Sport
Die Luzerner liefern eine weitere Enttäuschung ab

Zum Glück für Häberli: Der FCL hat ein noch grösseres Problem

FCL-Trainer Thomas Häberli gerät nach der dritten Meisterschaftsniederlage in Serie zunehmend in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Noch drei Punkte Vorsprung auf den Barrage- und deren sechs auf den direkten Abstiegsplatz: Der FCL hat sich mit dem 1:2 gegen Aufsteiger Servette und der dritten Pleite in Folge in eine bedrohliche Lage gebracht. Dennoch wird Trainer Thomas Häberli weitere Chancen zur Kurskorrektur erhalten.

Nähern wir uns der Frage, ob Thomas Häberli noch der richtige Trainer für den FC Luzern ist, strukturiert. Als Erstes also: Wie sieht sein bisheriger Leistungsausweis aus?

Der 45-jährige Ballwiler hat den FCL in der letzten Saison nach der Entlassung des gnadenlosen Kommunikators René Weiler im Februar stabilisiert, indem er am System und der Besetzung der Mannschaft praktisch nichts änderte. Häberlis grösster Vorteil: Er ist nicht René Weiler.

Damit hielt er die Luzerner von den Abstiegsplätzen fern, versemmelte aber auch mit einer Niederlage vor eigenem Publikum gegen Thun die Teilnahme am Cupfinal. Insgesamt hatte Häberli aber seinen Auftrag erfüllt.

Vorbereiter spielt hinter Vorbereiter

Auf die laufende Meisterschaft hin stand ihm die ganze Vorbereitung zur Verfügung, um seine Mannschaft so zu prägen, wie es ihm vorschwebt. Eine FCL-Mannschaft notabene, die mit dem wohl besten Goalie (Marius Müller) in diesem Jahrtausend abgesichert worden ist. Und mit Ibrahima Ndiaye und Francesco Margiotta zwei offensive Verstärkungen bekommen hat. Sie alle haben zweifellos das Potenzial, um den Abgang von Ruben Vargas zu Augsburg vergessen zu machen.

Gegen Servette spielte mit dem aufstrebenden Darian Males ein mit Talent gesegneter FCL-Vorbereiter hinter einem Vorbereiter, der allerdings einen Vollstrecker mimen sollte. Aber das entspricht Margiotta nicht. Und Fachmann Häberli müsste das mittlerweile erkannt haben.

In der Konsequenz verwundert daher kaum, dass Eleke (67.) und der noch später eingewechselte Shkelqim Demhasaj (89.) nach dem 1:2-Anschlusstreffer der Luzerner nichts mehr bewirkten. Oder besser: bewirken konnten. Den gelernten Torjägern fehlt das Vertrauen des Trainers – und vielleicht auch der letzte Biss.

Passende Lösungen fehlen

Aber was ist in dieser Saison passiert? Der konservativ denkende und coachende Häberli hat den FC Luzern spielerisch nicht weiterentwickeln können. Als er mit der Umstellung auf ein 4-4-2-System seinem Offensivrätsel endlich auf die Spur kam und den optimalen Platz für den stürmenden Vorbereiter Margiotta gefunden hatte (zentralplus berichtete), fing Häberli plötzlich an, mit Blessing Eleke seinen wuchtigsten Mittelstürmer zu destabilisieren.

14 Tore in 14 Spielen für den FCL sind ein überschaubarer Wert. Schlimmer ist, wenn in der gleichen Zeit 18 Gegentore fallen. Man darf getrost ins Feld führen: Häberli, der frühere Stürmer von nationalem Format, hat in offensiver wie in defensiver Hinsicht noch nicht die passenden Lösungen gefunden.

Der FCL liegt zwar am Boden, doch Captain Pascal Schürpf sieht positive Ansätze. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Aber wie erklärten Luzerner Protagonisten die dritte Niederlage in Serie? Eigentlich in gewohnter Manier, wenn ein Sturm über der sportlichen Abteilung aufgezogen ist. Fast schon trotzig hielt FCL-Trainer Thomas Häberli fest: «Wir haben eine gute Leistung gezeigt.»

«Es tut weh, wen man so viel Energie investiert und sich nicht belohnt.»

FCL-Captain Pascal Schürpf

Und sein Captain Pascal Schürpf bekräftigte: «Bis zum Strafraum haben wir gut gespielt. Es wäre echt bitter, wenn das nicht so wäre. Aber es tut weh, wenn man so viel Energie investiert und sich nicht belohnt.»

Aber er weiss auch: «Wenn man stets in Rückstand gerät, wird es schwierig mit einem erfreulichen Resultat.» Darum hat er sich zum Ziel gesetzt, die nächsten beiden Wochen während der Nati-Pause intensiv zu nutzen, um das Spiel der Luzerner auf ein stabileres Niveau zu heben.

Servette cleverer, offensiv und defensiv besser

Als neutraler Beobachter kommt man nicht um die Feststellung, dass Servette den Sieg keinesfalls gestohlen hat. Die Romands stellten die effizientere, cleverere und vor allem eine defensiv ziemlich sattelfeste Mannschaft. Auch wenn diese Einschätzung in Luzern auf eher taube Ohren stossen wird.

Das führt zur Frage: Was macht nun Häberlis direkter Vorgesetzter, FCL-Sportchef Remo Meyer?

Er wird den Leidensdruck des FCL bis zum Gehtnichtmehr ausreizen. Obwohl er vor den Spielen gegen Sion (3:1), Xamax (0:2), GC im Cup-Achtelfinal (1:0), Lugano (1:2) und Servette (1:2) gegenüber zentralplus davon sprach, dass man nun an Punkten und offensivem Mut zulegen müsse. Darüber hinaus ist das Endergebnis dieser Serie ein ernüchterndes: Dem Vorstoss in den Cup-Viertelfinal gegen YB Anfang März 2020 stehen bloss drei Pünktchen in vier Meisterschaftsspielen gegenüber.

Beim FCL will keiner ein neues Theaterstück inszenieren

Doch Meyer wird wahrscheinlich einen Teufel tun, um eine Entlassung von Häberli voranzutreiben. Aus zwei Gründen: Mit der kostspieligen Trennung von Weiler hat er zum einen seinen Sportchef-Job eng mit dem beruflichen Schicksal von Häberli verknüpft. Wie soll Meyer zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres eine falsche Trainerwahl erklären?

Kommt dazu: Wer soll in den Tagen des Hahnenkampfs im FCL-Aktionariat seinen Segen zu einem Trainer-Entlassungsspektakel geben? Philipp Studhalter als Verwaltungsratspräsident und VR-Mitglied Josef Bieri als einzig nicht zurückgetretene FCL-Aktionäre haben in diesen Tagen und Wochen weitaus dringlichere Probleme zu bewältigen.

So kurios es klingen mag: Der beste Anwalt für die Jobsicherheit Häberlis ist der laufende Hahnenkampf auf FCL-Führungsebene zwischen den «Sieberianern» und den «Zeugen Alpstaegs» (zentralplus berichtete).

Trotz allem: Es gibt Hoffnung für Häberlis FCL

Als vorletzte Frage: Was könnte ein Trainerwechsel bewirken? Auf kurzfristige Sicht wird der richtige Übungsleiter Stabilität und Struktur in eine Mannschaft, die sich seit Wochen unter Wert schlägt, bringen. Auf lange Sicht wird die Wirkung eines Trainerwechsels verpuffen. Der FCL braucht in der operativen Führung eine charismatische Persönlichkeit, die dem Verein eine eigenständige Zukunftsstrategie implementieren kann (zentralplus berichtete).

Und als letzte Frage: Gibt es noch Hoffnung auf sportliche Besserung unter Häberli? Ja, die gibt es durchaus. In den jeweils zwei Partien gegen die Gegner, die der FCL selber auf Augenhöhe wähnt, gab es je drei Punkte: gegen den Tabellenletzten Thun und den Vorletzten Xamax, dazu einen Punkt gegen Lugano und keinen gegen Aufsteiger Servette.

Aber der FCL hat aus aktuell 14 Spielen 15 Zähler auf dem Konto. Das heisst: Gegen die arrivierten Gegner steht der FCL mit bislang acht Punkten marginal besser da. Und bis zur Winterpause warten der FC Zürich, der FC St. Gallen, die Young Boys und der FC Basel auf Häberlis Team.

So abgedroschen es klingen mag: Die Hoffnung stirbt zuletzt. In diesen Zeiten erst recht auch beim FCL.

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