Autor Bänz Friedli über FCL-Coach Thomas Häberli

«Häbi hat sich noch nicht diese langweilige Profi-Coolness zugelegt»

Kann auch zuhören: Thomas Häberli (rechts) vor zehn Jahren an einem Turnier mit Bänz Friedli.

(Bild: Privat / zvg)

Beim Spiel gegen die Young Boys steht ein Mann im Zentrum: Thomas Häberli, Erfolgscoach des FCL und einst Legende bei den Bernern. Bänz Friedli, der bald im Luzerner Kleintheater über Fussballer herzieht, kennt den Ballwiler gut. zentralplus hat mit dem Kabarettisten über Satire im Fussball, den «ordinären Geldgeber» des FCL und den Kultstatus von Häberli in Bern gesprochen.

Hinweis: Das Spiel zwischen dem FCL und YB musste wegen Schneefall verschoben werden.

zentralplus: Bänz Friedli, was macht einen Trainer speziell?

Bänz Friedli: An Jürgen Klopp mag ich den Humor, an Adi Hütter mochte ich die Nüchternheit, an «Häbi», dass er einfach der Häbi ist.

zentralplus: Sie meinen Thomas Häberli, den Sie ja sehr gut kennen. Ist er wirklich nach Geri Seoane der zweite Zauberlehrling des FCL?

Friedli: Hoffentlich kein «Zauberlehrling» im Goethe’schen Sinn, dem dann alles über den Kopf wächst, sondern ein zauberhafter Newcomer. Seoane ist ja hyperbeherrscht, lässt sich nichts anmerken. Das macht es zwar schwer, ihn ins Herz zu schliessen, aber solange er Erfolg hat, mag man ihn doch. «Häbi» ist viel nahbarer. Mir gefällt sehr, wie er sich in Interviews gibt: fast schüchtern, aber völlig unverkrampft. Und ich glaube, dass ihm diese «normale» Art auch im Umgang mit den Spielern sehr hilft.

«Wir Fans mochten Häberli, weil er der ‹liebe Siech› war, der Normalo, der erst spät Profi wurde und stets demütig, bescheiden blieb.»

Bänz Friedli

zentralplus: Haben Sie die Cup-Sensation am Aschermittwoch miterlebt, als der FCL die Young Boys 4:0 besiegte?

Friedli: Nur am TV. Luzern hat so hochverdient gewonnen, dass ich mich kaum über die schwache YB-Leistung ärgerte. Vielmehr mochte ich es dem Häbi so gönnen, dass ich ihm noch vor dem Schlusspfiff per Whatsapp gratulierte.

Thomas Häberli tritt mit dem FC Luzern zum zweiten Mal gegen YB an.

Thomas Häberli tritt mit dem FC Luzern zum zweiten Mal gegen YB an.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

zentralplus: Was war der Anteil Häberlis?

Friedli: Er war bestimmt doppelt motiviert. Ging es doch auch darum, es YB und dem FC Basel ein bisschen zu zeigen – bei beiden Vereinen hat er als Trainer keine echte Chance erhalten, war er nur Lückenbüsser. Es muss ihm gelungen sein, diese trotzige Motivation auf die Spieler zu übertragen. Ein idealer Einstieg für ihn.

Schreiben und Bühnen bespielen

Bänz Friedli (53) ist ein Berner Wortkünstler, der schreibt und Bühnen bespielt. Für «20 Minuten» verfasste er die Kolumne «Pendlerregeln», im «Migros-Magazin» ist der einstige Hausmann meistgelesener Kolumnist der Schweiz. Seine Kabarettprogramme sind legendär, 2015 erhielt er den Salzburger Stier, den Oscar für deutschsprachige Kleinkunst. Friedli ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt in Zürich. Vom 16. bis 20. April tritt er viermal im Luzerner Kleintheater auf. Friedli ist YB-Fan und schrieb zusammen mit Pedro Lenz, Klaus Zaugg und anderen ein Buch über den ersten Titel der Berner Fussballer nach 32 Jahren: «Wo das Tram nicht hinfährt, sind wir daheim – das YB-Meisterbuch 2018». 

zentralplus: Er soll sozial sehr engagiert sein, auch im Team. Wie das?

Friedli: Er galt seit je als «der liebe Kerl». Eigentlich fast zu lieb, zu sanft, zu anständig für den Spitzenfussball. Deshalb erhielt er in der Nati nie seine echte Chance, bekam er bei YB und Basel keinen Topjob. Jetzt kann er zeigen, dass «der liebe Kerl», der es gesundheitlich und familiär nicht immer einfach hatte und der privat einiges bestehen musste, eben auch ein sozialkompetenter, aufrichtiger Coach sein kann. 

zentralplus: Sie sind YB-Fan. Wie kam das?

Friedli: Schicksal, das wählst du nicht aus. Ich bin Berner, der heute allerdings in Zürich lebt. 

zentralplus: Thomas Häberli war auch bei YB eine wichtige Figur. Wieso?

Friedli: Wir Fans mochten ihn, weil er eben der «liebe Siech» war, der Normalo, der erst spät Profi wurde und stets demütig, bescheiden blieb. Ein Star ohne Allüren. Und wir mochten ihn – so doof sind wir dann halt wieder –, weil er viele Tore erzielte, der «Häbi-häbi-häbi-häbi-Gool» …  

zentralplus: Weshalb läuft im Moment alles rund beim FCL?

Friedli: Weil Häbi ein lieber Siech ist. 

zentralplus: Weshalb könnte das bald ändern?

Friedli: Weil er ein zu lieber Siech ist. 

Thomas Häberli hat gut lachen: Der Start in seinen ersten Job als Cheftrainer ist ihm mit dem FCL bislang geglückt.

Thomas Häberli hat gut lachen: Der Start in seinen ersten Job als Cheftrainer ist ihm mit dem FCL bislang geglückt.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

zentralplus: Sie sind eine «Mischung aus Emil (Liebe für die Figuren), Cés Keiser (Sprachwitz), Franz Hohler (politische Schärfe) und Peach Weber (Anarchie)», wie in der «NZZ» zu lesen war. Wie würden Sie Häberli charakterisieren?

Friedli: «Häbis» grosse Stärke könnte werden, dass er eben nicht wie andere ist, sondern der Bauernbub aus «Baubu», aus Ballwil. Authentisch, das Modewort trifft auf ihn zu.

zentralplus: Welches sind Häberlis Stärken?

Friedli: Aufrichtig, bescheiden, umgänglich. Und er versteht viel mehr von Fussball, als manche denken.  

zentralplus: Und seine Schwächen?

Friedli: Ist das eine Schwäche, dass er sich noch nicht diese langweilige Profi-Coolness zugelegt hat?

zentralplus: Was macht der FCL richtig?

Friedli: Er lässt Häbi momentan gewähren. 

zentralplus: Was könnte bald falsch laufen?

Friedli: Der Klub wird ihm wieder bei erstbester Gelegenheit dreinreden. Dieser Geldgeber, der sich bei jeder Gelegenheit wichtig macht und öffentlich ziemlich ordinär über das Personal herzieht, ist ätzend. Seine Interviews beginnen meist mit: «Ich verstehe nichts von Fussball, aber …» Und dann redet er seinen Leuten doch über die Länge einer «Blick»-Doppelseite drein.

«Der FCL ist ein FC Hollywood, stets turbulent, aber irgendwie sympa.»

zentralplus: Ihr persönliches Verhältnis zum FCL?

Friedli: Da ich viele Freunde in Luzern habe, leide ich seit Jahren auch mit dem FCL mit. Ein FC Hollywood, stets turbulent, aber irgendwie sympa … Nicht zuletzt ist der FCL stets ein wunderbarer Gegenstand für Satire, denn er wird in der Innerschweiz leidenschaftlich geliebt und mit Verve verhandelt. Er lässt nicht kalt.

zentralplus: Was mögen Sie an der Stadt Luzern?

Friedli: Meine Liebste und ich verbringen öfter Erholweekends in Luzern in einem der schönen Hotels. Das «Kleintheater» ist eine meiner liebsten Auftrittsstätten. Zweimal im Jahr darf ich dort die Live-Sendung «Ohrfeigen» für Radio SRF1 moderieren. Es ist immer ein Heimkommen. Und am Lucerne Blues Festival bin ich seit zwanzig Jahren Dauergast.  

zentralplus: Die Welt ist voller Satire, das bieten Sie auch auf der Bühne. Wie sieht die Satire im Fussball aus?

Friedli: Er bietet Realsatire zuhauf. Unfreiwillig hohle Fussballersprüche dürfen in keinem meiner Programme fehlen. Und im letzten war meine Hassliebe zu YB der rote Faden … 

zentralplus: Tote-Hosen-Sänger Campino liebt Düsseldorf und Arsenal, Kuno Lauener ist ein Freund von Häberli. Wie äussert sich der Brückenschlag von Kultur und Fussball?

Friedli: Es gibt viele schöne Songs über Fussball, die schönsten sind Verliererlieder: «Don’t come hometoo soon» von DelAmitri und «Sendeschluss» von BAP. Spitzensportler und Künstler haben ohnehin ein ähnliches Leben. Sie müssen am Tag X ihre bestmögliche Leistung erbringen, egal, wie es ihnen privat gerade geht. Sie müssen fokussieren können und immer voll im Hier und Jetzt sein. Mir sind schon Auftritte missraten, weil ich nicht «auf dem Bitz» stand, wie es im Fussball heissen würde: weil ich nicht ganz parat war und nicht zu 100 Prozent auf der Bühne präsent.  

Kann auch spielen: Bänz Friedli als Teamältester bei Deportivo La Habana Zürich.

Kann auch spielen: Bänz Friedli als Teamältester bei Deportivo La Habana Zürich.

(Bild: Privat / zvg)

zentralplus: Haben Sie wie Kuno Lauener auch mal Fussball gespielt?

Friedli: Ich beginne grad meine 21. Saison in der Zürcher Alternativliga. Kuno war ja mal ein vielversprechender Junior, meines Wissens beim FC Köniz. Gegeneinander gespielt haben wir ein einziges Mal, 1995, Züri West gegen Journalisten. Die «Züris» gewannen. 

zentralplus: Züri West verehren den neuen FCL-Trainer sehr: Haben Sie die Band als The Häberlis 2008 vor über 25’000 Zuschauern im Wankdorf-Stadion in Bern erlebt?

Friedli: Dieses Konzert habe ich leider verpasst. Aber ich sah sie schon 1985 in besetzten Häusern in Bern und seither immer wieder. Die Band ist besser denn je.  

Im Video sieht man The Häberlis im Jahr 2008:


zentralplus: Auch der Friedli sei besser denn je – das hört man von Ihrem Programm «Was würde Elvis sagen?», mit dem Sie vom 16. bis 20. April viermal im Luzerner Kleintheater auftreten. Sie haben es mit Stars, Sie haben es aber auch mit Fussballern. Mit welchen?

Friedli: Nicht mehr mit besonders vielen. Die Persönlichkeiten sind rar geworden. Guillaume Hoarau von YB ist noch einer, mit dem man über Musik reden kann, über Rassismus, über unangemessenen Personenkult. Er ist sich der Ambivalenz durchaus bewusst: Dieselben YB-Fans, die sich noch im Herbst darüber ereifert hätten, es seien «zu viele Schwarze» im Team, würden am lautesten schreien, sobald das Team Meister sei, sagte er kurz vor dem letztjährigen Titel. «La victoire n’a pas de couleur» – wenn man gewinne, sei man plötzlich kein Farbiger mehr. Sonst aber schon. Ein sensibler und intelligenter Kerl, dieser Hoarau. Und ein grossartiger Fussballer. Auch, weil sein Horizont weiter ist als die 105 mal 68 Meter eines Spielfelds.

«Diese verhätschelten Fussball-Bubis sind ein Ärgernis.»

zentralplus: Für Büne Huber von Patent Ochsner sind Tschütteler allerdings Weicheier, Eishockeyaner hingegen die wahren Männer. Wie sehen Sie das?

Friedli: Büne hatte mit seiner Tirade schon recht. Diese verhätschelten Fussball-Bubis sind ein Ärgernis. Und das Simulieren à la Neymar ist es sowieso. Wissen Sie, was? Bei den Frauen sieht man das fast nie. Wird eine Frau gefoult, steht sie wieder auf und spielt weiter. Überhaupt ist der Frauenfussball frei von Allüren.  

zentralplus: Zurück zu Hubers Aussage: Regen tätowierte Fussballer Sie auch auf?

Friedli: Nicht der Tattoos wegen, aber weil diese Tätowierungen ja für die Gleichschaltung und allgemeine Langeweile stehen: Sie sehen alle gleich aus, sind alle ähnlich frisiert, sondern allesamt dieselben leeren Worthülsen ab. Natürlich ist das nicht nur die Schuld dieser jungen Männer, sie sind einfach Opfer eines Business, in dem es um krankhaft viel Geld geht. Da sagt man lieber nichts als ein falsches Wort. 

zentralplus: Welches sind Ihre Fussballhelden?

Friedli: Roberto Baggio war der beste, fantasievollste Spieler aller Zeiten. Dass er in dem Moment, der seine Karriere hätte krönen sollen, einen Penalty verschoss, im WM-Final von 1994, war ein Scheitern von schon fast biblischem Ausmass. Bei YB mochte ich immer die Normalos, die Chrampfer-Typen, die am Boden geblieben waren: Kurt Feuz, Erich Hänzi, «Wuschu» Spycher, «Häbi-Gool» …

«Vielleicht ist Häberli bis dann ja doch noch YB-Trainer? YB wirbt ja gern erfolgreiche Luzerner Coaches ab …»

zentralplus: Über solche Chrampfer schrieben Sie nicht nur im YB-Buch (siehe Box), sondern auch im Magazin «Nr. 1», das Sie mit herausgegeben haben (zentralplus berichtete). War das ein Erfolg? Gibt es auch eine «Nr. 2»?

Friedli: Die Rückmeldungen auf dieses eigentlich einmalige Sportmagazin waren und sind so überwältigend, dass wir uns das tatsächlich überlegen. Also mal abwarten! Ich könnte ja dann über «Häbi» schreiben. Wer weiss, vielleicht ist er bis dann ja doch noch YB-Trainer? YB wirbt ja gern erfolgreiche Luzerner Coaches ab … 

Liebt Fussball und Musik: Kabarettist Bänz Friedli, hier mit Elvis-Maske.

Liebt Fussball und Musik: Kabarettist Bänz Friedli, hier mit Elvis-Maske.

(Bild: Vera Hartmann / zvg)

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