Nach Attacke in Bern: Das ist die Strafe für FCL-Fans
Wegen des Angriffs von FCL-Fans auf das Sicherheitspersonal in Bern sollen die Luzerner im Kollektiv bestraft werden. Der Kanton droht mit einer harten Massnahme – doch ein Hoffnungsschimmer für FCL-Fans bleibt.
Am Samstagabend haben FCL-Unterstützer nach Angaben der Berner Polizei am Bahnhof Wankdorf Sicherheitspersonal der Transportpolizei und der BLS angegriffen. Dabei verletzten sie zwei Personen, die sich infolgedessen ärztlich untersuchen lassen mussten (zentralplus berichtete).
Die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden, ein der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJDP) angegliedertes Gremium, hat nun entschieden, wie sie auf die Vorkommnisse reagieren will.
Sie empfiehlt, dass die FCL-Fankurve in der Swissporarena für mindestens ein Spiel gesperrt wird, wie das «Regionaljournal Zentralschweiz» berichtet. Diese Massnahme gehört zur Stufe 3 des Kaskadenmodells (siehe weiter unten). Gemäss Karin Kayser-Frutschi, Nidwaldner Regierungsrätin und Co-Präsidentin der KKJDP, diskutiere die zuständige Bewilligungsbehörde diese Empfehlung nochmals und lege dann «den Weg zur Umsetzung» fest.
Kanton will FCL-Fansektor schliessen – ausser Täter werden identifiziert
Der Entscheid oblag daraufhin dem Luzerner Sicherheitsdepartement unter Regierungsrätin Ylfete Fanaj. Der Entscheid flatterte am Mittwochnachmittag in den Posteingang: Die Bewilligungsbehörde des Kantons Luzern sieht vor, den Heimsektor beim Heimspiel des FC Luzern gegen Yverdon Sport zu schliessen. Das teilt die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden mit.
Allenfalls kann die Sektorschliessung jedoch verhindert werden: Die Arbeitsgruppe stünde derzeit mit der Clubleitung des FC Luzern in Kontakt. Dies, um die Identität der Gewalttäter zu klären, damit diese der Strafverfolgung zugeführt werden können. «Sollte dies rechtzeitig gelingen, kann sie auf die Sektorschliessung am kommenden Samstag verzichten», heisst es weiter.
Der FCL schreibt in einer Stellungnahme, dass er die Vorfälle «aufs Schärfste» verurteile und den Behörden seine Unterstützung bei der Klärung der Täteridentitäten zusichere. Gleichzeitig sei er auf die Mithilfe von Zeugen angewiesen. Der FCL betont aber auch, dass er nach wie vor davon überzeugt sei, dass die nun vorgesehenen Kollektivmassnahmen «falsch sind und dem eigentlichen Problem nicht gerecht werden».
Kaskadenmodell ermöglicht Sektorsperre gegen FCL-Fans
Das auf Kollektivstrafen basierende Kaskadenmodell der Kantonalen Konferenz der Justiz- und Sicherheitsdirektorinnen und -direktoren (KKJDP) greift bereits seit Frühling 2023. Doch erst seit ein paar Monaten ist einigermassen klar, was passiert, wenn es rund um Fussballspiele zu Sachbeschädigungen oder gar zu Gewalt kommt (zentralplus berichtete).
Der Massnahmenkatalog sieht bei eher «leichten» Gesetzesverstössen eine Intensivierung des Dialogs vor. Bei schwerwiegenderen Straftaten und Zuwiderhandlungen gegen das Hooligan-Konkordat hingegen wollen die Behörden Kollektivstrafen, wie die Sektorsperre gegen die FCL-Fans, aussprechen. Die nachfolgende Grafik zeigt auf, wie das Kaskadenmodell der KKJPD aufgebaut ist.
Im Fall des Angriffs durch FCL-Fans in Bern handelt es sich um «Gewalt gegen Personen mit Verletzungsfolge». Somit greift Stufe 3 des Kaskadenmodells. Die Sektorsperre kommt somit nicht völlig überraschend.
Wirksamkeit von Kollektivstrafen umstritten
Wie die FCL-Fans auf diese Kollektivstrafe, die sämtliche Besucherinnen der Stehplätze auf der Allmend betrifft, reagieren werden, bleibt vorerst unklar. Die Meinungen zum Kaskadenmodell und zu den darauf basierenden Kollektivstrafen sind hingegen längst gemacht.
Die KKJPD und die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden, in denen auch die Luzerner Justiz- und Sicherheitsvorsteherin Ylfete Fanaj Einsatz hat, bejahen die Wirksamkeit und Verhältnismässigkeit der Massnahmen.
Hingegen stehen alle anderen Beteiligten, von der Swiss Football League über den FCL und die Fanarbeit bis hin zu den Fans, Sektorsperren und anderen Kollektivstrafen kritisch gegenüber. Zudem äusserte auch die Wissenschaft wiederholt ihre Zweifel an den Massnahmen (zentralplus berichtete).
Zweite Sektorsperre in der laufenden Saison
Der Kritik zum Trotz stellt die Massnahme der Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden in der laufenden Saison bereits die zweite Anwendung des Kaskadenmodells auf Stufe 3 dar. So verfügten die Behörden schon vor einem Monat gegen Fans des FC Basel nach Ausschreitungen in Sion eine Sektorsperre. Diese greift jedoch – entgegen den Grundsätzen des Kaskadenmodells – erst beim nächsten Auswärtsspiel des FCB in Sion.
Die Muttenzerkurve, die Heimkurve der FCB-Fans, hingegen werden die Behörden erst sperren lassen, wenn die Basler bis zur Winterpause erneut an Ausschreitungen teilnehmen, bei denen es zu Verletzten kommt.
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