Sängerin Solong ganz persönlich

Ihr Song soll das Luzerner Stadion zum Beben bringen

Hat den offiziellen Host City Song Luzern für die Frauen-EM geschrieben: Solong. (Bild: zvg)

Sie war talentierte Nachwuchsfussballerin, heute rockt sie als Musikerin die Bühnen des Landes. Nun hat Klara Germanier für die Frauen-EM 2025 den Luzerner Host-City-Song geschrieben.

«Die Sprache des Fussballs versteht jeder», sagt Klara Germanier. Und sie meint das wörtlich. Als sie mit acht Jahren zwei Jahre in den USA lebte, war der Fussball ihr Türöffner. Ohne ein Wort Englisch zu sprechen, fand sie über den Sport Anschluss, schnell, unkompliziert, herzlich. Später spielte sie in der FVRZ-Regionsauswahl, beim FC Zürich mit den beiden heutigen Nationalspielerinnen Noemi Negret und Elvira Herzog.

Heute sagt sie: «Fussball zeigt dir, wie Menschen ticken – ihre Stärken, ihre Schwächen, ihren Charakter.» Bis heute liebt sie das Spiel, schaut Nations-League-Matches und engagiert sich, wenn es ihr Tourplan zulässt, beim integrativen FC Ballerinas.

Mit dem Song «GoGoGo» hat Germanier nun den Luzerner Host-City-Song für die diesjährige Frauenfussball-EM geschrieben. Damit schlägt sie die Brücke zu ihrer zweiten Leidenschaft: der Musik. «Der Fussball hat mich wieder eingeholt», sagt sie und lacht. Beim Dreh des Videoclips, der Strassenfussballszenen und Stadionbilder kombiniert, war sie nach sieben Stunden in der Kälte «komatös eingeschlafen». Das Adrenalin habe sie durch den Tag getragen.

Das Resultat lässt sich sehen: ein kraftvoller, vielschichtiger Song, der Mädchen mit Fussballträumen eine Hymne gibt – ganz ohne Pathos, aber mit Emotion und Aufbruchsstimmung. Auch ehemalige Teamkolleginnen gratulierten ihr zum Song.

Die 26-jährige Klara Germanier. (Bild: zvg)

Wider die Regeln der Männerwelten

Mit 14 Jahren stand Klara an der Kreuzung: Musik-Gymi oder Sport-Gymi? Gitarre oder Fussball? Sie entschied sich für die Musik. Verletzungen und patriarchale Strukturen hatten sie zum Umdenken gebracht: Zyklusunabhängiges Training, Menstruation als Tabuthema, sexualisierte Blicke, Trainer, die sagten, wo es langgeht.

«Ich habe mich oft ohnmächtig gefühlt.»

«Ich habe mich oft ohnmächtig gefühlt», sagt sie rückblickend. Deshalb absolvierte sie später eine Trainerausbildung und startete im Quartier ein Projekt für Mädchenfussball – ein niederschwelliger Einstieg für jene Mädchen, die sich nicht in einen Verein trauen.

Der Fussball hat sie geprägt, aber in der Musik fand sie ihre Stimme. Auch dort kämpft sie gegen verkrustete Strukturen. «In der Oper dürfen Frauen mit Menstruation nicht singen – wegen der Stimmbänder», erzählt sie fassungslos. In Aufnahmestudios sind es oft Männer, die den Ton angeben. Sie setzt dagegen: als Gitarrenlehrerin, als Songwriterin mit feministischer Haltung und als Bandleaderin.

Eine der Bands trägt ihren Namen

Klara spielt in drei Bands, darunter auch in einer, die ihren Namen trägt: Solong. Eigentlich wollte sie die Band nach ihrem mittleren Namen nennen – Solange –, aber der Name war an die grosse Künstler-Schwester von Beyoncé vergeben. Also wich sie aus: Solong, wie der englische Abschiedsgruss so long. Ein Zeichen dafür, dass sich Wege trennen und wieder kreuzen können.

Klara Germanier spielt in drei Bands – eine heisst Solong. (Bild: zvg)

Ihr Bandkollektiv ist bewusst divers: zwei Cis-Frauen, zwei Cis-Männer, eine non-binäre Person. «Ich will, dass sich alle gesehen und gehört fühlen – auf der Bühne wie im Publikum.» Für Klara ist das kein Zufall, sondern eine Haltung, die tief in ihrer eigenen Biografie verankert ist.

Im Fussball wie in der Musik hat sie erlebt, wie wichtig es ist, Räume zu schaffen, in denen man sich zeigen darf. Und das unabhängig von Geschlecht, Ausdruck oder Herkunft. «Empowerment bedeutet nicht nur, dass man anderen Mut macht, sondern auch, dass man selbst daran glaubt, den Ball reinzuschiessen», sagt sie. Das gelte auf dem Spielfeld genauso wie auf der Bühne. «Denn wenn du selbst nicht an dich glaubst, bringt das ganze Gerede nichts.»

Ein Song als Sprungbrett

Der Weg zum EM-Song war mehrstufig. Zuerst schrieb sie drei Wochen lang an den Lyrics, bastelte am Demo und schnitt alles selbst am Laptop zusammen. Erst mit der Zusage für das Luzerner Förderprogramm ging’s ins professionelle Studio, mit zwei Produzentinnen und einem siebenköpfigen Team. «Ich wollte kein Plakat machen, sondern ein Momentum schaffen», sagt sie. «GoGoGo» sei ein Song, der über das Stadion hinauswirke, mit Stadiongefühl, Mitsingpassagen und einer Zeile, die fast wie ein Mantra klingt: «Can’t stop me now.»

«Ich bin glücklich, wenn ich mit dem Song ein Mädchen motiviere, auf den Platz zu gehen.»

Am 5., 8. und 12. Juli steht sie in der Luzerner Fanzone auf der Bühne. 5000 niederländische Fans werden für ein Spiel erwartet. Klara ist nervös, aber vor allem: gespannt. Auf das, was dieser Sommer auslöst. Auf das, was der Song bewegen kann. Und auf das, was danach kommt.

Ihre Gitarre bleibt ihre ständige Begleiterin. Ob bei drei Konzerten pro Woche, im Unterricht am Montag und Dienstag oder im Büro, wo sie stundenlang E-Mails beantwortet und Social Media füttert. Sie lebt minimalistisch in einer WG in Luzerns Neustadt, macht Krafttraining für den Rücken. Sie sagt, «die körperliche Einseitigkeit der Gitarre und das Rumschleppen des vielen Materials braucht Back-Up-Power.» Und träumt gleichzeitig von einem Leben, das ganz der Musik gehört.

Auf dem Weg, sichtbar zu bleiben

«Es geht nicht darum, in den Mainstream zu drängen – aber sichtbar zu sein.» Klara will sich nicht verbiegen, sondern Grenzen verschieben. Sie liebäugelt mit Nischenproduktionen, alternativer Popmusik, mit globalem Sound. Ihre Musik soll verbinden, wie der Fussball. «Ich bin glücklich, wenn ich mit dem Song ein Mädchen motiviere, auf den Platz zu gehen. Vielleicht traut sie sich wegen der Zeile im Refrain. Vielleicht, weil sie das Video gesehen hat. Vielleicht, weil sie denkt: Die ist wie ich.»

Ob Fussball oder Musik: Klara Germanier hat gelernt, dass Empowerment mehr ist als ein Slogan. Es ist ein Lebensentwurf. Einer, der Mut macht.

Hast du den Song von Klara Germanier noch nicht gehört? Dann schau doch mal hier rein:

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Klara Germanier
  • Webite von Solong
  • Instagram-Account von Solong
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