Jetzt spricht der geschasste FCL-Sportchef

Fringer: «Ich wollte Vrabec zum Cheftrainer machen»

Markus Babbel, Christian Schneuwly und Roland Vrabec (von links) diskutieren im Trainingslager in Spanien. Wäre es nach Fringer gegangen, hätte Vrabec Babbel als Cheftrainer abgelöst. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Knall auf Fall wurde Rolf Fringer (59) als FCL-Sportchef entlassen. Grund: Er hat ungeniert und ohne Rückendeckung am Stuhl des Cheftrainers, Markus Babbel, gesägt. Im Interview mit zentral+ bereut Fringer aber nichts. Und er ist noch immer sehr wütend auf den FCL-Präsidenten.

Fussball ist ein schnelllebiges Geschäft. Trainer, Präsidenten, Sportchefs und Spieler kommen und gehen. Entlassungen und Neuverpflichtungen geben medial immer für ein paar Tage zu reden, dann geht’s zur Tagesordnung über. Speziell auch beim FC Luzern. So gehört Rolf Fringers überraschende, am 7. Januar vollzogene sofortige Freistellung als FCL-Sportchef schon bald der Vergangenheit an. Aktuell beherrschen die Millionen-Verkäufe von Dario Lezcano (für 2,75 Millionen an Ingoldstadt) und Remo Freuler (für 1,6 Millionen zu Atalanta Bergamo) sowie der Zuzug von Christian Schneuwly (für 0,5 Millionen vom FC Zürich) die Schlagzeilen.

Inkompetenz und Führungsschwäche?

Auch der Groll vieler Fans gegen die FCL-Clubleitung unter Präsident Rudolf Stäger wird sich legen. Aktuell aber geben die vielen Fringer-Fans und selbsternannten Fussballexperten noch immer Vollgas und schiessen etwa in Leserbriefen aus allen Rohren auf Stäger und die FCL-Teppichetage. Von fussballerischer Inkompetenz, Profilierungsneurosen und Führungsschwäche ist die Rede. Fringer selber hat bis heute zu den Gründen geschwiegen. Auf Anfrage von zentralplus nimmt er, der aktuell ferienhalber in Thailand weilt, nun erstmals Stellung.

zentralplus: Rolf Fringer, es wird viel spekuliert über die wahren Gründe Ihres abrupten Abgangs als FCL-Sportchef. Hier in Luzern stehen zwar viele Fussballfans hinter Ihnen. Allerdings gibt es andere, die Ihnen so einiges vorwerfen: Sie hätten viele Vertragsverhandlungen mit wichtigen Spielern wie Wiss, Bozanic oder Arnold blockiert; Sie hätten hinter dem Rücken der FCL-Führung und des Trainers Markus Babbel versucht, Ex-YB-Trainer Uli Forte oder Co-Trainer Roland Vrabec als neuen Cheftrainer einzusetzen; Sie hätten sich in die Arbeit des Trainerstaffs eingemischt; Sie hätten den Nachwuchs vernachlässigt; Ihre Transferbilanz sei lausig; was sagen Sie dazu?

Rolf Fringer: Das Ganze ist ein Witz! Weil Roland Vrabec diesen Sommer den FCL verlassen wollte (Anmerkung der Redaktion: Vrabec verlässt den FCL nun definitv im Sommer), wollte ich ihn zum Cheftrainer machen. Am derzeitigen Erfolg der Mannschaft war er zu etwa 80 Prozent beteiligt. Die ganze Mannschaft hält viel von ihm. Das wäre Kontinuität gewesen. Nur weil ich mich dafür eingesetzt habe, wurde ich von Präsident Stäger ohne Vorwarnung abserviert. Nur das ist die Wahrheit! Es ist ein absoluter Skandal.

Zwischen Ruedi Stäger (links) und Rolf Fringer ist das Geschirr zerschlagen.

Zwischen Ruedi Stäger (links) und Rolf Fringer ist das Geschirr zerschlagen.

(Bild: Martin Meienberger)

zentralplus: Nun verlässt Vrabec den FCL im Sommer. Und Sie haben sich offensichtlich verpokert und Ihren Einfluss überschätzt: Der FCL-Verwaltungsrat hat sich gegen Sie und für Babbel entschieden. Jetzt müssen sie sich nach nur einem Jahr beim FCL sowie diversen vorherigen Kurz-Engagements schon wieder einen neuen Job suchen. Bereuen Sie Ihr Vorpreschen im Nachhinein? Wär’s nicht schlauer gewesen, wenn Sie den Trainerwechsel weniger stark forciert hätten? Dann wären Sie noch immer Sportchef beim FCL.

Rolf Fringer: Das hat mit Pokern nichts zu tun. Die Aufgabe eines Sportchefs ist doch, die beste Lösung proaktiv anzugehen. Schliesslich kann ich das in meiner Funktion am besten einschätzen, keiner ist näher dran, jeder sollte in seinem Kompetenzbereich arbeiten. Das war die letzten zwölf Monate der Fall. Man(n) muss doch nicht immer abwarten, bis es nicht mehr läuft!

zentralplus: Also würden Sie im Nachhinein nichts anders machen?

Rolf Fringer: Nein, weil ich das Beste für den FCL will! Schauen Sie, der FCL bezahlt ja bekanntlich heute noch für den im Herbst 2014 entlassenen Ex-Trainer Carlos Bernegger.

zentralplus: Sie kriegen nun noch bis Ende April den Lohn vom FCL. Wie geht’s danach weiter? Möchten Sie auch weiterhin als Sportchef arbeiten?

Rolf Fringer: Das werden wir sehen. Es geht im Leben immer weiter.

zentral+ hat aufgrund Fringers Aussagen dem FCL folgende Fragen gestellt:

  • War der von Fringer gewünschte Trainerwechsel ausschlaggebend für die sofortige Freistellung des Ex-Sportchefs?
  • Bei vielen Leuten war Fringer sehr beliebt. Dem Club ging’s ganz gut. Warum gab’s keine andere Lösung als die Freistellung?
  • Bei Markus Babbel muss damit gerechnet werden, dass er den FCL bald wieder verlassen könnte. Vrabec hätte als Cheftrainer evtl. länger amten können. Welches waren die Argumente, die beim FCL schliesslich für Babbel und somit gegen Fringer und Vrabec sprachen?

Doch beim FCL mag man sich zu diesem Thema nicht mehr äussern. Mediensprecher Max Fischer teilt nach Rücksprache mit Ruedi Stäger bloss mit: «Die Entlassung ist breit abgestützt und wird von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung vollumfänglich getragen. Es kam zu einem gravierenden Vertrauensverlust, der ein sofortiges Handeln nötig machte.»

Aber wie erwähnt, ist das Fussballbusiness ein schnelllebiges Pflaster. Oder um es in den Worten eines enttäuschten FCL-Fans zu sagen: «Wenn wir Cupsieger werden, ist alles wieder egal.» Da hat er wohl recht. Schon den Cuphalbfinal vom 2. März in Luzern gegen Lugano zu gewinnen, würde Ruedi Stäger und seiner Entourage wieder etwas Luft verschaffen. Und wenn der FCL dann in Zürich auch noch den Cup gewinnt, wird Stäger wohl die FCL-Ehrenmedaille verliehen.

Langeweile, so viel ist klar, kommt rund um den FCL nie auf.

Sportchefs auf dem Schleudersitz

Braucht’s beim FC Luzern einen Sportchef? Über diese Frage wurde lang und intensiv diskutiert. Schliesslich machte vor vier Jahren Heinz Hermann den Auftakt, allerdings war das ein kurzer, farbloser Auftritt (Mai 2012 bis Februar 2013). Ihm folgte Alex Frei (April 2014 bis Dezember 2014), der nach heftiger Kritik aber auch schon nach wenigen Monaten entnervt das Handtuch warf. Und nun hat sich auch Rolf Fringers Verpflichtung als Kurzaufenthalt erwiesen (Dezember 2014 bis 7. Januar 2016). zentral+ wollte vom FCL wissen, was dieses Amt so anspruchsvoll macht und ob sich der FCL überlegt, künftig wieder darauf zu verzichten. Antwort des FCL: «Die Aufgabe eines Sportchefs beinhaltet vielerlei Aufgaben. Gefragt sind etwa fussballtechnischer Sachverstand, ein grosses und relevantes Netzwerk, betriebswirtschaftliche Kenntnisse, strategische Planung, Personalführung, Kommunikation. Das macht die Aufgabe extrem reizvoll, aber auch extrem schwierig. Wir haben die Aufgaben von Rolf Fringer nun auf mehrere Fachleute verteilt. Dank dieser Aufteilung können wir uns nun Zeit lassen für die Suche nach einem Nachfolger, wir stehen nicht unter Zugzwang.»

Bei der Suche nach einem neuen Sportchef wird der FCL sicher auch einige der hier genannten Herren ins Auge fassen. Anbei die von Fussballexperte Thomas Schifferle vom «Tages-Anzeiger» letzten November verfasste Rangliste der aktuellen Super-League-Sportchefs:

1. Georg Heitz (Basel)
Heitz ist lange unterschätzt worden, weil ihm Gigi Oeri nur den Titel eines Sportkoordinators zubilligte. Und weil der heutige Präsident Bernhard Heusler viel vom Ruhm für die Endlos-Serie an Erfolgen abbekommen hat. Aber Heitz ist ein cleverer Kenner der Szene, ein guter Beobachter und mit einer raschen Auffassungsgabe ausgerüstet.

2. Andres Gerber (Thun)
Wer mit Thun nie Gefahr läuft, in Abstiegsgefahr zu kommen, wer mit Thun in die Europa-League kommt, wer für Thun Spieler wie Luca Zuffi verpflichtet, wer für Thun einen Trainer wie Urs Fischer holt, wer sich nicht scheut, auch zur missglückten Wahl mit Ciriaco Sforza zu stehen, wer mit Thun all den finanziellen Problemen trotzt – der hat sich in der Rangliste der Sportchefs den zweiten Platz verdient.

3. Manuel Huber (GC)
Er wurde in der Not Sportchef, weil die Vereinsführung im Mai überraschend zur Einsicht gelangt war, mit Axel Thoma gebe es kein Weiterkommen. Huber, eigentlich der Geschäftsführer, darf mit seinem Namen für einen überragenden Entscheid stehen: die Verpflichtung von Kim Källström. Zudem hat er Munas Dabbur den Wunsch eines Wechsels nach Palermo ausgeredet und ihm klargemacht, dass er nur für einen bestimmten (Millionen-)Betrag weiterziehen darf.

4. Fredy Bickel (YB)
Mit dem FCZ Meister 2006, 2007 und 2009, Cupsieger 2005, Champions-League-Teilnehmer 2009. Und mit YB? Da ist er verantwortlich dafür, dass der Verein noch immer als Wohlfühloase wahrgenommen wird. Natürlich versteht Bickel sein Handwerk, dafür ist er auch schon lange genug dabei, und er profitiert bei seiner Wahrnehmung davon, ein geschickter Verkäufer seiner selbst zu sein.

5. Giorgio Contini (Vaduz)
Gemach, gemach, natürlich trägt jetzt Bernt Haas den Titel Sportchef spazieren. Aber das tut er erst seit ein paar Tagen. Und darum ist das, wofür Vaduz steht, das Werk von Giorgio Contini. Ohne Mittel hat er sich eine Mannschaft zusammengestellt, die sich in der Super-League ganz ansehnlich schlägt.

6. Christian Constantin (Sion)
Er macht gute Transfers, keine Frage. Dafür stehen Konaté, Assifuah, Lacroix, Vanins oder Salatic. Nur lässt sich auch sagen, wer so viel Personalumsatz macht wie Constantin, der kann sich gar nicht davor retten, zwischendurch einen guten Griff zu tun.

7. Angelo Renzetti (Lugano)
Er ist die Tessiner Ausgabe von Constantin. Mit Zdenek Zeman ist ihm ein Coup gelungen, und wenn Zeman den Aufsteiger zum Ligaerhalt führt, darf Renzetti in dieser Rangliste getrost zwei Positionen vorrücken.

8. Rolf Fringer (Luzern)
Viel hat der frühere Trainer, der auf einmal seine Berufung als Sportchef entdeckt hat, nicht bewiesen. Den besten Zuzug der letzten Zeit hat sein Vorgänger Alex Frei getätigt. Das ist die Verpflichtung von Markus Babbel als Trainer. Die Frage ist nun, ob Fringer über die Saison hinaus mit Babbel arbeiten will …

9. Christian Stübi (St. Gallen)
Zugegeben, die Klassierung ist nicht fair. Zu wenig lang ist Stübi als Nachfolger des ungeliebten Heinz Peischl im Amt, um derart schlecht eingestuft zu werden. Aber zum einen muss einer Neunter sein. Zum anderen ist Neunter besser als (abgeschlagener) Zehnter. Und zudem kann Stübi ganz schnell vorrücken, wenn sich die Verpflichtung von Trainer Josef Zinnbauer zum Glücksgriff entwickelt.

10. Ancillo Canepa (FCZ)
Der FCZ ist Canepas Werk. Aber Canepa ist der, der für sich in Anspruch nimmt, den Fussball zu verstehen und sich darum einen Sportchef sparen zu können. Wie viel er davon versteht, zeigt sich in der Zusammensetzung des Kaders, den Leistungen auf dem Platz und der Platzierung in der Tabelle.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von aduele
    aduele, 19.01.2016, 21:59 Uhr

    jetzt wäre noch eine Stellungnahme von Vrabec schön

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