Anwältin erklärt Heimfall der Swissporarena

Was passieren müsste, damit Bernhard Alpstaeg sein Stadion verlöre

Bernhard Alpstaeg könnte innert zwei Jahren seine Swissporarena verlieren. (Bild: Valeriano Di Domenico/Freshfocus/zvg)

Die Stadt Luzern hat den Heimfall der Swissporarena ausgelöst. Die Luzerner Rechtsanwältin Christina Zimmerli erklärt, wie es um Bernhard Alpstaegs Chancen stehe, das Stadion behalten zu dürfen.

Vor ziemlich genau einem halben Jahr erklärte Christina Zimmerli, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht, an dieser Stelle, was passieren müsste, damit der FCL aus dem Stadion fliege (zentralplus berichtete). Denn damals drohte Bernhard Alpstaeg dem FCL mit dem Rauswurf aus seiner Swissporarena. Doch so weit kam es nicht. Auch, weil Stadtpräsident Beat Züsli öffentlich über einen möglichen Heimfall des Stadions sprach (zentralplus berichtete).

«Der Vorteil dieser Vorgehensweise gegenüber dem staatlichen Verfahren ist die schnellere und diskretere Erledigung des Falles.»

Christina Zimmerli, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht

Was damals noch Gedankenspielereien zu sein schienen, ist seit Dienstagmorgen Realität: Die Stadt Luzern hat den Heimfall ausgelöst (zentralplus berichtete). Sollte sie reüssieren, ginge das Stadion ins Eigentum der Grundeigentümerin, also der Stadt Luzern, über. Bernhard Alpstaeg müsste sich mit einer monetären Entschädigung zufriedengeben, sagt Christina Zimmerli nun auf erneute Anfrage von zentralplus.

Pünktlich zur Frauen-EM

Im Baurechtsvertrag zwischen der Stadt Luzern und Bernhard Alpstaegs Stadion Luzern AG sind für das Heimfallverfahren drei Schritte vorgesehen, die darüber entscheiden sollen, ob es zu einem Heimfall kommt oder nicht (zentralplus berichtete). Es sind dies die gütliche Einigung, der Beizug einer Vermittlerin und schliesslich die Einberufung eines Schiedsgerichts.

Christina Zimmerli, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht, arbeitet für die Anwaltskanzlei Stadelmann Advokatur & Notariat AG an der Pilatusstrasse in Luzern. (Bild: zvg)

Dies sei so durchaus üblich, sagt Christina Zimmerli. «Der Vorteil dieser Vorgehensweise gegenüber dem staatlichen Verfahren ist die schnellere und diskretere Erledigung des Falles.» Das mit der Diskretion ging schon mal ordentlich nach hinten los. Doch immerhin in Sachen Tempo spricht Ursula Engelberger-Koller, die Juristin im Verwaltungsrat des FC Luzern, an der Medienkonferenz vom Mittwochnachmittag in der Swissporarena von «nur» zwei Jahren – schätzungsweise (zentralplus berichtete). Die Stadt Luzern könnte also pünktlich zur Frauen-EM 2025 Stadioneigentümerin sein (zentralplus berichtete).

Zum Heimfall in drei Schritten

Noch schneller ginge es, wenn sich die Parteien gütlich einigen, das heisst, untereinander eine Lösung im Sinne eines Kompromisses finden würden, erklärt Christina Zimmerli. Dabei könnten die Parteien beispielsweise gar vereinbaren, dass dem FCL das Kaufrecht nachträglich angeboten werde und die Stadt Luzern auf einen Heimfall verzichte. Scheitert dieser Einigungsversuch, wird sodann eine kompetente und unabhängige Person als Schlichter eingesetzt. «Dieser ähnelt der staatlichen Schlichtungsbehörde, wobei im Unterschied dazu die Parteien eigene Spielregeln festlegen können», so Zimmerli weiter. Der Vermittler versucht, durch seine Kompetenz eine sachgerechte Lösung zu erreichen.

«Die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts eignet sich insbesondere zum Schutz vor ungewollten Aktionären.»

Christina Zimmerli, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht

Erst in einem letzten Schritt wird ein Schiedsgericht ernannt. «Wenn sich die Parteien auf einen Einzelrichter einigen können, dann entscheidet dieser allein», sagt Zimmerli. «Ansonsten wählen beide Parteien je eine Schiedsrichterin oder einen Schiedsrichter, die wiederum einen Obmann wählen.» So werde ein möglichst neutrales Schiedsgericht zusammengesetzt.

Das Schiedsgericht fällt den Schiedsspruch mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder. Dieser hat die gleiche Wirkung wie ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil.

Oder in vier Schritten?

Jedoch kann auch gegen einen Schiedsspruch eine Beschwerde ans Bundesgericht geführt werden – oder, basierend auf anderslautenden Vereinbarungen, an ein kantonales Gericht, welches dann endgültig entscheidet. Die Beschwerdegründe sind jedoch eingeschränkt. Mögliche Gründe wären etwa die Ungleichbehandlung der Parteien durch das Schiedsgericht oder die vorschriftswidrige Zusammensetzung des Schiedsgerichts.

Ursula Engelberger-Koller erklärte an der Medienkonferenz des FC Luzern, wieso dieser die Strafanzeige gegen Bernhard Alpstaeg und Ex-FCL-Präsident Philipp Studhalter um die Causa Swissporarena erweitert habe. (Bild: jdi)

Zudem wäre, so Zimmerli, unter Umständen eine Revision des Schiedsspruches möglich. Zum Beispiel dann, wenn nachträglich entscheidende Beweise gefunden würden.

Vorkaufsrecht als Schutz vor ungewollten Aktionären

Beweise gefunden hat im Februar auch Ursula Engelberger-Koller. Sie sollen belegen, dass Bernhard Alpstaeg mithilfe des damaligen FCL-Präsidenten Philipp Studhalter die Aktienmehrheit am Stadion erlangte und dabei bewusst das Vorkaufsrecht des FC Luzern missachtet hat.

Solche Vorkaufsrechte seien ein übliches Instrument zur Stabilisierung der Machtverhältnisse einer Aktiengesellschaft, erklärt Christina Zimmerli deren Sinn und Zweck. «Sie erschweren die Verkäuflichkeit der Aktien, weil ein Dritter bis zum Ablauf der Vorkaufsfrist damit rechnen muss, dass das Vorkaufsrecht ausgeübt wird», sagt die Fachanwältin. «Die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts eignet sich im vorliegenden Fall insbesondere zum Schutz vor ungewollten Aktionären.» Entsprechend diene das Vorkaufsrecht als Sicherheit für die Stadt Luzern, um bei der Struktur der Stadion Luzern AG mitreden zu können.

So hätten Alpstaeg und Studhalter handeln müssen

Ausgehend vom Baurechtsvertrag, der zentralplus vorliegt, hätte der Fall den Vorkaufsberechtigten unverzüglich durch einen eingeschriebenen Brief mitgeteilt werden müssen. Die Vorkaufsberechtigten hätten wiederum 90 Tage Zeit, das Vorkaufsrecht mittels eingeschriebenen Briefes auszuüben.

«Die Stadt Luzern kann den vorzeitigen Heimfall herbeiführen, wenn die Baurechtsnehmerin in grober Weise vertragliche Verpflichtungen verletzt.»

Christina Zimmerli, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht

Doch gemäss FCL passierte dies nicht. Anfang 2019 gehörten 40 Prozent der Stadion Luzern AG dem FCL. 60 Prozent gehörten Toni Eberlis Eberli AG. Am Ende des Jahres gehörten diese 60 Prozent Bernhard Alpstaeg. Ohne dass dem FCL diese Aktien je angeboten worden wären. Dass die 60 Prozent zeitweise an die eigens für den Aktientransfer gegründete Antoga AG verkauft worden seien, wie Engelberger-Koller erklärt hat, spielt gemäss Zimmerli auf den ersten Blick keine Rolle. Doch für eine abschliessende Antwort zu dieser Frage müsste sie weitere Informationen über die konkreten Aktienverkäufe haben.

Heimfall nur bei grober Vertragsverletzung

Doch reicht das vorsätzliche Umgehen des Vorkaufsrechts, um einen Heimfall zu rechtfertigen? Christina Zimmerli, die Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht, muss dafür etwas weiter ausholen. Gemäss Baurechtsvertrag kann die Stadt Luzern den vorzeitigen Heimfall gegen Entschädigung herbeiführen, wenn die Baurechtsnehmerin in grober Weise ihr dingliches Recht überschreitet oder vertragliche Verpflichtungen verletzt.

Die Fans der Kurve hätten nichts dagegen, wenn Swisspor-Patron Bernhard Alpstaeg dereinst nicht mehr ihr Gastgeber sein würde. (Bild: jdi)

Die Frage ist also, ob Bernhard Alpstaeg gegen diese Verpflichtungen verstossen hat. Doch hier wird es knifflig.

Denn der Baurechtsvertrag enthält eine Aufzählung von solch groben Verletzungen, die einen Heimfall rechtfertigen würden. Das Nichteinhalten des Vorkaufsrechts fehlt in dieser Aufzählung. Allerdings ergänzt Zimmerli, dass diese Aufzählung nicht abschliessend sei. Deshalb müsse man beurteilen, ob es sich um eine ähnlich schwerwiegende Pflichtverletzung wie bei denjenigen in der Aufzählung handle.

Hat Alpstaeg den Baurechtsvertrag grob genug verletzt?

Für eine grobe Verletzung spreche, dass die Rechten und Pflichten betreffend Kaufrecht im Baurechtsvertrag detailliert umschrieben seien, was dessen Wichtigkeit betone. Hinzu käme der Umstand, dass trotz Kenntnis des Kaufrechts – und dies gelte es zu prüfen, so Zimmerli – absichtlich auf die Mitteilung des Vorkaufsfalls verzichtet worden sei.

Bernhard Alpstaeg hat durchaus Chancen, das Stadion behalten zu dürfen. (Bild: jdi)

Gegen eine schwere Vertragsverletzung spricht gemäss Zimmerli, dass andere wichtige Pflichten explizit in die oben erwähnte Aufzählung aufgenommen wurden. Diese haben die vertragliche Errichtung und Betreibung des Stadions zum Inhalt. Daraus lässt sich schliessen, dass andere Pflichtverletzungen – wie eben die Nichteinhaltung des Vorkaufsrechts – nicht als gleichermassen schwerwiegend angesehen wurden.

Wer was beweisen muss

Somit ist klar: Erst gilt es zu klären, ob das Umgehen des Vorkaufsrechts eine grobe Verletzung des Baurechtsvertrags zwischen der Stadion Luzern AG und der Stadt Luzern darstellt. Dann, ob das Vorkaufsrecht bewusst umgangen worden ist. Doch wer ist diesen Beweis schuldig?

Für die Voraussetzung der schweren Pflichtverletzung beim Heimfall liege die Beweislast beim Grundeigentümer, also der Stadt Luzern, so Zimmerli. Die Grundlage bildet dabei immer der Baurechtsvertrag. Je präziser darin die Rechte und Pflichten umschrieben worden sind, desto einfacher der Beweis einer schweren Pflichtverletzung.

Ist Beat Züsli designierter Gastgeber der FCL-Fans?

Zu berücksichtigen sei allerdings, dass der Beweis einer negativen Tatsache – hier die Nichtanzeige des Vorkaufsfalls – nicht direkt möglich sei. Denn es sei schwer, etwas, das nicht stattgefunden hat, zu beweisen.

Eine solche Situation führt zwar nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Sie hat jedoch zur Folge, dass die Gegenpartei, also Bernhard Alpstaegs Stadion Luzern AG, nach Treu und Glauben bei der Beweisführung mitwirken muss. Namentlich, indem Alpstaeg den Gegenbeweis erbringt oder dafür zumindest Indizien beibringt – sprich, dass er das Vorkaufsrecht angeboten hat.

Er könnte der neue Gastgeber der FCL-Fans werden: Stadtpräsident Beat Züsli. (Bild: Screenshot)

Einen solchen Gegenbeweis sei Bernhard Alpstaeg drei Monate lang schuldig geblieben, erklärte Stadtpräsident Beat Züsli, als er am Dienstag verkündete, dass die Stadt Luzern den Heimfall des Stadions ausgelöst habe (zentralplus berichtete). Im Endeffekt könnte dieser auch für die FCL-Fans Folgen haben: Ihr Gastgeber wäre dann nicht mehr Alpstaeg, sondern Züsli. Der gespielte Fussball und das Bier hingegen würden jedoch gleich gut bleiben.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christina Zimmerli, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht von der Anwaltskanzlei Stadelmann Advokatur & Notariat AG
  • Baurechtsvertrag zwischen der Stadt Luzern und der Stadion Luzern AG
  • Persönliches Treffen mit Urusla Engelberger-Koller, FCL-Verwaltungsrätin
  • Telefonat mit Beat Züsli, Luzerner Stadtpräsident
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