In München Charakter und Siegeswillen gezeigt

EVZ-Trainer Tangnes: «Keiner stellt sein Ego übers Team»

Sieht sein Team auf einem guten Weg: Zugs Meistertrainer Dan Tangnes. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Ist der EV Zug hungrig und gut genug, um die neue Macht im Schweizer Eishockey zu werden? In einem aktuellen Vergleich mit dem meisterlichen Vorgänger-Modell macht die neue Zuger Ausgabe eine gute Figur. Und Cheftrainer Dan Tangnes versprüht nach dem jüngsten Auftritt in München vorsichtigen Optimismus.

Quizfrage: Wie viele Punkte hatte der Liga-Dominator der letzten Saison nach 12 Qualifikationsspielen auf dem Konto?

Deren 27 bei einem Torverhältnis von 38:28. Am Ende sollte der EV Zug mit 119 Punkten eine Bestmarke aufstellen, seit die Qualifikation mindestens 50 Spiele umfasst.

Aktuell sind es nach der gleichen Anzahl Spiele 23 Punkte (Torverhältnis 37:30). Die Statistik bescheinigt dem EVZ unter Berücksichtigung der Tatsache, dass neun Spieler den Meister nach dem Titelgewinn verlassen haben, ein respektables Zwischenzeugnis.

Schliesslich müssen vorab die neuen Spieler System, Automatismen und ihre Rolle erfassen und verinnerlichen. Zudem hatte der EVZ in seinen Sturmreihen schon einiges Verletzungspech von arrivierten Spielern zu beklagen.

Das Fundament ihrer Zusammenarbeit

Mit dem Saisonstart seines Teams könne er leben, sagt Zugs Meistermacher Dan Tangnes. Dabei vermeidet er tunlichst, den Begriff Zufriedenheit in den Mund zu nehmen. Weil dieser seiner Ansicht nach hinderlich ist auf dem Weg, ein noch höheres Leistungsniveau zu erreichen. Sein wohl unerfüllbares Anspruchsdenken strebt nach Perfektion.

Der wichtige 4:3-Auswärtssieg bei Red Bull München am Dienstag in der Champions League hat dem 42-jährigen Norweger zumindest die Gewissheit gegeben, dass der Charakter in seiner Mannschaft auch nach dem Umbruch stimmt (zentralplus berichtete). Dass der EVZ in den letzten vier Wochen jeweils drei Wettkämpfe zu bestreiten hatte, wirkte sich erst recht vor dem Hintergrund des Verletzungspechs negativ auf den Energielevel der Mannschaft aus. Bemerkbar machte es sich bei der 2:4-Niederlage im Spitzenkampf gegen Biel.

«Zu diesem Zeitpunkt der Saison ist es das wichtigste Signal, das eine Mannschaft aussenden kann.»

Zugs Meistermacher Dan Tangnes

Umso erfreuter nahm Dan Tangnes die Reaktion der Zuger drei Tage später gegen den DEL-Tabellenführer zur Kenntnis. «Jeder einzelne Spieler ging an seine Leistungsgrenze und kämpfte bis zum Zielstrich in einem Match, in dem es um Siegen oder Rausfliegen ging.»

Dieser Wille und diese Bereitschaft, einen hohen Preis zu bezahlen, sei das Fundament ihrer Zusammenarbeit, hält er fest und lobt: «Keiner stellt sein persönliches Ego über das sportliche Wohl des Teams. Zu diesem Zeitpunkt der Saison ist es das wichtigste Signal, das eine Mannschaft aussenden kann.»

Nächste Herausforderung heisst Konstanz

Selbstredend ist das neu zusammengestellte Team zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nicht auf dem Level, das vonnöten sein wird, um die Mission Titelverteidigung in den Playoffs zu einem erfolgreichen Abschluss bringen zu können. Aber das darf auch niemand erwarten. «Konstanz in unsere Leistungen zu bringen ist die grösste Herausforderung für die kommenden Wochen und Monate», sagt Dan Tangnes.

Vor diesem Anspruchsdenken ist selbst die vierte Zuger Linie nicht gefeit. Denn die Belastung bleibt weiterhin eine hohe, erst recht, wenn es die Zuger am Mittwoch im Rückspiel gegen München mit einem weiteren Punktgewinn schaffen, in die Achtelfinals der Champions League einzuziehen (zentralplus berichtete). Das Energie-Management der Einzelspieler wird beim Meister über möglichst ausgeglichene Eiszeiten gesteuert. Da ist der Einsatz aller gefordert.

«Wir sind noch nicht schnell und konsequent genug in unseren Entscheidungen auf dem Eis.»

Im Spiel seiner Mannschaft sieht Dan Tangnes in der Vorwärts- als auch Rückwärtsbewegung noch deutliches Steigerungspotenzial. Im offensiven Bereich missfällt ihm, dass seine Spieler bisweilen zu sehr die Torchance auf Kosten der defensiven Absicherung suchten. Und im Spiel von hinten heraus bemängelt er, dass zum Puck zu wenig Sorge getragen werde.

«Wir sind noch nicht schnell und konsequent genug in unseren Entscheidungen auf dem Eis. Das führte zum Beispiel dazu, dass wir in der Meisterschaft zu viele Strafen kassiert haben», erläutert Dan Tangnes.

Der Schlüssel zum Titelgewinn

Weil er weiss, dass seine Vorstellung von Eishockey Zeit braucht, um sie zu verinnerlichen, sorgt er sich nicht darum, dass es nicht klappen könnte mit den nächsten Entwicklungsschritten. Im Gegenteil: «Unser System wird den neuen Spielern immer vertrauter. Ziel ist es, dass diese das System irgendwann so ausführen, ohne darüber nachzudenken, warum sie gerade das tun.»

Der letzte Schritt in der Entwicklung zu einem Meisterteam dreht sich darum, dass es für jeden Konkurrenten schwierig werden muss, den EV Zug in die Knie zu zwingen, selbst wenn dieser keinen guten Abend erwischen sollte. Dan Tangnes sagt es so: «Unser minimales Leistungsniveau müssen wir so weit wie möglich anheben, um uns auch dann durchsetzen zu können, wenn wir nicht übers Eis fliegen.» Das ist der Schlüssel zum Gewinn des Meistertitels.

Ein nettes Detail am Rande: Das 13. Qualifikationsspiel wird der EV Zug am Samstag zu Hause gegen die Rapperswil-Jona Lakers bestreiten. Vor einem Jahr stand der spätere Meister vor der genau gleichen Herausforderung.

Dan Tangnes erinnert sich daran, als ob alles erst kürzlich stattgefunden hätte: «Wir haben nach der Herausnahme von Torhüter Leonardo Genoni den Ausgleich mit sechs Feldspielern gesucht und ihn wenige Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit nach einem abgelenkten Schuss von Santeri Alatalo realisiert. In der Verlängerung erzielte dann Grégory Hofmann unser Siegtor.»

So war's. Der EVZ gewann damals in Rapperswil 5:4 nach Verlängerung. Selbst für den späteren Liga-Dominator lief nicht immer alles wie aus einem Guss.

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