So stopft Sportchef Remo Meyer die Löcher in der FCL-Kasse
Der FC Luzern schreibt Jahr für Jahr rote Zahlen. Als Sportchef muss Remo Meyer seinen Teil dazu beitragen, das strukturelle Defizit auszugleichen – indem er die FCL-Talente möglichst teuer verkauft.
Für Fussballfans ist transfermarkt.ch die Referenz schlechthin, wenn es darum geht, sich über Fussballer zu informieren. Von der Körpergrösse über die Spielstationen bis zum alle paar Monate aktualisierten Marktwert findet sich auf der Website fast jede erdenkliche Information über fast jeden Profi weltweit.
Sogar Remo Meyer, Sportchef des FC Luzern, nutzt die Seite, wie er gegenüber zentralplus verrät, nebst Scouting-Plattformen als «Standardnachschlagwerk» und «Informationsquelle». Bezüglich der Marktwerte seien zwar vor allem interne Bewertungen und Einschätzungen relevant. «Doch die Marktwerte auf transfermarkt.ch können – meistens ein bisschen zeitversetzt – ein Richtwert sein», sagt er.
zentralplus hat sich die jüngst angepassten Marktwerte der FCL-Talente auf transfermarkt.ch angeschaut. Einige der jungen Spieler konnten ihren Marktwert markant steigern. Andere verloren an Wert.
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Stanković hat seinen Marktwert verdoppelt
Der von Inter Mailand ausgeliehene Aleksandar Stanković gehört im FCL sicherlich zu den Überfliegern der Vorrunde. Schon sein Vater, Dejan Stanković, kickte für Inter und war jahrelang serbischer Nationalspieler.
Beim FCL sammelt der 19-jährige Aleksandar seine ersten Erfahrungen in einer Profiliga – und überzeugt dabei als Mittelfeldstratege so sehr, dass er den Abgang von Ardon Jashari in Luzern fast gänzlich vergessen macht.
Dank seiner Leistungen hat er sich in der Mannschaft des FCL-Trainers Mario Frick einen Stammplatz erkämpft – und auf transfermarkt.ch seinen Wert verdoppelt. Rund fünf Millionen Franken soll er neuerdings kosten.
Trotz seiner starken Leistungen werde Stanković mindestens bis im Sommer in Luzern bleiben, versichert Remo Meyer. Dann endet das Leihgeschäft mit Inter – wobei der FCL eine vertraglich zugesicherte Kaufoption hätte, den Spieler also fest verpflichten könnte.
«Die Entscheidung wird im Verlauf der Rückrunde aufgrund sportlicher und finanzieller Aspekte getroffen», erklärt Meyer das Vorgehen. Mehr lässt er sich zur möglichen Übernahme des Talents nicht entlocken.
Jaquez könnte bald nicht mehr zu halten sein
Mit konstant guten Leistungen überzeugt auch ein FCL-Eigengewächs: Der Stadtluzerner Luca Jaquez ist aus der Innenverteidigung der Mannschaft nicht mehr wegzudenken. Der 21-Jährige gilt als robust, schnell und spielintelligent. In der Super League hat er eine der besten Zweikampfquoten.
Diese Saison ist eine weitere Qualität hinzugekommen: Jaquez mauserte zum Torschützen. Dreimal traf er für den FCL, einmal für die U21 der Schweizer Nati. Wäre er nicht wegen einer roten Karte gesperrt gewesen, hätte es sogar für ein erstes Aufgebot von Nati-Trainer Murat Yakin gereicht.
Der Marktwert des schweizerisch-dominikanischen Doppelbürgers stieg fast so stark an wie jener von Aleksandar Stanković. Im Sommer war Jaquez 2,5 Millionen Franken wert. Inzwischen sind es gemäss transfermarkt.ch 4,5 Millionen.
«Wenn er weiter hart an sich arbeitet, wird der nächste sportliche Schritt innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre automatisch und verdientermassen kommen», ist Remo Meyer überzeugt.
Klidjé zündete spät – aber dafür so richtig
Verglichen mit Stanković und Jaquez muss man den 23-jährigen Thibault Klidjé fast schon als Spätzünder bezeichnen. Im Sommer vor zwei Jahren stiess er zum FCL, konnte sich aber lange nicht durchsetzen. Viele schrieben ihn ab.
Doch diese Saison scheint alles anders: Zehn Tore schoss Klidjé für die Innerschweizer bisher wettbewerbsübergreifend. Mit dem Fuss und – trotz seiner geringen Körpergrösse von 1,70 Meter – auch mit dem Kopf. In der Super League traf nur der für Servette spielende Ex-Luzerner Dereck Kutesa öfter.
Seine gute Form stellte Klidjé auch in der togolesischen Nati unter Beweis, wo er im Herbst ebenfalls traf. So verwundert es wenig, dass auch Klidjé seinen Wert um 2 Millionen steigern konnte und gemäss transfermarkt.ch neu rund 3,5 Millionen Franken wert ist.
Damit zieht Klidjé mit seinem im FCL ausgebildeten Sturmpartner Lars Villiger gleich, der seinen Wert nur leicht steigern konnte, weil er nach fulminantem Start in die Saison plötzlich nicht mehr traf. Auch Villiger ist 3,5 Millionen wert.
Loretz dürfte bald wieder an Wert gewinnen
Ein sicherer Rückhalt war der junge FCL-Goalie Pascal Loretz nicht nur vergangene, sondern auch diese Saison. Nachdem er vergangenen Sommer im Vorfeld der EM mit der Schweizer Nati trainierte und im Herbst für die U21 zwischen den Pfosten stand, bot ihn Murat Yakin Anfang November für die Spiele gegen Serbien und Spanien auf.
Doch der Krienser verletzte sich noch vor dem Einrücken bei der denkwürdigen 4:2-Niederlage gegen den FC Sion im Tourbillon und wartet darum weiterhin auf seinen ersten Einsatz in der Nati. «Ich war zwei Tage am Boden zerstört», sagte er kürzlich im «Blick», auf den Rückschlag angesprochen.
Auch Loretz winkt eine internationale Karriere. Er träume von einer Karriere in der englischen Premier League, sagte er einst (zentralplus berichtete). Warum sein geschätzter Markwert auf transfermarkt.ch von fünf auf vier Millionen Franken gesunken ist, bleibt unklar.
Verein muss die FCL-Talente teuer verkaufen
Klar ist hingegen, dass der FCL auf die Einnahmen, die aus dem Verkauf seiner Talente resultieren könnten, angewiesen ist. Denn der Fussballclub schreibt Jahr für Jahr rote Zahlen im Millionenbereich (zentralplus berichtete).
In seinem letzten Interview mit zentralplus erklärte der zurückgetretene Präsident Stefan Wolf das Geschäftsmodell des FCL wie folgt: Im Schweizer Fussball komme das meiste Geld über die Ticketeinnahmen, das Erreichen der Gruppenphase im Europapokal oder über Transfers rein (zentralplus berichtete).
Remo Meyer führt aus: Die Philosophie des FC Luzern basiere auf der Ausbildung und Entwicklung eigener Nachwuchsspieler. Trotz der finanziellen Abhängigkeit des Fussballclubs von Transfereinnahmen würden die Talente im Idealfall aber ohne Zeitdruck in höhere Ligen wechseln.
Meyer glaubt nicht, dass dem FCL die Talente ausgehen werden
Dass beim FCL Woche für Woche so viele Nachwuchsspieler im Einsatz sind wie bei keinem anderen Schweizer Profiverein, spricht dafür, dass es Meyer und Co. ernst meinen mit der Philosophie. Der Sportchef ist überzeugt, dass der FCL auch in den kommenden Jahren immer wieder Innerschweizer Talente gross rausbringen wird. «Wir haben seit Jahren und jahrgangsunabhängig eine sehr hohe Durchlässigkeit ins Profiteam. Dieser Linie werden wir auch in Zukunft treu bleiben.»
Gleichzeitig werde sich der FCL auch um externe Talente bemühen, die entweder grosses Entwicklungspotenzial hätten oder einen kurzfristigen sportlichen Mehrwert böten. In die erste Kategorie gehört wohl ein Levin Winkler, der vom FC Basel kam und unter Mario Frick relativ regelmässig zum Einsatz kommt. Bezüglich Kurzfristigkeit wohl eher in die zweite Kategorie gehört ein Aleksandar Stanković, den der FCL im Sommer kaum wird halten können.
Einst Moderator und Redaktor beim Radio 3FACH und bei Jam On Radio, schreibt Joel Dittli seit 2023 bei zentralplus. Um auch den künftigen Herausforderungen im Medienalltag gewachsen zu sein, absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern. Als Reggae-Musiker und FCL-Fan ist er am Wochenende oft in Kulturlokalen oder Fussballstadien anzutreffen.