Youtube-Hit entfernt – und wieder aufgetaucht

Spott-Video: Verwaltungsrat pfeift Hotel-Direktorin zurück

Selbstbewusst, auch ohne Kampfsport: Hoteldirektorin Brigitte Heller in ihrem Hotel Monopol.

(Bild: Screenshot Youtube)

Das Hotel Monopol ging steil viral: Das unbedarfte Englisch der Hoteldirektorin sorgt schweizweit für Belustigung und für immense Klickraten auf Youtube. Die Chefin selbst war erst schockiert – freute sich dann aber über 42’000 62’000 Klicks. Doch der Verwaltungsrat fand es weniger lustig und hat das Video entfernt. Doch nicht für lange.

Das Video ist so skurril, man muss es zweimal, dreimal schauen, um es zu glauben: Mit seichter, melancholisch-triefender Piano-Synthie-Steichermusik unterlegt, beginnt das Werbevideo über das Hotel Monopol in Luzern.

Bald beginnt eine englische Stimme mit … nun ja: einem deutlichen Akzent: Sei es die «ünique barock style Fassade», das nahe «Költscher and Convention Center» oder dass das Hotel «looks like a parisenne or venice Palace», weil es das «architectually most fascinating» Hotel ist. Die Sätze kommen so unbedarft daher, dass man nur eine Parodie dahinter vermuten kann.

Update: Nachdem das Video am Montag die ganze Schweiz belustigt hat, ist es es seit Dienstagmorgen inaktiv, es ist auf Youtube momentan nur noch die deutsche Version zu sehen. Begründung: «Der Verwaltungsrat hat entschieden, das Video vorübergehend aus dem Netz zu nehmen und es zu überarbeiten», teilt das Hotel auf Anfrage von zentralplus mit. Im Gegensatz zu Hoteldirektorin Brigitte Heller fand der Verwaltungsrat die unfreiwillige Werbung also weniger lustig.

Doch es ging nicht lange, und das Video tauchte am Dienstagnachmittag wieder auf – voilà:

«Thurgau? St. Gallen? Welches Englisch ist das?»

Es ist vor allem das Dialekt-Englisch im Video, das die Schweiz zum Lachen brachte. «Schaffhausen? Thurgau? St. Gallen? Welches Englisch ist das?», fragte ein User berechtigt. Denn das Video ist keine Parodie, sondern Hotel-Direktorin Brigitte Heller höchstpersönlich, die da spricht.

Und neu ist das Video keineswegs, es wurde bereits vor drei Jahren auf Youtube geladen, lange Zeit jedoch mehr schlecht als recht angeklickt. Doch dann, quasi über Wochenende, plötzlich über 42’000 62’000 Klicks, stündlich wurden es ein paar Hundert mehr. In den vergangenen Tagen hat sich die Klickzahl mehr als verdoppelt. Das Video ging ein paar Tage steil viral, zuerst in Luzerner Kreisen, dann schweizweit, dann über die Grenzen hinaus. Was ist geschehen?

«Das Video ist authentisch und ehrlich»

Ein Anruf bei Hotelchefin Brigitte Heller (in der Warteschlaufe die gleiche Piano-Streicher-Musik): Auch sie kann sich den plötzlichen «Erfolg» nicht erklären: «Das ist gewaltig, ich war zuerst schockiert, als ich die meist nicht schmeichelnden Kommentare las, aber inzwischen sehe ich das positiv.»

«Ich nehme es jetzt mit Humor, ich weiss, dass mein Schweizerdeutsch-Englisch nicht perfekt ist, aber das bin ich, es ist authentisch, herzig und ehrlich.»

Monopol-Direktorin Brigitte Heller

Ihre erste Reaktion: das Video sofort löschen! Doch als sie realisierte, wie viele Leute sich das anschauen, hat sie sich anders entschieden – und steht dazu: «Ich nehme es jetzt mit Humor, ich weiss, dass mein Schweizerdeutsch-Englisch nicht perfekt ist, aber das bin ich, es ist authentisch, herzig und ehrlich», sagt Heller.

Sie vergleicht es mit dem inzwischen kultigen Werbespot der Fischer Bettwaren, der es bis zu «Giacobbo/Müller» gebracht hat. Heller ist überzeugt: «Die Gäste lieben das, es muss nicht immer alles perfekt sein.» Wichtig sei, dass das Produkt dahinter überzeuge, in ihrem Fall das Hotel.

«Aua. Aua!»

Das Video ist übrigens in Zusammenarbeit mit Studenten entstanden – dass es jetzt zu einem der meistgeschauten Hotelclips des Landes mutiert ist, hätte sie niemals erwartet. «Ich wurde schon gefragt, welche Marketingagentur wir haben», sagt sie lachend – doch die Marketingagentur, das ist sie selbst und ihr Dialekt.

Wo der virale Lauf des Videos seinen Ursprung nahm, ist wohl schwierig nachzuverfolgen. In Luzern war es der Musiker Marc Unternährer (aufmerksame zentralplus-Leser kennen ihn), der das Video vor ein paar Tagen in Umlauf schickte – mit der schlichten Bemerkung: «Aua. Aua! AUA!!!» – gefolgt von vielen Kommentaren.

Auch schlechte Werbung ist Werbung. Oder: Hauptsache Klicks. Ein Facebook-User meinte am Wochenende dazu: «Gutes Marketing. 5000 Klicks allein heute Samstag. So geht Aufmerksamkeit.» Am Wochenende erreichte das Video auch «Tages-Anzeiger»-Satiriker Ruedi Widmer: «Falls jemand noch ein Hotel für die Nacht braucht, empfehle ich dieses!»

 

Noch besser: mit Untertitel!

Und ein User kommentiert auf Youtube: «Took me a while till I realized she was actually talking in English.» Und apropos Englisch: Man kann die Absurdität des Ganzen noch steigern: Die beste Antwort auf das Englisch der Hotelchefin gibt Youtube selbst, wenn man die automatischen Untertitel einschaltet. Dann wird aus «the unique barock style fassade» kurzerhand «a unique but ok styles us I love to be» und aus «Rococo elements» wird «slow cook or elements».

Doch wie Youtube von «directly at the trainstation» zu «Police sale 98 PlayStation» kommt, das ist wohl nur mit einer dadaistischen Ader des Programmierers zu erklären. Oder mit dem Englisch von Frau Heller.

« Police sale 98 PlayStation» – ähm, ja.  (Bild: Screenshot Youtube)

« Police sale 98 PlayStation» – ähm, ja.  (Bild: Screenshot Youtube)

Die Monopol-Chefin ist übrigens keine Unbekannte und weiss, wie man es zu Aufmerksamkeit bringt – und zwar weit über die Grenzen hinaus. Letztes Jahr wollte sie chinesischen Touristen das Thema Foodwaste näherbringen: Sie ermahnte diese, nicht mehr so viel Essen auf ihre Teller zu schaufeln. Die Folge: Medienecho, eine Nomination für den Swiss Award (zentralplus berichtete) und tatsächlich: weniger verschwendetes Essen im Hotel. So geht das.

Ohne Worte.  (Bild: Screenshot Youtube)

Ohne Worte.  (Bild: Screenshot Youtube)

Hinweis: Der Monopol-Verwaltungsrat findet das Video weniger lustig und hat es vom Netz genommen. Keine Gute Idee, finden Experten. Hier gehts zum Folgeartikel: «Ein 4*-Hotel lernt Social Media»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 14.06.2016, 16:09 Uhr

    Die Zeit in der «Swissness» durch holpriges und zum Teil unverständliches Englisch erklärt werden konnte, ist längst vorbei. Der Gast von heute erwartet in dieser Hotelkategorie eine professionelle Ansprache und professionellen Service. Das ganze könnte sich als Schuss in den Ofen erweisen. Da hat Frau Heller wohl den Bogen ein wenig überspannt und ihre Fähigkeiten überschätzt. Das nächste Mal wäre es doch angebracht nicht Studenten einzusetzen sondern Medienprofis, davon gibt es ja in Luzern genug.
    Zum Glück zog der Verwaltungsrat die Notbremse und entfernte dieses blamable Machwerk für’s Erste.
    Wir dürfen gespannt sein, was sich Frau Heller als nächstes ausdenkt um in den Medien kostenlose Werbung zu erhalten.

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  • Profilfoto von Steve Goldgap
    Steve Goldgap, 13.06.2016, 13:25 Uhr

    Ist doch scharrmannt. Die Wenigsten derer die jetzt lästern dürften ein besseres Englisch hinbekommen – auch wenn sie das vielleicht von sich glauben. Dito im Hochdeutschen.

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