Erschwinglicher Motorsport dank Formula V

In Cham startet die erste Schweizer Simulatoren-Meisterschaft

Hochspannung in der Lounge.

(Bild: Thomas Renggli)

Cham war am Samstag Schauplatz des ersten Laufes der Schweizer Simulatoren-Meisterschaft. Dabei kamen Simulatoren zum Einsatz, wie sie auch die Formel-1-Cracks einsetzen. Kopf hinter dem Projekt ist ein Luzerner.

Formel-1-Grand-Prix in Monte Carlo, Indy 500 in Indianapolis – der Automobilrennsport feiert an diesem Wochenende seine grössten Feste. Auch in Cham wurde aufs Gaspedal gedrückt – wenn auch praktisch CO2-neutral und risikofrei. In der Formula V kam am Samstag in der Racing-Lounge an der Lorzenparkstrasse der erste Lauf der Schweizer Meisterschaft zur Austragung.

Formula was? Das V steht für «virtuell». Bei der neuen Rennserie handelt es sich um das erste Schweizer Simulatoren-Championat. Initiator des Projekts ist Software-Unternehmer und Avaloq-Gründer Francisco Fernandez (55).

Mit echtem Formel-1-Lenkrad

Der Luzerner mit spanischen Wurzeln hegt mit der Formula V grosse Pläne. Für einen hohen einstelligen Millionenbetrag hat er die Firma Evotek übernommen, die die Hightech-Simulatoren mit Rundumbildschirm, Hydraulik, original Bremspedal und Steuerrad aus der Formel 1 herstellt. Eines der Geräte, die auch von den Formel-1-Teams zu Testzwecken verwendet werden, kostet je nach Ausstattung zwischen 120‘000 und 180‘000 Franken.

«Wir wollen den Rennsport demokratisieren.»

Francisco Fernandez, Initiator Formula V

Dass es in der Schweizer Meisterschaft um mehr geht als um Ehre und Prestige – um ein Preisgeld in der Gesamthöhe von 100‘000 Franken – prägte schon bei der Premiere-Veranstaltung die Stimmung im Raum: Die Konzentration in den Simulatoren war förmlich greifbar.

Nur das Surren der Simulatoren durchbrach die Stille. Und die Emotionen gingen so hoch wie an einem «echten» Formel-1-Rennen. Eine geballte Faust da, ein konsterniertes Kopfschütteln dort. Oberschiedsrichter Marco Lauber rief zu Fairplay auf: «Es kann nur einen Sieger geben.»

Plötzlich wird der Rennsport erschwinglich

Die eigenen Leistungen wurden von den Fahrern noch im Cockpit akribisch analysiert. Längst nicht jeder war mit seiner Performance glücklich. Denn die Formula V ist kein Kinderspiel – und die technischen und koordinativen Anforderungen sind hoch. Und am Samstag wurde auf einer der legendärsten Rennstrecken der Welt gefahren – auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke des Autodromo Nazionale in Monza.

«Dank der Simulation der G-Kräfte und des Fahrtwindes ist das Gefühl sozusagen Eins-zu-eins.»

Mike Danner, Teilnehmer Formula V

Trotz gelegentlichen technischen Problemen mit den Geräten war Initiator Fernandez zufrieden: «Schauen Sie, wie viel Spass die Menschen haben.» Auf die Frage, was am Ursprung dieser Idee gestanden habe, sagt er: «Wir wollen den Rennsport quasi demokratisieren. Für die meisten Leute ist dieser Sport unerschwinglich. Für eine Saison in der Formel 2 braucht man zwei Millionen Franken. Bei uns kostet ein Jahresabonnement 1’200 Franken.»

Nidwaldner Zwillinge waren die Ersten

Die allerersten, die von diesem Angebot Gebrauch gemacht haben, sind die Nidwaldner Zwillinge Mike und Simon Danner. Sie liebäugelten ursprünglich mit der Teilnahme an der Formel-Renault-Meisterschaft – mussten dann aber aus finanziellen Gründen passen.

«Ein Tag auf der Rennstrecke kostet rund 2’000 Franken», sagt Simon Danner. Neben der Miete und den Reisespesen sind die Reifen und die Mechaniker die grössten Ausgabeposten. Mit den Evotek-Simulatoren bietet sich den beiden nun eine ganz neue Möglichkeit. Hier kommen die Kosten bei einem Renntag bei praktisch realen Verhältnissen auf 100 Franken.

Francisco Fernandez hat mit der Formula V grosse Pläne.

Francisco Fernandez hat mit der Formula V grosse Pläne.

(Bild: Thomas Renggli)

Was «praktisch real» bedeutet, erklärt Mike Danner so: «Dank der Simulation der G-Kräfte und des Fahrtwindes ist das Gefühl sozusagen Eins-zu-eins. Fahrverhalten, Bremspunkte und die Beschleunigung aus dem Kurvenscheitel sind wie in einem echten Rennwagen.»

Cham und Maranello

Solche Worte hört Francisco Fernandez gern. Geht es nach seinen Vorstellungen, wird er seine Idee eher früher als später rund um den Globus etablieren. Vorderhand wird in Cham und am Ferrari-Hauptsitz in Maranello gefahren. In Zürich eröffnet beim Bahnhof Tiefenbrunnen im August die zweite Schweizer Niederlassung.

 Eindrücke der Formula V:

Dass es sich beim virtuellen Rennsport nur um einen kurzfristigen Trend handeln könnte, glaubt Fernandez nicht. Aus Deutschland sei bereits das Angebot eines potenziellen Franchisenehmers eingegangen, der 600 Lounges eröffnen wolle. Für Fernandez ein deutliches Zeichen. «Stellen Sie sich vor, was erst möglich wird, wenn Länder wie China, Indien, Südkorea oder die USA auf den Zug aufspringen.»

Hier dominiert noch Ferrari

In der digitalen Welt sieht Fernandez keine Grenzen: «Wir besitzen die Möglichkeit, die Simulatoren aus verschiedenen Ländern zusammenzuschalten – und so internationale Rennen auszutragen. Dann fahren vier Simulatoren in Maranello gegen vier Simulatoren in Cham.» Schon jetzt sei es möglich, sich mit einem Evotek-Simulator an einem echten Formel-E-Rennen zu beteiligen.

Während Fernandez spricht, läuft im Hintergrund auf dem Grossbildschirm das Qualifying zum Formel-1-Rennen von Monaco. Dort bietet sich das übliche Bild: Die Mercedes-Piloten Hamilton und Bottas führen das Feld an – und die Ferrari-Fahrer kommen zu spät. In Cham könnte das nicht passieren. Denn die Simulatoren entsprechen ausnahmslos dem Ferrari-Modell von 2017. Von einem Silberpfeil fehlt jede Spur.

Gewonnen hat den Event Felix Hirsiger aus Erlenbach.  Er ist ehemaliger Go-Kart Fahrer, welcher aus finanziellen Gründen dem Kartsport den Rücken kehren musste und durch die Formula V den Einstieg in den Rennsport wieder gefunden hat.

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