Tierschützer warnen vor 1. August

Stadt Luzern soll Tiere vor Feuerwerk-Strapazen schützen

Sie würden lieber nichts mitkriegen von den 1.-August-Feuerwerken: Wasservögel. (Bild: Adobe Stock)

Von Vogelschutz-Seite heisst es, die Stadt Luzern könnte mehr Engagement zeigen, um die negativen Folgen von Feuerwerk für Tiere zu vermindern. Was sagt die Stadt dazu?

Es war vor ziemlich genau einem Jahr, ebenfalls kurz vor dem 1. August, als SP-Grossstadtrat Claudio Soldati seinen Anti-Grossfeuerwerk-Vorstoss einreichte (zentralplus berichtete). Mittels Motion forderte Soldati den Stadtrat dazu auf, alles zu unternehmen, um künftig Grossfeuerwerke zu verhindern. Vernünftige Alternativen müssten vorangetrieben werden.

Der Motionär begründete dies – nebst den Auswirkungen auf die Menschen und die Umwelt –  auch mit den Folgen für die Tierwelt. Unter anderem verwies Soldati auf einen Beobachtungsbericht nach einem Feuerwerk am Thunersee. In diesem Bericht wurden die Fluchtreaktionen der dortigen Vogelwelt dargestellt.

Stadtregierung will (noch) nichts unternehmen

Der Luzerner Stadtrat brachte dem Anliegen in seiner Antwort von Anfang Jahr zwar Verständnis entgegen (zentralplus berichtete). Der Stadtrat teilte mit, dass auch für ihn eine Stadt mit weniger Feuerwerk und die Prüfung von möglichen Alternativen wichtig seien. Zu konkreten Massnahmen wollte sich die Luzerner Stadtregierung aber nicht durchringen. Insbesondere wollte die Stadtregierung den Organisatoren von Feuerwerken nicht vorschreiben, künftig Lasershows anstelle der konventionellen Feuerwerke zu veranstalten.

Laser würden zwar keinen Lärm verursachen und weniger CO2 ausstossen, seien aber in anderer Hinsicht nicht unproblematisch. Die in der Motion beschriebenen Auswirkungen auf Wildtiere wurden vom Stadtrat aber grundsätzlich bestätigt. Allerdings fügte die Stadtregierung an, dass es «wie immer auf den Einzelfall» ankomme. In der Folge wurde die Motion Soldatis als Postulat überwiesen.

Feuerwerke sind für Tiere «Stress pur»

Auf Anfrage verweist Peter Knaus von Birdlife Luzern auf zwei wissenschaftliche Untersuchungen aus der Schweiz beziehungsweise vom Bodensee bei Konstanz. «Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Feuerwerke Stress pur für Wasservögel - und andere Wildtiere und Haustiere - bedeuten», hält Knaus fest. «Deshalb sollte auf Feuerwerk in der Nähe von Seen mit Vogelansammlungen ganzjährig verzichtet werden.» Selbst wenn ein Grossfeuerwerk einige Kilometer entfernt stattfinde, störe es die Wasservögel noch immer.

«Wo ein Verzicht nicht durchsetzbar ist, könnten geräuscharme Feuerwerke eine Lösung sein.» Peter Knaus bezieht seine Kritik aber nicht nur auf die Grossfeuerwerke, sondern auch auf die vielen privaten Feuerwerke, wie etwa jene zum Nationalfeiertag oder zum Jahreswechsel. Die Feuerwerksveranstaltungen vom 1. August und an Silvester seien speziell ungünstig. «Im August sind viele Wasservögel in der Mauser und dann einige Wochen lang flugunfähig.» Als Mauser wird die Zeit bezeichnet, in der Vögel ihr Federkleid wechseln.

Wasservögel reagieren auf die Feuerwerke am 1. August panisch. (Bild: Adobe Stock)

«Die Vögel sind dann noch viel anfälliger und reagieren bei Feuerwerken panisch», so der Vertreter von Birdlife Luzern. Und im Winter beherberge die Luzerner Bucht teils bis zu 10‘000 Wasservögel, unter anderem auch über 1000 Kolbenenten und Tafelenten. Letztere stünden auf der europäischen Roten Liste (Kategorie: «verletzlich»). «Hier könnte die Stadt durchaus ein grösseres Engagement zeigen – vor allem, weil sich der Effekt ja nicht auf die Störungen von Wasservögeln beschränkt.»

Als Beispiel nennt Knaus die Problematik der Feinstaubemissionen. Alternativen wie Feuerwerke mit geringer Lärmentwicklung oder auch Licht-/Lasershows würden eine deutliche geringe Beeinträchtigung bedeuten, dies vor allem auch in räumlicher Hinsicht.

Auch die vielen Kleinfeuerwerke sind ein Problem

Sehr ähnlich sind die Einschätzungen von Livio Rey von der Vogelwarte Sempach: «Generell ist es so, dass es für Wildtiere optimal ist, wenn sie möglichst nicht mit Störungen konfrontiert werden.» Grossfeuerwerke seien aber gemäss den wissenschaftlichen Erkenntnissen als erhebliche Beeinträchtigung für Vögel anzusehen, da diese bei den untersuchten Vogelarten eine Panikreaktion auslösten. Bei Lasershows würden zwar die besonders störenden akustischen Effekte wegfallen, dennoch könnten auch diese negative Auswirkungen auf Vögel haben. «So können nächtliche Lasershows zur Zugzeit der Vögel für Irritationen und infolgedessen zu Kollisionen zum Beispiel an Gebäuden führen.»

Wie Peter Knaus von Birdlife Luzern kritisiert Livio Rey auch die Privatfeuerwerke: «Flächige Kleinfeuerwerke wie am 1. August oder an Silvester sind vor allem aufgrund der akustischen Störungen eine starke Beeinträchtigung für die Vogelwelt.» An diesen nationalen Events würden störungsarme Rückzugsräume für Tiere grossräumig fehlen.

Stadt: Vor allem die Wintermonate sind kritisch

Wie aber beurteilt man die Einschätzungen der Vogelschutzorganisation bei der Stadt Luzern? In Abwesenheit von Umweltdirektor Adrian Borgula nimmt Stabschef Christoph Bättig Stellung. Zum konkreten Hinweis seitens des Vogelschutzes, dass die Stadt in dieser Angelegenheit durchaus grösseres Engagement zeigen könnte, will sich Bättig nicht äussern.

Der Vertreter der Stadt erklärt aber, dass vor allem die Wintermonate kritisch seien, weil das Luzerner Seebecken in diesem Zeitraum von einer grösseren Zahl von Wasservögeln als Überwinterungs- und Rastgebiet genutzt werde. Störungen und die dadurch ausgelösten Fluchtreaktionen hätten zu dieser Jahreszeit auch stärkere Auswirkungen auf den Energiehaushalt der Tiere.

Auch während der Hauptbrutzeit vom April bis imJuli hätten Störungen eine grössere Relevanz. Aus übergeordneter fachlicher Sicht sei es in Bezug auf die Wasservögel viel wichtiger, dass die Stadt Luzern ökologische Aufwertungen und Ufervitalisierungen im Bereich des Luzerner Seebeckens vorantreibe und realisiere. Zudem versuche die Stadt, Wassersportaktivitäten so weit möglich im Sinne der Wasservögel zu lenken.

Was das Abbrennen privater Feuerwerke betrifft, weist Bättig darauf hin, dass in der Luzerner Altstadt das Abbrennen von Feuerwerkskörpern generell verboten ist.

Auch andere Tiere leiden

Vom Lärm der Feuerwerke sind nicht nur Vögel, sondern auch viele andere Wild- oder Haustiere betroffen. «Natürlich ist die Knallerei am 1. August und an Silvester ein grosses Thema im Tierschutz», sagt Petra Roos vom Luzerner Tierschutz. Sie gehe davon aus, dass dies auch für die meisten Tierhalter ein Thema sei. Das führe immer wieder zu Diskussionen. Roos sagt, sie habe selber einen Hund, der wegen der Feuerwerkerei jeweils sehr gestresst sei. Sie wisse von diversen Bekannten, dass diese sich um den 1. August herum jeweils in abgelegene Regionen begeben, um so dem Feuerwerkslärm zu entgehen.

Helen Sandmeier vom Schweizer Tierschutz STS bestätigt, dass der Feuerwerkslärm nebst den Vögeln auch viele weitere Tiere belaste: «Das hat einerseits damit zu tun, dass die meisten Tiere ein feineres Gehör haben als wir Menschen.» Andererseits könnten Tiere den plötzlichen Lärm nicht einordnen. «Sie wissen ja nicht, dass sie sich nicht in unmittelbarer Gefahr befinden und die Knallerei in ein paar Stunden wieder vorüber ist.» Das führe zu Angst, Panik und Fluchtreaktionen.

Helen Sandmeier geht davon aus, dass es vorab in grenznahen Regionen durchaus eine Option sei, mit dem Hund einen Kurzurlaub im Ausland zu machen, um so dem Feuerwerkslärm zu entgehen: «Dass Hotels im Schwarzwald rund um den 1. August herum von Schweizer Hundehaltern ausgebucht sind, wird vielfach kolportiert – und stimmt wohl auch.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 31.07.2021, 17:53 Uhr

    Es werden alle Tiere,nicht nur die Vögel,bei dieser Knallerei gestresst.
    Das weiss jeder Tierbesitzer.
    Ein Seenachtfest Find ich nicht so schlimm,weil es Zeitlich begrenzt ist.
    Aber die bubentierenden Kindsköpfe,die sich bis in den Morgen,emozial Feuerwerke ablassen,sollten konsequent happig gebüsst werden.

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 31.07.2021, 13:05 Uhr

    Ein Seenachtfest kann ich noch verstehen,man weiss diese Knallerei ist nach einer Gewissen Zeit fertig.
    Aber diese paar pupertierende Kindsköpfe sind unberechenbar,und ergötzen sich mit der Knallerei unregelmässig die Umgebung zu erschrecken.An die gestressten Tiere denken die schon gar nicht.Anzeigen ist die beste Antwort.

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