Champions League endet für Zuger mit Enttäuschung

EVZ: So geht Genoni mit seinem rabenschwarzen Abend um

Zug bietet in diesen Tagen die Bühne für aussergewöhnliche Aufführungen: Leonardo Genoni zieht gegen Red Bull München den schlechtesten Abend ein seit seinem Jobantritt 2019. (Bild: freshfocus/Patrick Staub)

Nach drei haltbaren Toren wird Meistergoalie Leonardo Genoni zur Spielmitte ausgewechselt. Der 34-Jährige steht am Ursprung des Zuger Untergangs in der Champions League gegen Red Bull München. Mit einer 1:6-Klatsche bleibt der EV Zug in der Gruppenphase hängen. Es ist der Tiefpunkt der bisherigen Saison.

T-Shirt, kurze Hose, ein Cap auf dem Kopf und ein Kaugummi im Mund. So cool kommt Leonardo Genoni in den Minuten nach der Abreibung gegen den Tabellenführer der höchsten Liga Deutschlands aus der Garderobe. Und bittet den Chronisten von zentralplus höflich um ein paar Minuten Geduld.

Der Goalie-Titan erfüllt dort, wo die Spieler das Eis der Bossard-Arena betreten, die Autogrammwünsche von ein paar jungen EVZ-Fans. Er unterschreibt Trikots und nimmt sich Zeit für ein Bild. Die Szenerie lässt darauf schliessen, dass Leonardo Genoni erneut eine überirdische Leistung abgeliefert hat. So, wie es der Goalie mit sechs Meistertiteln schon so oft in seiner Karriere vollbrachte.

Aber das pure Gegenteil davon ist an diesem Mittwoch, dem 13. Oktober, der Fall. Leonardo Genoni hat den EVZ mit seiner schlechtesten Leistung seit seinem Jobantritt im Sommer 2019 in die Niederlage geschickt. Und das in einem Spiel, in dem den Zugern schon ein Punkt nach der regulären Spielzeit für einen Vorstoss in die Achtelfinals der Champions League gereicht hätte. Eigentlich das Terrain für einen Erfolgsgaranten wie Leonardo Genoni. In München war er noch Matchwinner.

Das Protokoll des Zuger Schreckens

Aber in diesen Tagen bietet Zug die Bühne für aussergewöhnliche Geschichten: Nach dem 3:2-Sieg im Penaltyschiessen über Rapperswil am letzten Samstag kochte EVZ-Trainer Dan Tangnes wegen des Restausschlusses gegen seinen Captain Jan Kovar (zentralplus berichtete). Ein noch nie da gewesener Ausbruch des sonst so besonnenen Charismatikers.

Und nur vier Tage später der rabenschwarze Abend von Leonardo Genoni. Sein Protokoll des Schreckens – es liest sich so:

  • Das 0:1 kassiert Leonardo Genoni nach 161 Sekunden. Bastian Eckls Schüsschen von der blauen Linie springt zwar auf. Aber das ist ein Ei.
  • Der Zuger Goalie hat sich in der Zwischenzeit aufgerappelt und seinen Vorderleuten ermöglicht, das Skore durch Jan Kovar auf 1:1 zu stellen. Da erwischt Münchens Frederik Tiffels Leonardo Genoni mit einem Hochschuss aus spitzem Winkel in der nahen Ecke. Der Gastgeber wirkt nach dem zweiten haltbaren Gegentreffer in der 25. Minute geschockt, gerät aus dem Tritt und verliert sein Momentum.
  • Nach 30 Minuten und 30 Sekunden und dem dritten haltbaren Verlusttreffer kassiert Leonardo Genoni die Höchststrafe. Er wird durch Luca Hollenstein ersetzt. Die 3’900 Zuschauer zeigen sich von ihrer sportlichen Seite. Sie verabschieden Meistergoalie Genoni mit aufmunterndem Applaus und empfangen Hollenstein mit Jubel. Der 21-Jährige tendiert gemäss Recherche von zentralplus dazu, die Zusammenarbeit mit dem EV Zug über diese Saison hinaus zu verlängern. Das drohende Schicksal der Zuger kann Hollenstein allerdings nicht mehr abwenden.

«Leonardo Genoni rettete in den letzten Wochen und Monaten mehrfach unseren Arsch.»

Zugs Meistermacher Dan Tangnes

Bei dieser Personalmassnahme wirkt es zunächst so, als ob Zugs Cheftrainer Dan Tangnes zögere, den zwingenden Goalie-Wechsel vorzunehmen. Hinterher klärt er auf: «Nein, nach dem dritten Gegentreffer war die Sache für mich klar. Aber es klappte nicht gleich zwischen meiner Zeichengebung auf der Bank und Genonis Wahrnehmung auf dem Eis.»

Die Niederlage will er seinem Stammgoalie nicht in die Schuhe schieben. «Wenn du verlierst, ist es einfach, mit dem Finger auf einen Teamkollegen zu zeigen. Leonardo Genoni rettete in den letzten Wochen und Monaten mehrfach unseren Arsch», betont Dan Tangnes.

Genoni: Pause zum richtigen Zeitpunkt

Kurze Zeit später beurteilt Leonardo Genoni im Gespräch mit zentralplus seine Leistung so: «Es war ein entscheidendes Spiel und ich habe meine Leistung nicht gebracht. Ich konnte meiner Mannschaft nicht helfen. Wir werden im Goalie-Team noch analysieren, was genau passiert ist.»

«Wenn du hinfällst, musst du gleich wieder aufstehen.»

EVZ-Meistergoalie Leonardo Genoni

Er werde wegen dieser Vorstellung jetzt nicht gleich aus allen Wolken fallen, versichert Leonardo Genoni, ergänzt aber im Stile eines Champions: «Es ist nicht die erste Auswechslung meiner Karriere. Wenn du hinfällst, musst du gleich wieder aufstehen. Das werde ich wieder tun und alles dafür unternehmen, dass mir das kein weiteres Mal passiert.»

Leonardo Genoni freut sich auf die kurze Wettkampfpause bis zum nächsten Meisterschaftsspiel der Zuger am Dienstag in Davos: «Sie kommt zum richtigen Zeitpunkt. Zwei Tage lang nicht an Eishockey zu denken, wird uns wohl allen guttun», hält er fest. Schliesslich hat der Titelverteidiger ein intensives Startprogramm hinter sich.

Und ein paar Herausforderungen zu meistern: Der EVZ offeriert einem Gegner – wie zuletzt den Münchnern – zu viele Chancen auf einen Torerfolg. Die Präzision und das Tempo fehlen hingegen im eigenen Angriffsspiel. Vielleicht eine Frage der fehlenden Automatismen und der noch nicht rundlaufenden Sturmformationen.

Im Vergleich dazu erscheint ein Zuger Goalie-Problem als ziemlich unwahrscheinlich – trotz der schmerzhaften Erfahrung an einem wegweisenden Abend in der Champions League.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von smokymale
    smokymale, 14.10.2021, 13:11 Uhr

    @ Andeas Ineichen
    Ich weiss dass im Text kein Wort von Problemen steht, habs ja gelesen.
    Sorry wenn das falsch rüber gekommen ist. Kommt wohl von dem einen oder anderen Titel in der Presse und vom Kommentator gestern.

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    • Profilfoto von Andreas Ineichen
      Andreas Ineichen, 14.10.2021, 13:28 Uhr

      Danke für Ihre offene Reaktion, die keines Sorry bedurft hätte. Ich freue mich über jede im anständigen Ton verfasste Rückmeldung.

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  • Profilfoto von smokymale
    smokymale, 14.10.2021, 09:22 Uhr

    Wo ist das Problem? Genoni kann auch mal einen schlechten Tag haben, er hat schon so oft die Mannschaft gerettet dass man ihm einen miesen Tag nicht übel nehmen kann/soll

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    • Profilfoto von Andreas Ineichen
      Andreas Ineichen, 14.10.2021, 11:00 Uhr

      Es gibt kein Problem, davon ist im Artikel in keinem Satz die Rede. Aber entscheidende Spiele sind wie geschaffen für EVZ-Goalie Leonardo Genoni, weil er in diesen für gewöhnlich sein Toplevel abruft. Gegen Münchnen gab es die Ausnahme der Regel – und wir haben mit ihm darüber geredet.

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