Ausländer werden per Brief informiert

Stadt Luzern geht die Einbürgerung proaktiv an

Im Gegensatz zum Kanton will die Stadt Luzern diejenigen Ausländer, welche die gesetzlichen Minimalbedingungenfür die Einbürgerung erfüllen, aktiv über ihre Möglichkeiten zum Erwerb des Schweizer Passes informieren. Die Idee ist zwar nicht ganz neu, dennoch ist unklar, welche Kosten die veränderte Informationspraxis genau mit sich bringen wird.

Die Stadt Luzern will in Sachen Einbürgerung aktiver werden. Künftig werden alle Ausländer, welche die gesetzlichen Minimalbedingungen erfüllen, persönlich angeschrieben und über die Möglichkeit der Einbürgerung sowie das Verfahren informiert. Dies teilt der Luzerner Stadtrat in einem Schreiben mit. Damit nimmt er ein Postulat von Simon Roth, Enver Candan (beide SP/JUSO-Fraktion), Marco Müller, Noëlle Bucher (beide Grüne/junge Grüne), sowie Laura Kopp und Stefan Sägesser (beide GLP) entgegen.

Der Stadtrat ist überzeugt, dass eine Einbürgerung die soziale und politische Integration längerfristig fördere. Der Schweizer Pass und das Bürgerrecht der Stadt Luzern gäben Sicherheit und stärkten die Identifizierung mit dem Lebensumfeld. «Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es wichtig, dass sich möglichst viele Einwohner dazugehörig fühlen und Miitverantwortung für das Lebensumfeld tragen», schreibt der Stadtrat in der Mitteilung weiter.

Keine neue Idee

Neu ist die Idee in der Stadt Luzern indes nicht. Ab Januar 2018 wird die Einbürgerung aufgrund der neuen kantonalen Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz für Personen mit B- oder F-Aufenthaltsbewilligungen nicht mehr möglich sein. In einem früheren Dringlichen Postulat haben dieselben Ratsmitglieder den Stadtrat deshalb bereits aufgefordert, eine proaktive Informationspraxis bei dieser Personengruppe einzuführen.

Die Stadt wurde per Postulat aufgefordert, Personen, welche die Voraussetzungen für eine Einbürgerung mitbringen, über die Möglichkeit einer Einbürgerung informieren, bevor dies im Hinblick auf die Gesetzesänderung nicht mehr möglich sein werde. Daraufhin erhielten Anfangs Mai 2017 zirka 1’000 einen persönlichen Brief, indem sie von der Stadt Luzern über die Einbürgerung informiert wurden.

Kanton verfolgt andere Strategie

Der Kanton Luzern hingegen verfolgt zur gleichen Thematik eine andere Strategie und lehnte einen ähnlichen politischen Vorstoss ab (zentralplus berichtete): Wer Schweizer werden wolle, müsse dafür genügend Eigeninitiative mitbringen. Der Kanton will also nicht proaktiv über die Möglichkeiten einer Einbürgerung informieren.

Dass die Stadt im Gegensatz zum Kanton anders entschieden hat, ist für Adrian Borgula, Vorsteher der Direktion für Umwelt, Verkehr und Sicherheit, kein Widerspruch. «Es kann schon mal vorkommen, dass wir zu anderen Schlüssen kommen. Für uns hat die Integration und Identifikation Einwohnerinnen und Einwohner mit der Stadt höhere Priorität. Das hat uns dazu veranlasst, den Entscheid für die proaktive Kommunikation zu fällen.» Natürlich brächten solche Entscheide immer auch finanzielle Aufwändungen mit sich. Da sehe es bei der Stadt aber derzeit besser aus als beim Kanton, sagt Borgula.

Praxis bringt zusätzlichen Personalaufwand

In den Städten Genf und Basel wurden bereits Erfahrungen mit solchen Informationsschreiben gemacht. Die Nachfrage nach Auskünften sei dort riesengross und ohne Personalaufstockung nicht bewältigbar gewesen, erklärt die Stadt die zusätzlichen Stellenprozente. Diese Erfahrungen haben sich in Luzern bestätigt: «Es sind viele Nachfragen von angeschriebenen Personen gekommen. Das zeigt, dass das Interesse an der Einbürgerung da ist und die Briefe wahrgenommen wurden. Das ist an sich schon ein Erfolg», sagt Borgula.

Die zusätzliche Belastung, welche diese Informationsschreiben auslösen würden, könne nicht neben dem ordentlichen Tagesgeschäft getragen werden, schreibt der Stadtrat in seiner Mitteilung weiter. Daher wurden im Ressort Bürgerrechtswesen vom 1. Mai bis zum 31. Juli 2017 die Ressourcen um 100 Stellenprozente erhöht. Die damit entstehenden Personal- und Versandskosten belaufen sich auf 33’500 Franken.

Wegen geändertem Gesetz auch 2018 mehr potentielle Schweizer Bürger

Ab dem 1. Januar 2018 können nur noch Bewerber ein Einbürgerungsgesuch stellen, wenn sie eine Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung) und einen  Aufenthalt von zehn Jahren in der Schweiz und drei Jahren in der Stadt Luzern nachweisen können. In der Stadt Luzern leben etwa 11’000 Personen mit der C-Bewilligung. Erste Auswertungen bei den Einwohnerdiensten hätten ergeben, dass im Jahr 2018 in der Stadt Luzern etwa 3’500 Personen das Wohndiesterfordernis erfüllen, da mit der neue Gesetzgebung die Aufenthaltsdauer von zwölf auf zehn Jahre reduziert wurde. In den folgenden Jahren werden es jeweils etwa 800 Personen pro Jahr sein, schätzt der Einwohnerdienst.

Kostenfolgen schwer abzuschätzen

Ausnahmsweise erfüllen im Jahr 2018 also einige Personen mehr das Wohnsitzerfordernis. Ob die jährlich geplante persönliche Aufforderung zu einer deutlichen Erhöhung der Beratungen und der Gesuchseingänge führen werde, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzbar, schreibt der Stadtrat weiter. Zu beachten sei auch, dass die neuen Einbürgerungsgesetze wesentlich höhere Anforderungen an die gesuchsstellenden Personen stelle. Werde eine überdurchschnittliche Zunahme der Gesuche und der kostenlosen Beratungen festgestellt, seien neben den ordentlichen Kosten für den Versand auch die personellen Ressourcen un den Ressorts Bürgerrechtswesen (als erste Anlaufstelle) und Zivilstandsamt entsprechend anzupassen. Es wird mit Kosten zwischen 20’000 und 40’000 Franken gerechnet.

Auch in den Folgejahren seien die Kosten schwierig abzuschätzen. Die Kosten für den jährlichen Versand der Informationsschreiben wird auf 6’000 Franken geschätzt. «Werden wesentlich mehr Beratungen und Gesuchseingänge registriert, sind die personellen Ressourcen ebenfalls anzupassen», schreibt der Stadtrat.

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