FCL-Sportchef im Interview

«Ich habe mich nicht als Notnagel gefühlt»

FCL-Sportchef Rolf Fringer gefällt seine Rolle beim FC Luzern. (Bild: SRF)

Das Trainersein hat Rolf Fringer hinter sich, als Sportchef scheint er seine Berufung gefunden zu haben. Alle seine negativen Erfahrungen auf der Trainerbank sieht er als beste Lektionen für seine heutige Aufgabe beim FCL. zentral+ sprach mit ihm über Fussball: Über den Meistertraum und Realitätssinn, die Kontinuität im Haifischbecken und die nicht vorhandenen Zweifel, eines Tages auf der Strasse zu stehen.

«Was, Sie wollen gar nicht filmen?», fragt FCL-Sportchef Fringer verdutzt, «dann habe ich vergebens Gel in die Haare getan.» Wir treffen einen sehr entspannten Rolf Fringer zum Interview. Man spürt schnell, es gefällt ihm beim FC Luzern. Auch die Grundstimmung im Verein passt momentan, trotz unnötigen Punktverlusten in den letzten Spielen. Der FCL steht mit 20 Punkten aus 15 Spielen auf dem fünften Tabellenrang. Genügsamkeit ist im Fussball allerdings fehl am Platz. Doch erst zurück zu Fringers Auftritten vor der Kamera.

zentral+: Sie sind zuletzt wieder im SRF als Experte bei Champions-League-Spielen aufgetreten. Mögen Sie solche Auftritte?

Rolf Fringer: Eigentlich schon, es läuft parallel in den Beruf hinein und ist immer wieder interessant. Allerdings, wenn ein Spiel schlecht ist, kann man kaum brillieren. Es gibt dann nichts schönzureden.

zentral+: Wenn Sie Topmannschaften wie Paris, Madrid oder Bayern sehen, kommt da bei Ihnen keine Wehmut auf, weil Sie nicht im Konzert der ganz Grossen mitspielen?

Fringer: Nein, oder ganz sicher nicht mehr. Ich war ja auch Schweizer Nationaltrainer und habe internationale Spiele erlebt. Heute vermisse ich so etwas überhaupt nicht. Im Gegenteil, mir gefällt es in Luzern und es ist immer wieder ein Antrieb, wenn man sieht, dass man sich noch verbessern kann.

zentral+: Also gefällt Ihnen die Aufgabe, mit dem FCL als Ausbildungsverein Spieler zu formen, besser, als mit Millionen ein Topkader zusammenstellen zu können?

Fringer: Das kann man nicht vergleichen. Schlussendlich ist es Fussball und es geht um Menschen. Finanziell haben wir nicht die Möglichkeiten wie andere. Wichtig ist, mit den vorhandenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen optimal zu arbeiten, und ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg.

Hat den Trainingsanzug gegen die Krawatte getauscht. FCL-Sportchef Rolf Fringer (Bild: Martin Meienberger).

Hat den Trainingsanzug gegen die Krawatte getauscht. FCL-Sportchef Rolf Fringer (Bild: Martin Meienberger).

zentral+: Von Ihnen wird erwartet, den Wert Ihrer Spieler zu steigern und Transfererlöse zu erzielen. Wer steht zum Verkauf?

Fringer: Es ist sicher so, dass wir froh wären, Geld einzunehmen. Aber statt zu sagen «wir wollen Spieler verkaufen», konzentrieren wir uns auf unsere Arbeit. Ist man nämlich erfolgreich, so ist jeder einzelne Spieler in einem positiven Licht und sein Marktwert steigt. Also lieber den Weg zum Ziel erklären und schauen, dass wir auf dem Platz eine gute Falle machen. Wir wollen attraktiven, frechen, offensiven Fussball spielen. Und wenn es dann mal so weit ist, kann man auch mal über einen Spielerverkauf sprechen.

zentral+: Aber Sie bewegen sich schon in einem Spannungsfeld. Wenn Sie einen Spieler verkaufen, fordern alle wieder einen gleichwertigen Ersatz.

Fringer: Wichtig ist, in diesen Dingen transparent zu sein. Wir wollen Drive im Team und eine positive Grundstimmung im Verein. Ist ein Verein ein Hühnerhaufen und schlecht geführt, kann er noch so viel Geld ausgeben, er wird trotzdem nie erfolgreich sein. Im Gegenzug kann man mit weniger Mitteln viel erreichen, wenn alle am gleichen Strick ziehen. Das muss unser Weg sein.

«Wenn sich für Markus Babbel eine Türe öffnet, würden wir ihm dazu gratulieren.»

Aber klar, wenn wir einen guten Spieler verkaufen, ist es schwierig, wieder einen gleichwertigen Ersatz zu finden. In den Medien war der Fokus zuletzt auf Dario Lezcano – er ist aber auch schon ein paar Jahre hier. Auch er wurde vom FCL geformt. Sollte er uns einmal verlassen, wäre es wieder unsere Aufgabe, einen neuen Spieler zu formen – auch mit der nötigen Geduld. Hier muss man ehrlich sein. Niemand hat das Gefühl, wir können einen Spieler verkaufen und dann gleich einen besseren aus dem Hut zaubern. Das geht nicht und das versteht eigentlich auch jeder.

zentral+: Ist es zum Teil auch eine Glücksache, wie ein Neuzugang oder ein eigener Junior einschlägt?

Fringer: Natürlich kann man etwas clever machen, aber teilweise ist tatsächlich auch etwas Glück dabei. Wenn wir einen ablösefreien Spieler finden, schauen wir, was möglich ist. Und wie angetönt, der Weg des FCL ist es, Junge zu integrieren und weiterzuentwickeln. Hier wollen wir noch effizienter werden.

FCL-Sportchef Rolf Fringer gemeinsam mit Trainer Markus Babbel. «Was ich als Trainer nicht mochte, mache ich als Sportchef nicht», so Fringer (Bild: Martin Meienberger).

FCL-Sportchef Rolf Fringer gemeinsam mit Trainer Markus Babbel. «Was ich als Trainer nicht mochte, mache ich als Sportchef nicht», so Fringer (Bild: Martin Meienberger).

zentral+: Ein Zauberwort heisst Kontinuität. Und eine wichtige Figur ist der Trainer. Wie geht es mit Trainer Markus Babbel, dessen Vertrag Ende Saison ausläuft, weiter? Täuscht der Eindruck, dass er sein Engagement beim FCL als Sprungbrett zurück in die Bundesliga sieht?

Fringer: Ich denke, wir arbeiten gut zusammen und der Trainer hat immer wieder betont, dass er gerne hier ist und es ihm gefällt. Lieber in einem Verein wie Luzern eine grosse Wertschätzung spüren, als in irgendeinen Chaos-Club wechseln, wo man nicht weiss, wie lang es weitergeht. Klar ist auch, wenn er bei uns gut arbeitet, kann eine Rückkehr in die Bundesliga durchaus ein Thema werden. Aber wir wissen das, und wenn sich für ihn eine Türe öffnen würde, würden wir ihm dazu gratulieren. Wir wären stolz darauf, mit ihm gute Arbeit geleistet zu haben.

«Was ich selbst nicht gerne hatte als Trainer, mache ich als Sportchef nicht.»

Aber zurück zur Frage der Kontinuität. Gerade wenn man junge Spieler ausbilden will, ist dies ein sehr wichtiger Faktor. Ich nenne ein Beispiel: Wenn man drei Trainer pro Saison «braucht», so haben diese gar keine Zeit, sich um den Nachwuchs zu kümmern. Sie müssen immer von der Hand in den Mund leben und setzen dann auf die Routiniers mit der nötigen Erfahrung, um nicht noch weiter abzustürzen. In einem solchen Umfeld können gar keine jungen Spieler gefördert werden. Es braucht deshalb in der Sportabteilung Kontinuität und gute Zusammenarbeit von Trainer und Nachwuchsabteilung. Wir sind auf dem rechten Weg. Da kann man auch hoffen, wieder einmal einen in die erste Mannschaft zu integrieren und vielleicht sogar gewinnbringend zu verkaufen.

zentral+: Sie haben jetzt eigentlich gerade Ihre Situation beschrieben, als Sie 2008 als Trainer zum FCL kamen. Nach zwölf Spielen waren Sie der dritte Trainer und das Team hatte nur zwei Punkte.

Fringer: Es ist ein gutes Beispiel, aber ich hätte auch vor 20 Jahren schon gleich geantwortet. Es kommt hinzu, dass zu meiner Zeit viele Junge gespielt haben: Urtic, Fanger, Pacar oder Sigrist. Deren Karrieren sind aber nachher alle etwas versandet. Aber es war auch damals so, dass wir nicht viel Geld hatten. Dies ist übrigens gar nicht immer schlecht – wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Aber nochmals: In einem schwierigen, hektischen Umfeld mit vielen Wechseln gelingt dies eigentlich kaum.

zentral+: Wie funktioniert es mit Ihnen als ehemaligem Trainer in der Rolle des Sportchefs und Markus Babbel? Reden Sie ihm oft drein?

Fringer: Eigentlich gar nicht. Was wir ins Leben gerufen haben, ist eine wöchentliche Sitzung mit Trainer Markus Babbel, Assistenztrainer Roland Vrabec, Scout Remo Gaugler, Leiter Nachwuchs Genesio Colatrella und U21-Coach Gerardo Seoane. Es geht darum, eine gute Kommunikation zwischen erster Mannschaft und dem Nachwuchs zu haben. Denn die Gefahr ist immer da, dass Spieler auf dem Sprung zur ersten Mannschaft bei der ersten Mannschaft auf der Bank sitzen und deshalb in der U21 keine Spielpraxis sammeln können. Es darf nicht passieren, dass die besten Jungen am wenigsten spielen. Damit genau das nicht passiert, machen wir diese Sitzungen. Und klar vertrete ich gegenüber Markus Babbel gewisse Vereinsinteressen, aber was Aufstellung und Training betrifft, halte ich mich fern. Ich war zu lange Trainer und weiss, dass man nicht dreinreden soll, wenn man nicht immer im Training dabei ist. Ich kenne meine Rolle. Dass man ab und zu Erfahrungen mitteilt, kann es mal geben, aber ich bin sehr zurückhaltend.

«Ich hätte jetzt nicht in erster Priorität einen 30-Jährigen aus der zweiten Bundesliga geholt.»

zentral+: Denken Sie während eines Spiels nie, Sie würden diesen oder jenen Spieler einwechseln oder der Mannschaft diesen Input geben?

Fringer: Naja, da ich lange Trainer war, weiss ich, dass wenn sechs sich einlaufen und ich drei bringen kann, es Geschmacksache ist, wen ich bringe. Ich kann einen einwechseln, der sich unter der Woche aufgedrängt hat – was der Zuschauer gar nicht nachvollziehen kann. Das ist schlussendlich Intuition und das muss man dem Trainer überlassen. Natürlich denke ich manchmal schon, man könnte einen Frischen bringen, aber weil ich eben weiss, wies läuft, ärgert mich das im Nachhinein nicht. Als ich mich entschied, Sportchef zu werden, wusste ich meine Rolle. Was ich selbst nicht gerne hatte als Trainer, mache ich als Sportchef nicht.

zentral+: Eine Rückkehr auf die Trainerbank ist kein Thema?

Fringer: Nein, überhaupt nicht. Diese neue Herausforderung als Sportchef ist mir auf den Leib geschnitten.

zentral+: Ihr Köngistransfer Migjen Basha konnte bisher noch nicht vollständig überzeugen. Verstehen Sie das oder ist das eine Art Niederlage für Sie?

Fringer: Erstmal: Jeder Transfer ist in Absprache mit den Trainern getätigt worden. Die Möglichkeit anerbot sich und die Trainer wollten ihn. Dann ist man solidarisch und in der Regel ist es ideal, wenn alle das Gleiche wollen. Es bringt rein gar nichts, jemanden zu holen, den der Trainer nicht will. Wir wussten, dass Basha keine Vorbereitung hatte, und deshalb hat Babbel ihn nicht laufen lassen. Aber wer hat gespielt? Hekuran Kryeziu oder Remo Arnold – zwei Eigengewächse. Ich wüsste also gar nicht, weshalb ich irgendwie eingeschnappt sein sollte, im Gegenteil. Und, wenn man Spieler wie Basha oder auch Sebastian Schachten auf der Bank hat, ist dies sehr leistungsfördernd. Es können nun mal nicht in jedem Spiel zwanzig spielen.

«Im heutigen Fussball ist es gar nicht möglich, dass du nie entlassen wirst.»

zentral+: Ein etwas älterer Spieler, wie die beiden Angesprochenen Basha und Schachten, kann es wohl auch besser einschätzen, mal auf der Bank zu sitzen. Während ein 19-jähriger den Ehrgeiz hat, in jedem Spiel auf dem Platz zu stehen, um seine Karriere voranzutreiben.

Rolf Fringers Trainerstationen

1986–1987 FC Altdorf (Spielertrainer)

1987–1990 FC Schaffhausen (Spielertrainer)

1990–1992 FC Schaffhausen

1992–1995 FC Aarau

1995–1996 VfB Stuttgart

1996–1997 Schweizer Nationalmannschaft

1998 Grasshopper Club Zürich

2000–2002 FC Aarau

2003 Al-Wahda

2004 Apollon Limassol

2004–2005 PAOK Saloniki

2006–2007 FC St. Gallen

2008–2011 FC Luzern

2012 FC Zürich

Fringer: Genau, Sebastian Schachten ist ein gutes Beispiel. Er war ein Wunschspieler der Trainer, ich hätte jetzt nicht in erster Priorität einen 30-jährigen aus der zweiten Bundesliga geholt. Aber wir sind letzte Saison schier abgestiegen und die Trainer bemängelten, zu wenige Persönlichkeiten in der Mannschaft zu haben. Assistenztrainer Roland Vrabec kannte Schachten aus seiner Zeit bei Sankt Pauli. Er wollte ihn, weil er der Mannschaft auch in der Kabine viel bringt. Und jetzt hat Schachten nicht viel gespielt, aber was haben wir gesehen, der Spieler auf seiner Position, Jérôme Thiesson, spielt überragend. Wenn ein 17-Jähriger auf der Bank sitzt, wirkt sich das nicht so leistungsfördernd aus. So gesehen, ist auch einer, der nicht immer spielt, wichtig. Ein gutes Beispiel war auch Christain Ianu im letzten Jahr. Schneuwly und Lezcano machten eine top Rückrunde, aber wäre Ianu nicht gekommen – und da bin ich überzeugt –, hätten beide Stürmer viel weniger Tore erzielt.

zentral+: Wie viele FCL-Spieler gehen nächsten Sommer an die EM?

Fringer: Das ist eine schwierige Frage. Basha wird bei uns spielen müssen, damit er mit Albanien nach Frankreich fährt. Bei Jakob Jantscher gehe ich schon davon aus, dass er mit Österreich gehen kann. Wer weiss, vielleicht macht jemand den Knopf auf, etwa François Affolter für die Schweiz oder Jahmir Hyka für Albanien. Auch hier ist wieder der Gesamterfolg des FCL wichtig. Wenn wir erfolgreich spielen, dann hilft das allen und jeder Spieler ist im positiven Licht.

zentral+: Sie sind ja Österreicher. Deren Nationalelf hat sich zum ersten Mal auf sportlichem Weg für eine EM qualifiziert. Wem drücken Sie an der EM die Daumen?

Fringer: Also für mich kommt nur die Schweiz infrage, Österreicher bin ich nur auf dem Papier. Ich habe schnell Demut gelernt, weil ich mit dem österreichischen Pass aufwachsen musste. Aber in der Tat, die Österreicher haben momentan eine grosse Euphorie, wobei auch dort die Stimmung schnell kippen kann.

zentral+: Als Sie nach Luzern kamen, wurden Sie als Notnagel bezeichnet. «Schon wieder der Fringer», hiess es. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Fringer: Man muss einfach eins sehen: wenn man so lange dabei ist wie ich, hat man vieles erlebt. Man trägt einen Rucksack mit sich. Und im heutigen Fussball ist es gar nicht möglich, dass du nie entlassen wirst. Ich habe aber immer gesagt, von drei Entlassungen sind zwei Managementfehler. Der Trainer ist leider immer verantwortlich, aber selten schuld. Also ich habe mich bei meiner Ankunft überhaupt nicht als Notnagel gefühlt. Wichtig ist in der Regel immer, dass die Leute klatschen, wenn man geht und nicht wenn man kommt. Und wir in der Schweiz haben sowieso die Mentalität, immer extrem kritisch zu sein. Kaum eine Neuer wird euphorisch begrüsst, die Kritik dominiert meist. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land.

zentral+: Es gab noch die Geschichte mit der Entlassung beim FCZ – Sie zogen den Fall vor Gericht. Waren Sie vor Ihrem Engagement beim FCL auch eine Zeit arbeitslos?

Fringer: Während der Gerichtsgeschichte lief der Vertrag im Sommer 2014 aus. Ich sagte mir, ab Anfang 2015 wieder im Geschäft sein zu wollen. Ich hätte schon stempeln gehen können, das habe ich aber nicht gemacht. Von der Terminierung passte es mit dem FCL perfekt. Es hat sich wieder eine Türe geöffnet, wie eigentlich immer – ich hatte das irgendwie gespürt.

«Wenn ich sage, wir wollen vor Basel kommen, dann ist das grössenwahnsinnig.»

zentral+: Fussball ist sehr ein schnelllebiges Geschäft, haben Sie nie Angst, vor dem Nichts zu stehen und auch existenziell bedroht zu sein?

Fringer: Eigentlich nicht. Bei mir muss man etwas zurückschauen. Ich hatte sieben, acht super Jahre. Aarau, Bundesliga, ich war nicht einmal 40, als ich Nati-Trainer war. Ich hatte dann privat eine Scheidung und hatte meine Kinder nicht mehr bei mir. Dies war hart und ich konnte mir nicht vorstellen, ohne meine beiden damals sechs und neun Jahre alten Kinder aufzuwachsen. Ich hatte dann während fast zehn Jahren immer kurze Engagements, aber ich hatte diese richtiggehend angezogen und die Leute hatten das Gefühl, «den Fringer kann man nicht mehr brauchen». Ich hatte aber immer Gewissheit, dass sich wieder eine Türe öffnet. Ich ging nach jedem Engagement glücklich zu meinen Kindern zurück. Auch moralisch hat es für mich gestimmt. Jetzt habe ich noch mehr Erfahrung und auch Vertrauen in meine Fähigkeiten und eine positive Zukunft.

zentral+: Jetzt beim FCL ist es aber wieder etwas Langfristiges? Sie scheinen einen gelösten und zufriedenen Eindruck zu machen.

Fringer: Das kann man so sagen. Ich hatte immer Glück und konnte mein Hobby zum Beruf machen. Erst als Halbprofi, dann durfte ich Trainer werden. Und jetzt halt Sportchef. Ich schätze mich in einer glücklichen Lage. Wie könnte ich nicht zufrieden sein? Natürlich musste man ab und zu den Kopf hinhalten und beissen, ich kam schon dran, aber das musste ich akzeptieren.

zentral+: Zum Ehrgeiz als Sportchef: Wann gibt es einen Titel für den FC Luzern? Oder sind Sie hier zu stark Realist?

Fringer: Beides. Wissen Sie, wenn ich sage, wir wollen vor Basel kommen, dann ist das grössenwahnsinnig. Mit ambitionierten Zielen hat dies wenig zu tun, es wäre eher eine Dummheit. Und wenn jemand einschätzen kann, dass man mit bescheidenen Mitteln viel erreichen kann, bin auch noch ich das. Denn ich habe es mit dem FC Aarau bewiesen, als wir 1993 den Titel gewannen. Ich kenne die Zusammenhänge schon. Es braucht Vernunft und gesunden Menschenverstand. Man muss nicht von diesen Zielen reden, sondern sich aufs Arbeiten konzentrieren. Auf einmal kann man etwas erreichen, womit niemand gerechnet hätte. Natürlich habe ich den Antrieb, immer zu gewinnen. Aber wir thematisieren das nicht.

«Wenn es gut läuft, kann man europäisch spielen, wenn nicht, ist man im Abstiegskampf.»

zentral+: Gibt es Vereine mit Vorbildfunktion?

Fringer: Ja, es gibt viele Vereine, etwa Augsburg in Deutschland oder Thun, die es sogar ins internationale Geschäft geschafft haben. Aber bei uns ist die Erwartungshaltung natürlich schnell viel höher. Das Schlimmste ist eine zu hohe Erwartungshaltung – das ist ein Bumerang. Wie man sich bettet, so liegt man. In jeder Liga gibt es positive Beispiele, wie das funktioniert. Man muss gegen aussen bescheiden bleiben und gut arbeiten. Das ist viel besser als schlecht zu arbeiten und ein grosses Maul zu haben.

Rolf Fringer verfolgt die Fussballspiele nicht mehr von der Trainerbank, sondern von der Tribüne aus. Hier gemeinsam mit FCL-Präsident Ruedi Stäger (Foto: Martin Meienberger).

Rolf Fringer verfolgt die Fussballspiele nicht mehr von der Trainerbank, sondern von der Tribüne aus. Hier gemeinsam mit FCL-Präsident Ruedi Stäger (Foto: Martin Meienberger).

(Bild: Martin Meienberger)

zentral+: Rechnen Sie auch mit Rückschlägen?

Fringer: Genau, das kann es immer geben. Wir sind in der Schweiz und haben eine Zehner-Liga. Mit ein bisschen Problemen bist du im Abstiegskampf. In Spanien mit 20 Teams kannst du fünf Plätze zurückfallen und nichts passiert. In der Schweiz beginnt sofort das grosse Zittern. Wir können nicht davon ausgehen, zehn Jahre Ruhe zu haben. Wenn es gut läuft, kann man europäisch spielen, wenn nicht, ist man im Abstiegskampf. Aber das ist auch schön so, denn der Fussball lebt von der Polemik. Sonst wäre es doch langweilig.

zentral+: Sie haben jetzt schon einige Male die Erwartungshaltung der Luzerner Fans angesprochen. Sagen Sie doch noch einige Worte zu den Fans.

Fringer: Gerne. Also die Unterstützung im Stadion ist super, aber insbesondere auch auswärts sind die Fans sehr wertvoll. Das schätzen wir sehr. Ich glaube auch, dass der FCL-Fan realistischer wurde. Natürlich wollen sie immer gewinnen, aber sie wissen, wer wir sind und wo wir hingehören. So wie wir versuchen, etwas Überraschendes zu erreichen, will der Fan das natürlich auch. Die Fans haben eine gute Antenne für die Situation des FCL. Wir können stolz auf sie sein.

zentral+: Und wie gefällt es Ihnen sonst in der Zentralschweiz? Wohnen Sie eigentlich hier?

Fringer: Ich wohne seit 2009 in der Innerschweiz. Mir gefällt es sehr. Ich war von 1981 bis 1986 Spieler hier und sagte immer, ich möchte wieder hierhin zurück. Ich werde nun bald 59 Jahre alt und kann mir eigentlich nichts Schöneres vorstellen, als in Luzern zu bleiben. Erstens wegen den unkomplizierten Leuten, zweitens wegen der Schönheit der Region.

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