Leserbrief zur Staatsgarantie von Kantonalbanken

«Staatsgarantie für Kantonalbanken – eine Büchse der Pandora»

LUKB lukb Luzerner Kantonalbank

(Bild: bic)

«Nicht nur aus einer wirtschaftlichen, sondern auch aus einer staatspolitischen Sichtweise ist es auf Grund der gewandelten Verhältnisse nicht mehr akzeptabel, dass der Kanton länger Risiken trägt, die in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Gründungszweck der LUKB stehen», schreibt Loris Fabrizio Mainardi. In seinem Leserbrief äussert er sich zur Staatsgarantien von Kantonalbanken.

 

«Es gibt alte Zöpfe, die werden erst abgeschnitten, wenn schmerzhaft an ihnen gezogen wird. Die politischen Sonderkonditionen für Kantonalbanken gehören dazu», schreibt Wirtschaftsjournalist Jörg Müller in der «NZZ» vom 22. März in einem Beitrag mit dem Titel «ZKB: Die zu nahe Bank».

Er hinterfragt die Tatsache, dass noch immer fast alle Kantone eine Staatsgarantie für ihre Kantonalbanken kennen. In jenen zwei Kantonen, die sie abgeschafft haben (Bern und Genf), musste zuerst etwas Schlimmes passieren: Die Berner Steuerzahler mussten nach der Immobilienkrise der 1990er Jahre rund eineinhalb Milliarden Franken nachschiessen, die Genfer nach einem Bilanzfälschungsskandal zwei Milliarden. Beide Kantone und «ihre» Banken haben indes nur positive Erfahrungen mit der Abschaffung der Staatsgarantie gemacht, Kundenausleihungen und Kundengelder haben zugenommen, Ratings und Fremdkapitalzinsen sind konstant geblieben.

Sicher arbeiten die «staatsgarantierten» Banken keineswegs schlechter als ihre Schwestern. Das Problem besteht vielmehr darin, dass die Kantonalbanken längst nicht mehr die kleinen Finanzinstitute sind, als die sie nach dem Zusammenbruch des Ancien Régime und dem Beginn der schweizerischen Industrialisierung gegründet worden waren, um dem lokalen Gewerbe zu Krediten zu verhelfen.

Auch wenn ihre Bilanzsummen nicht mit den Grossbanken zu vergleichen sind – für die ihnen Garantie bieten wollenden Kantone sind die Zahlen gigantisch: Im Fall der LUKB und des Kantons Luzern beträgt die Bilanzsumme der Bank rund 40 Milliarden Franken. Das entspricht rund 100’000 Franken pro Kopf der Bevölkerung und rund 1,5 Mal der jährlichen kantonalen Wirtschaftsleistung – was sogar mehr ist als im Kanton Zürich, der mit der ZKB für eine Grossbank bürgt (Faktor 1,25).

Doch damit hat es sich noch nicht: Auf Grund der aktuellen Ausgestaltung der Staatsgarantie müssten die Luzerner Steuerzahler im Krisenfall für sämtliche Verpflichtungen der LUKB aufkommen – wozu beispielsweise auch derivative Verpflichtungen der Bank gehören, die ausländische Hedge-Funds als Gegenparteien haben. Nun betrugen die (naturgemäss schwankenden) Kontraktvolumina dieser Geschäfte bei der LUKB in den letzten Jahren zwischen 25 und 50 Milliarden Franken, wiederum ein bis zwei Mal das kantonale BIP, so dass gesamthaft ein Risikosubstrat bis zum 3,5-Fachen des kantonalen BIP und über 200’000 Franken pro Kopf der Bevölkerung besteht!

Freilich wäre ein Totalverlust unwahrscheinlich, doch ausgerechnet in finanziellen Ausnahmesituationen kann es bei den Derivatepositionen zu gewichtigen, letztlich schwierig voraussehbaren Wertverschiebungen kommen. «Weder aus volkswirtschaftlicher noch aus politischer Sicht gibt es einen Grund, weshalb eine Schreinerin oder ein Primarschullehrer für solche Verluste geradestehen soll», urteilt NZZ- Journalist Müller.

Angesichts dieser Zahlen wirkt die als «Abgeltung der Staatsgarantie» bemäntelte Versicherungsprämie von rund sieben Millionen Franken schlicht lächerlich. Sie ist es im Fall des Kantons Luzern umso mehr, als der Kanton als Mehrheitsaktionär jedes Jahr über 60 Millionen als Dividende bezieht und die Streichung dieser «Prämie» zu einer entsprechend höheren Dividende führte und somit nur einer buchhalterischen Umschichtung gleichkäme.

Nicht nur aus einer wirtschaftlichen (die Risikoprämie wäre gemessen an den Haftungsgrössen von einer «marktgerechten» Höhe weit entfernt), sondern auch aus einer staatspolitischen Sichtweise ist es auf Grund der gewandelten Verhältnisse nicht mehr akzeptabel, dass der Kanton länger Risiken trägt, die in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Gründungszweck der LUKB stehen.

Könnte sich die Politik zu einer vollständigen – oder zumindest auf die Derivatgeschäfte beschränkten – Aufhebung der Staatsgarantie für die LUKB durchringen, hätte dies wie erwähnt weder auf die Einnahmen des Kantons als Hauptaktionär noch, wie die Beispiele aus der Westschweiz belegen, auf den Geschäftsgang der Bank negative Einflüsse. Einzige Gewinnerin wäre die von unzumutbaren Risiken befreite Luzerner Bevölkerung.

Loris Fabrizio Mainardi

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