Endlich wieder eine Siegesfeier in der Garderobe

FCL: Die Leiden des unter Hochdruck stehenden Fabio C.

Er setzte unter der Woche Akzente, litt während des Spiels und ging als Sieger in einem wichtigen Spiel vom Platz: FCL-Trainer Fabio Celestini. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Es ist ein Schicksalsspiel – und der FC Luzern holt sich mit einem 2:0 den lang ersehnten ersten Saisonsieg gegen den FC St. Gallen. Es ist ein Moment zum Durchatmen im Kampf gegen den Abstieg. FCL-Cheftrainer Fabio Celestini hat zwar die richtigen Akzente gesetzt, doch seine Anspannung fiel erst weit nach dem Schlusspfiff ab.

Er ist ein Trainer, der seine Box an der Seitenlinie ausmisst. Der unaufhörlich rauf und runtergeht. Mit seinen Händen dirigiert. Lautstark Anweisungen gibt. Klatscht und antreibt. Und gerne auch jubelt. Er lebt mit.

Nicht aber am Sonntag, in diesem elften Anlauf auf den ersten Saisonsieg der Meisterschaft. FCL-Trainer Fabio Celestini steht still in seiner Box. Die Arme meist vor seinem Oberkörper verschränkt. Auf Worte verzichtet er oft. Betrachtet mit ernster Miene den Fortgang des Spiels. Und bejubelt keines der beiden FCL-Tore. Er zweifelt.

Es steht viel auf dem Spiel. Und das merkt man dem Romand, der in einer Woche 46 Jahre alt wird, deutlich an. Er hätte eigentlich allen Grund dazu, nach dem Schicksalsspiel zu strahlen. Drei Monate ohne Meisterschaftssieg gehören schliesslich der Vergangenheit an. Der FCL hat kurzfristig die letzten beiden Tabellenplätze, die in den Abstieg münden (können), verlassen (zentralplus berichtete).

Aber das tut Fabio Celestini nicht. Nüchtern diktiert er folgende Worte in sein Mikrofon bei der Medienkonferenz im Anschluss an den Überlebenskampf: «Nichts zählt mehr, als dass wir endlich drei Punkte geholt und kein Tor zugelassen haben. Es war nicht das perfekte Spiel, aber das konnte auch niemand von uns in dieser Situation erwarten.»

Celestini dreht an richtigen Stellschrauben

Damit lässt er durchblicken, dass die gut 90 Spielminuten für den Mann mit den klaren Vorstellungen eines gepflegten Fussballs von Anbeginn weg ein Leidensweg waren. Fabio Celestini erzählt, dass er in den Phasen, in denen seine Spieler gegen den Ball kämpften, nervös gewesen sei.

«Wir hatten viermal das 3:0 auf dem Fuss, nutzten die Chance aber nicht. Deshalb habe ich oft auf die Matchuhr geschaut. Wir durften unter keinem Umständen ein Gegentor zulassen, das hätte die Sache gefährlich gemacht.» Die 13 Wochen seit dem Meisterschaftsstart Ende Juli haben das Selbstvertrauen des Cupsiegers erodieren lassen. Es gab viele niederschmetternde Momente.

«Wir haben bis vor dem Spiel nichts davon gewusst, dass Christian Gentner als unser neuer Captain auf den Platz geht.»

FCL-Leistungsträger Marvin Schulz

Dabei hat Fabio Celestini auf dem Weg zum ersten Sieg offenbar die richtigen Stellschrauben, an den er drehen musste, gefunden. Er hat den mit dem Captainjob überforderten Mittelstürmer Dejan Sorgic erlöst und die Binde an den Bundesligaroutinier Christian Gentner übertragen.

Die Debatte um die fehlende Teamhierarchie im FC Luzern hat zentralplus angestossen. Es sei seine Aufgabe, die beste Lösung fürs Team zu finden und zu entscheiden: «Drei Monate der Sieglosigkeit konnten ja nicht nur an der Taktik und Technik liegen, sie hatten auch mit dem mentalen Bereich zu tun», so Celestini.

Captainwechsel beim FCL im Geheimen orchestriert

Aber er weigert sich aus nachvollziehbaren Gründen, dem Umstand, dass Christian Gentner zum ersten Mal FCL-Captain war, eine übergeordnete Bedeutung beizumessen. Auch wenn sein Team zum ersten Mal im elften Meisterschaftsspiel die Null hielt und Sorgic zu seinem zweiten Saisontreffer kam (zentralplus berichtete). «Der Sieg war der Energie und der Solidarität aller unserer Spieler geschuldet.»

«Erst mit wachsendem Selbstvertrauen werden wir mehr Qualität in unser Spiel bringen können.»

FCL-Trainer Fabio Celestini

Man muss dazu festhalten: Fabio Celestini hat den Captainwechsel im Geheimen orchestriert. Er gibt zu: «Das habe ich unter der Woche mit den Betroffenen besprochen.» Was er aber nicht sagt: Davon hat die restliche Mannschaft nichts gewusst. FCL-Leistungsträger Marvin Schulz zu zentralplus: «Wir haben bis vor dem Spiel nichts davon gewusst, dass Christian Gentner als unser neuer Captain auf den Platz geht.»

Aber das war nicht der einzige massgebende Input des Cheftrainers. Im Gespräch mit zentralplus gibt er zu: «Ich habe mit Dejan Sorgic unter der Woche besprochen, dass er den zweiten Pfosten anvisieren soll, wenn wir einen Corner treten dürfen. St. Gallen hat schon in einem vorangegangenen Spiel einen Gegentreffer kassiert. Dejan Sorgic hat es perfekt umgesetzt.»

Celestini: Wie geht Feiern?

Die stehenden Bälle, die bis dato nun wahrlich keine Paradedisziplin der Luzerner waren, haben den Weg zum ersten Saisonsieg geebnet. Sie seien eine Möglichkeit, um zum Torerfolg zu kommen, sagt Fabio Celestini. Das hätten sie unter der Woche so eingeübt.

Am Ende seines eigenen Schicksalstags als FCL-Trainer bekennt er, dass «wir jetzt in einer Phase sind, in der wir zuerst sauber verteidigen und erst danach schauen müssen, was mit dem Ball nach vorne passiert».

Das ist zwar nicht der Fussball, der Fabio Celestini vorschwebt. Aber vorerst hat er eine weitere Krise im FC Luzern überstanden und den eigenen Sturkopf überwunden (zentralplus berichtete). «Erst mit wachsendem Selbstvertrauen werden wir mehr Qualität in unser Spiel bringen können.»

In der Garderobe der Luzerner waren die Spieler derweil am Feiern. Zum ersten Mal überhaupt nach fast einem Drittel der laufenden Saison. Celestini flachst vor den Medienschaffenden: «Ich weiss gar nicht, wie ich mich bei der Rückkehr zu meinen Spielern verhalten soll. Das letzte Mal ist so lange her.»

Authentizität ist nicht nur im Erfolg, sondern erst recht in der Krise ein Gebot der Stunde.

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