Neufeld ab. Sparen wir also die Milliarde und bieten wir Jahrzehnte lang Gratis-öV an! Vielleicht wäre eine wohnliche Stadt dieser Art das bessere Standortmarketing als der Stadttunnel, den Heinz Tännler am ImmoTable der Greater Zurich Area Ende Monat anpreisen wird.

Adrian Hürlimann, Zug

 

Riskanter Stadttunnel

Bei Tunnel-Unfällen kennen Betonwände und die räumliche Enge kein Pardon. Dass es im vorgeschlagenen Zuger Stadttunnel zu solchen Ereignissen kommt, ist leider anzunehmen. Umso mehr, als ein Kreisel an sich schon eine erhöhte Gefahrenzone darstellt. Kreisel im Tunnel – da steigt das Risiko nochmals massiv an. Ein Unglück, oder auch nur schon ein Auffahrunfall, kann bei den projektierten Verhältnissen chaotische Folgen nach sich ziehen. Das Projekt nimmt im Innern des Berges zehntausende von Fahrzeug-Bewegungen in Kauf, und dies mit einem Kreisel als Herz(infarkt)-Stück und vier Tunnel-Röhren mit Gegenverkehr ohne Pannenstreifen! Was das bei einem Zwischenfall für Rettungs-, Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge bedeutet, kann bzw. muss man sich vorstellen! Und welchen Rückstau dies bei den Tunnel-Portalen im Wohngebiet auslöst auch! Für das alles will ich nicht mitverantwortlich sein und lehne diese Vorlage ab. Zu etwas, das so wenig Nutzen bringt, enorme finanzielle Folgen hat und quer zu allen ökologischen Bestrebungen liegt, sage ich sowieso ganz klar: NEIN!

Peter Weber (parteilos), Zug

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