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Der FC Luzern will sich noch stärker als Ausbildungsclub positionieren und krempelt die Ärmel hoch. Er will das Defizit gegen null bringen und weitere Aktionäre finden.
Für einmal will der Verwaltungsrat des FC Luzern nicht mit Breaking News auftrumpfen. Breaking News sind die Hintergrundinformationen zur Gestaltung der kurz- und mittelfristigen Zukunft des führenden Zentralschweizer Fussball- und National-Football-League-Clubs aber irgendwie trotzdem. So zumindest, wenn man das Präsentierte an den markanten Aussagen der Verwaltungsräte bemisst.
Erstmals geht der FCL die Medien nicht aus der Not, sondern mit Voraussicht an. Es geht nicht um kürzestfristige, sondern um kurz- bis mittelfristige Ziele mit Horizont Saison 2025/2026. Der FCL will in die finanzielle Unabhängigkeit: Dank effizienterer aufgestellter Geschäftsstelle und damit verminderter Ausgaben. Dank langsam, aber stetig mehr Umsatz und Einnahmen und dank des Fundaments einer gezielten Investition in den Nachwuchs.
Ausgangslage sei «hervorragend»
Das Bild dafür: Der Verwaltungsrat will den Luzerner Hausberg, den Pilatus, erklimmen. Die unverzichtbaren Wegmarken beim Aufstieg sind identifiziert: Lokale Verankerung, Identifikation, Wirtschaftlichkeit und Sport. «Gerade jetzt haben wir eine hervorragende Ausgangslage», erklärt sich der Verwaltungsratspräsident der FCL Holding AG, Josef Bieri, gegenüber den versammelten Medien im Medienzentrum der Swissporarena.
«Die erste Mannschaft überzeugt, schweizweit haben wir die beste Nachwuchsabteilung – allein im letzten Spiel vom Sonntag hatten wir sechs Nachwuchsleute in der Startformation – und unser VR und die Aktionäre sind überzeugt: Wir wollen uns besser verankern in der Zentralschweiz und darauf hinarbeiten, dass der FCL künftig nicht mehr von einem Einzelaktionär abhängig sein darf.»
Alpstaeg ist nicht mit im Boot
Überzeugt sind sie allerdings nur mit einer Ausnahme, wie VR-Vizepräsidentin Ursula Engelberger-Kohler in der Fragerunde zugibt: «Wir planen ohne unseren Grösstaktionär Bernhard Alpstaeg. Er gehört als einziger nicht zu den solidarischen Aktionären. Wir geben aber nicht auf, mit ihm eine tragfähige Lösung zu finden.»
Zunächst stellt Verwaltungsrat Daniel Britschgi den Finanzplan vor: Allerdings nicht mit exakt hinterlegten Zahlen, mehr im Sinne einer Vision. Auf seinen Charts zeigt er auf: Der FCL ist mittendrin am Einsparen auf der Geschäftsstelle. So ist die sechsköpfige Geschäftsleitung auf wenige Bereichsleiter geschrumpft.
Zusammen mit weiteren Einsparungen wie dem Wechsel der tausendfach gedruckten Matchzeitung zu einer elektronischen Ausgabe und der Einstellung des Stadionfernsehens dürften die Aufwände der Saison 2024/2025 gegenüber derjenigen der Saison 2023/2024 um drei Millionen auf nurmehr 22,9 Millionen Franken sinken.
Einsparungen von 5,3 Millionen Franken jährlich
Noch in der Saison 2025/2026 erwartet Britschgi verzögerte Einspareffekte wegen auslaufender Verträge, was dann zu jährlichen Einsparungen von 5,3 Millionen Franken gegenüber dem Status quo führen soll. Auf der Einnahmenseite sind Prognosen schwierig, weil diese erfolgsabhängig sind, vor allem betrifft dies die übrigen Matcherträge via UEFA-Spiele, für die sich der FC Luzern erst noch qualifizieren muss.
Deswegen ist er da vorsichtig und erwartet lediglich leichte Mehreinnahmen beim Ticketing. Ausdrücklich nicht budgetieren lassen sich Transfereinnahmen, die lässt Britschgi aussen vor. Summa summarum soll sich das Delta zwischen Ausgaben und Einnahmen respektive der Verlust gegen null mindern lassen. Britschgi erhofft sich für die Saison 25/26 den «Break even». Mit Unterstützung von Transfereinnahmen allerdings.
Nachwuchsförderung als Hauptstrategie
Verwaltungsrat Laurent Prince betont gegenüber den Medien die Bedeutung der Nachwuchsarbeit für die Gegenwart und Zukunft des FC Luzern. «Wenn ich die Frage höre: Was ist die Strategie des FCL?, dann antworte ich: ‹Luegid ufe Platz›, da kann man sie eins zu eins sehen.» Denn der FCL ziehe die Jungen konsequent für Spiele der ersten Mannschaft nach. Keine Mannschaft der Superleague bringe es auf nur annähernd so viele Einsatzminuten von Nachwuchsspielern.
Er lobt die herausragende Exzellenz des FCL in der Ausbildung. So sei er schon Jahre unterwegs gewesen in Europa und habe bei verschiedensten Clubs vorbeigeschaut. Da zähle der FC Luzern zu den besten und gelte bei anderen, viel grösseren Vereinen als Vorbild.
«Suchen nicht einfach den nächsten grossen Aktionär»
«Wir müssen definitiv mit dem ‹Jöh› aufhören, wenn es um den Einsatz unserer Nachwuchsfussballer geht», sagt VR-Präsident Josef Bieri. «Wir haben 634 Nachwuchsfussballer und -fussballerinnen in unseren Reihen, dürfen auf 89 Clubs in sechs Zentralschweizer Kantonen zugreifen und sind stolzer Flagschiffclub der Zentralschweiz.»
Für den FCL-Nachwuchs würden nicht weniger als 121 Leute respektive 35 Vollzeitstellen arbeiten: «Wir sind und bleiben ein Ausbildungsclub. Wir gehen den schwierigeren Weg, der ein grösseres Risiko beinhaltet.» Der FCL suche ganz bewusst nicht den grossen Aktionär und Mäzen, der einfach sage: «Macht euch keine Sorgen, ich decke jeweils stillschweigend das Defizit.»
«Wir wollen selbsttragend sein, dafür müssen wir die Ärmel hochkrempeln», sagt Bieri im Brustton der Überzeugung. Auf die Frage, ob es denn realistisch sei, dass man zu einer schwarzen Null komme, wenn doch selbst nach den Verkäufen von Ardon Jashari und Luca Jaquez zu je einem Preis von rund sechs Millionen das letztjährige Defizit noch 2,5 Millionen Franken betragen habe, hat er eine klare Antwort.
«Wir wollen unseren Nachwuchs so gut ausbilden und in die erste Mannschaft integrieren, dass rasch klar wird, dass sich einer, der das erfolgreich überstanden hat, für einen internationalen Transfer aufdrängt. Wir geben unseren Nachwuchs nicht ab, um unsere Ligakonkurrenten zu stärken», lässt er die Medienvertreter wissen.
FCL will weitere Aktionäre anlocken
«Weiterentwickeln können wir uns nur, wenn wir versuchen, es hauptsächlich aus eigener Kraft zu schaffen», so Bieri. Das motiviere auch weitere Aktionäre dazu, beim FC Luzern einzusteigen. «Wir sind in einer Branche tätig, die per se defizitär ist, gewinnbringend arbeiten in der Schweiz lediglich die Young Boys dank UEFA-Prämien und der FC St. Gallen dank der regionalen Einbindung.»
Der Verwaltungsratspräsident fasst das Vorhaben und die Chancen in ein Bild. «Wenn wir das Defizit stark verkleinern, fühlen sich auch mehr Aktionäre dazu motiviert, die Last mitzutragen.»
Damit darf man nun gespannt sein, wie sich der FCL beim Besteigen des Pilatus anstellt und ob es ihm gelingt, das Defizit sukzessive zu mindern. Falls das Vorhaben Früchte trägt, dürfte die Personalie Bernhard Alpstaeg bald definitiv zum Nebenschauplatz mutieren. Der jetzige Erfolg mit Superleague-Zwischenrang zwei gibt dem aktuellen Verwaltungsrat und den zehn Aktionären, die hinter ihm stehen, derzeit auf alle Fälle recht.
- Medienroundtable mit dem Verwaltungsrat des FC Luzern in der Swissporarena