Goldene Generation will hoch hinaus

FCL-Talente schweben zwischen Träumen und Konkurrenzkampf

Der nächste grosse Millionentransfer des FCL? Luca Jaquez hat grosse Pläne und möchte dereinst in der Premier League spielen. (Bild: FCL)

Die U21 des FC Luzern ist im Hoch. Die jungen Spieler drängen in die erste Mannschaft. Doch der Profi-Kader ist so breit wie lange nicht mehr. Was das für die jungen Fussball-Talente bedeutet.

«Mein Traum ist es, die Champions League zu gewinnen», sagt Severin Ottiger selbstbewusst im Gespräch mit zentralplus. Der 19-jährige Aussenverteidiger setzt alles auf die Karte Profifussball. Im FC Luzern hat er sämtliche Nachwuchsstufen durchlaufen. Im Sommer 2021 erhielt er mit 18 Jahren seinen ersten Profivertrag.

Ottiger ist in der U21 des FCL gesetzt und wird auch regelmässig für die Nachwuchsmannschaften der Schweizer Nati aufgeboten. In der Super League hat es ihm bisher aber nur für einen Kurzeinsatz von 10 Minuten gereicht.

Er ist nicht das einzige Jungtalent im FCL, das bisher nur kurz zum Einsatz gekommen ist. Der 19-jährige Luca Jaquez gab sein Super-League-Debüt relativ überraschend zum Rückrundenstart vor einem Jahr gegen den FC Basel. Damals warf Mario Frick ihn und den inzwischen zum FCL-Captain und WM-Fahrer avancierten Ardon Jashari ins kalte Wasser. Sie beide waren mitverantwortlich für die drei Gegentore (zentralplus berichtete).

«Als Talentmanager ist man mal Papa, mal Anwalt.»

Marco Schneuwly, FCL-Talentmanager

Während Jashari in der Folge kaum mehr ein Spiel verpasste, spielte Jaquez in der Innenverteidigung fortan die Rolle des Reservisten. «Rückblickend war das nicht mein bestes Spiel», ist sich Jaquez bewusst. Doch er versuche, sich stets auf das Positive zu fokussieren. «Die erste Halbzeit ist geglückt.»

Marco Schneuwly: «Es braucht immer auch etwas Glück»

Der Umgang mit solchen Spielen ist nicht immer einfach. «Luca musste lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Es kann nicht immer alles perfekt laufen», erklärt Marco Schneuwly. Er ist beim FCL für die Nachwuchsspieler verantwortlich (zentralplus berichtete). «Als Talentmanager ist man mal Papa, mal Anwalt.»

Marco Schneuwly war einst Publikumsliebling auf der Allmend. Heute ist er im FCL als Talentmanager angestellt. (Bild: Dominik Stegemann)

Weiter sagt der ehemalige Stürmer, der im Laufe seiner Karriere auch für den FC Luzern erfolgreich auf Torjagd ging: «Es muss viel zusammenpassen. Und am Ende braucht es immer auch etwas Glück für den Durchbruch.» Sein Job sei es, für die Jungen da zu sein, sie vor negativen äusseren Einflüssen zu schützen. «Und es geht darum, möglichst viele junge Talente beim FCL an die erste Mannschaft heranzuführen.»

Ist Luca Jaquez der nächste Manuel Akanji?

Im Fall von Luca Jaquez ist das gelungen. Während er im Abstiegskampf der letzten Saison keine Rolle mehr spielte, kam er in der Hinrunde der aktuellen Saison zu fünf Einsätzen im Team von Mario Frick. Sein Vertrag wurde im November vorzeitig verlängert (zentralpus berichtete). Und Jaquez wäre beim ersten Spiel des neuen Jahres gesetzt gewesen. «Eigentlich hätte er gegen Zürich spielen sollen. Doch in den letzten zwei Wochen vor dem Spiel war er in den Trainings verunsichert und nervös», erklärt Trainer Frick.

«Luca Jaquez erinnert mich an den jungen Manuel Akanji.»

Mario Frick, FCL-Trainer

Schliesslich setzte Frick auf Ismajl Beka. Ein weiteres Negativerlebnis wie beim Debüt gegen den FC Basel sollte es für den jungen Jaquez nicht mehr geben. «Ich wollte ihn in seiner Entwicklung schützen», begründet Frick seinen Entscheid.

Denn der FCL-Trainer hält grosse Stücke auf den 19-Jährigen: «Er erinnert mich an den jungen Manuel Akanji.» Physisch und spielerisch traue er Jaquez die Super League «2000 Prozent» zu. Auch Talentmanager Marco Schneuwly ist von den Fähigkeiten des Innenverteidigers überzeugt: «Die Kombination aus Physis und Technik ist bei ihm sehr ausgeprägt und auf seiner Position extrem gefragt.» Darauf angesprochen, sagt Jaquez selbstbewusst: «Ich habe in der Jugend oft im Mittelfeld gespielt. Darum kann ich auch etwas am Ball.»

Bereit für den modernen Fussball

Mit diesen Anlagen passt Luca Jaquez perfekt ins Spielsystem von Mario Frick. Das gepflegte Aufbauspiel aus der Verteidigung heraus fordert die Spieler sowohl technisch als auch spielerisch. Zweikämpfe gewinnen und Bälle wegdreschen – das reicht im modernen Fussball nicht mehr.

«Als ich mit der ersten Mannschaft zu trainieren begann, war ich nervös.»

Severin Ottiger, FCL-Profi

Dessen ist sich auch Severin Ottiger bewusst. Im Nachwuchs spielte er anfänglich im Sturm, dann auf dem Flügel. Schliesslich fand er sich auf dem Posten des Aussenverteidigers wieder. «Technisch habe ich noch Luft nach oben. Darum hat es damals vielleicht auch nicht gereicht auf dem Flügel», sagt Ottiger. Dennoch gehört er zu den Besten auf seiner Position, was die Einsätze in den Nachwuchsmannschaften der Schweizer Nati belegen.

Hauptsache Spielpraxis

Marco Schneuwly sagt über Ottiger: «Die Physis ist seine grosse Stärke. Wichtig ist aber, dass er mit noch mehr Selbstvertrauen auf den Platz geht.» Ottiger ist überzeugt von den Fortschritten, die er in den zwei Jahren als FCL-Profi gemacht hat. Auch wenn er einen happigen Start hatte: «Als ich mit der ersten Mannschaft zu trainieren begann, konnte ich meine Leistungen nicht mehr so abrufen wie in der U21. Ich war nervös», sagt der 19-Jährige. Das sei mittlerweile nicht mehr so.

Träumt von der Champions League, muss sich aber zuerst beim FCL durchsetzen: Severin Ottiger. (Bild: Martin Meienberger / freshfocus)

Er braucht sich denn auch nicht zu verstecken, wurde er doch von Mario Frick am Ende des Trainingslagers im Januar öffentlich gelobt. «Das gibt mir zusätzliches Selbstvertrauen», sagt Ottiger. Weil die rechte Aussenbahn beim FCL mit Dräger und Dorn bereits gut besetzt ist, stehen die Chancen für Super League-Einsätze trotzdem eher schlecht. Spielzeit kriegt Ottiger momentan nur in der U21. «Eine Leihe in die Challenge League wäre für mich eine Option, um dort Spielpraxis zu sammeln», so Ottiger. Aber das sei Zukunftsmusik.

Goldene Generation

Doch die Zwei sind nicht die einzigen FCL-Talente, die im Profifussball hoch hinaus wollen. Eine goldene U21-Generation will sich in der Promotion League beweisen und dominiert die dritthöchste Schweizer Liga scheinbar nach Belieben. 12 Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten, 15 Siege in 19 Spielen, ein Torverhältnis von plus 32. Zahlen, die sich sehen lassen. Unter Trainer Michel Renggli – seinerseits im FCL-Nachwuchs ausgebildet worden – hebt die U21 des FCL regelrecht ab. Um ihre Leistung zu belohnen, durften diesen Winter mehrere Jungtalente mit ins Trainingslager im spanischen Marbella fliegen.

«Wir wollen die jungen Spieler weiterbringen – unabhängig von den Resultaten.»

Marco Schneuwly, FCL-Talentmanager

«Es ist aussergewöhnlich, dass diese Jahrgänge so gut zusammenpassen, die Spieler sich auf den Positionen so gut ergänzen», weiss Talentmanager Marco Schneuwly. Die Resultate seien im Nachwuchs aber nicht das Wichtigste. Vielmehr gehe es um die individuelle Entwicklung der Spieler. «Wir wollen die jungen Spieler weiterbringen – unabhängig von den Resultaten.»

Mario Frick: «Die Zeit für die Jungen wird kommen»

Doch der Weg zur ganz grossen Bühne bleibt den meisten von ihnen versperrt – vorläufig. Mario Frick erklärt: «Wir sind ambitioniert und können uns auch gegen Mannschaften wie YB behaupten. Darum möchten wir die beste Mannschaft auf dem Platz haben.» Das impliziert, dass für Experimente in der Startaufstellung wenig Spielraum bleibt. «Die Zeit für die Jungen wird kommen», fügt er an.

Dass der Kader der ersten Mannschaft so breit ist, wie lange nicht mehr, schmälert die Chance auf Spielminuten für die FCL-Talente zusätzlich. Dass es die Nachwuchsspieler momentan schwer hätten, räumt auch Frick ein. Doch wer ihn kenne, wisse, dass er sich nicht vom jungen Alter eines Spielers beirren lasse. «Wenn ein Junger sich im Training aufdrängt, lasse ich ihn spielen.» Das hat er im Fall von Ardon Jashari bewiesen (zentralplus berichtete).

Der FCL hat jedoch nicht nur eigene Talente im Kader. Regelmässig werden auch junge Spieler anderer Clubs verpflichtet. Yvan Alounga, Thibault Klidje oder Samuel Alabi beispielsweise. Sie verstärken den Konkurrenzkampf zusätzlich. Marco Schneuwly stellt trocken fest: «Das ist Fussball.» Damit müsse man umgehen können. «Im Nachwuchs können die Jungen sich hingegen in einem geschützten Rahmen entwickeln.» Denn der FC Luzern verfolge die Philosophie, nur punktuell auswärtige Talente in den Nachwuchs zu integrieren.

Manchmal passt alles zusammen

In den Gesprächen mit Frick, Schneuwly, Jaquez und Ottiger fallen immer wieder die gleichen Schlagworte: Selbstvertrauen, Geduld, Demut, Einsatz – und Glück. Wie viel Glück nötig sein wird, damit die Träume von Luca Jaquez und Severin Ottiger in Erfüllung gehen? Eins ist klar: Sie möchten hoch hinaus. Ottiger strebt nach dem Champions League-Pokal. Und Jaquez will irgendwann in der Premier League spielen.

Verwendete Quellen
  • Persönliche Gespräche mit FCL-Trainer Mario Frick, FCL-Talentmanager Marco Schneuwly und FCL-Profis Luca Jaquez und Severin Ottiger
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