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Gästefans müssen beim Einlass zur Bossard-Arena ihre Personalien erfassen lassen. zentralplus wollte überprüfen, ob diese Praxis rechtens ist. Doch die Zuger Polizei und der EVZ halten entscheidende Informationen zurück.
Während bürgerliche Politikerinnen unermüdlich personalisierte Tickets für Fussballfans fordern, sind sie für Eishockeyfans längst Realität. Wer bei Heimspielen des EV Zug in den Gästesektor der Bossard-Arena will, kommt um einen ID-Scan nicht herum.
Inzwischen stehen die Zuger Polizei und der EVZ mit ihrer Praxis schweizweit ganz alleine da. Denn seit ein paar Runden verzichtet auch der HC Lausanne auf die in Fankreisen unliebsamen ID-Scans, wie im «Blick» zu lesen ist.
ID-Scans wären unproblematisch – wenns kein «aber» gäbe
Die kurvennahe Schweizer Fanorganisation Pro Fans setzt sich für die Abschaffung der Zuger ID-Scans ein. Unter anderem, weil sie die Rechtmässigkeit der ID-Scans anzweifelt.
Derweil will die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen (KKJPD) für Fussballfans personalisierte Tickets einführen. Dafür wäre aber eine Gesetzesanpassung notwendig: Das «Hooligan-Konkordat» müsste verschärft werden (zentralplus berichtete).
Was im Fussball heute noch nicht möglich scheint, ist beim EVZ längst Alltag. Warum eigentlich? Das wollten wir von Rechtsanwalt Patrice Zumsteg wissen.
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Zumsteg sagt, dass der EVZ als privater Veranstalter grundsätzlich befugt ist, Personendaten zu erfassen, zu speichern und weiterzugeben. Er muss dies aber in den AGB festhalten. Und tatsächlich: Wer beim Ticketkauf die AGB des EVZ akzeptiert, willigt auch ein, sich in der Bossard-Arena «ohne konkreten Verdacht» einem ID-Scan zu unterziehen.
Juristisch problematisch wäre es hingegen, wenn die Polizei dem EVZ das ganze Prozedere rund um die ID-Scans vorschreiben würde.
So funktionieren die ID-Scans in der Bossard-Arena
Alle Gästefans – und gemäss EVZ-Pressesprecherin Jannine Kamm stichprobenartig auch Zuger Fans – werden beim Einlass in die Bossard-Arena fotografiert. Auch von ihren IDs werden Fotos gemacht und so ihre Personendaten erfasst und gespeichert. Dieses Prozedere verantwortet der EVZ. Bei Verdachtsfällen kann die Zuger Polizei die Personaldaten mit der Datenbank «Hoogan» abgleichen. Dort sind Schweizer Sportfans erfasst, die Stadionverbot haben (zentralplus berichtete).
Der EVZ versichert, dass die Daten «in der Regel» gelöscht werden, wenn klar wird, dass es rund um das betreffende EVZ-Heimspiel zu «keinen nennenswerten Ereignissen» gekommen ist. Begehen Eishockeyfans hingegen Straftaten, hat die Zuger Polizei die Möglichkeit, die Daten und Aufnahmen zur Strafverfolgung zu nutzen. Der EVZ betont, sich an die einschlägigen Gesetzesbestimmungen zu halten.
Warum Zweifel an der Rechtmässigkeit der ID-Scans bestehen
Die Zuger Polizei dürfe zwar vom EVZ verlangen, dass Fans beim Einlass eine ID zeigen müssen und einen Abgleich mit der Datenbank «Hoogan» vornehmen, sagt Rechtsanwalt Patrice Zumsteg. Das «Hooligan-Konkordat» sieht dies ausdrücklich vor.
Das «Hooligan-Konkordat» sehe es hingegen nicht vor, dass die Polizei das Speichern von Personendaten anordnet, um später Straftaten aufklären zu können, sagt Zumsteg. Auch darum will die KKJPD das Gesetz verschärfen (zentralplus berichtete).
Diese Informationen halten die Zuger Polizei und der EVZ zurück
Was gilt also für die ID-Scans beim EVZ? Sind sie rechtmässig? Zumsteg liefert mögliche Erklärungen.
Einerseits könnte es andere Gesetze als das «Hooligan-Konkordat» geben, welche die Polizei dazu ermächtigen, ein solches Prozedere anzuordnen. Gemäss Zumsteg müsste in den entsprechenden Gesetzen stehen, welche Daten wie lange und wofür gespeichert und genutzt werden. Doch sowohl im Polizeigesetz als auch im Polizeiorganisationsgesetz findet sich nichts dergleihen – obschon die Zuger Polizei auf Anfrage auf diese beiden Gesetze verweist.
Andererseits könnte sich der EVZ als privater Veranstalter freiwillig dazu entschieden haben, die Personendaten zu speichern und gegebenenfalls an die Polizei weiterzugeben. Ob dies der Fall ist, konnten wir trotz ausführlichen Austauschs mit den Pressestellen des EVZ und der Zuger Polizei nicht abschliessend beurteilen. Auch, weil sie mit der Bewilligung für die Heimspiele in der Bossard-Arena nicht herausrücken wollten.
Also reichte zentralplus bei der Zuger Polizei ein entsprechendes Gesuch um Akteneinsicht ein. Doch die Polizei blockte mehrfach ab. Warum, liest du in der Box.
Warum wir die Bewilligung für die EVZ-Heimspiele nicht erhielten
In seiner Replik nahm Thomas Armbruster, Kommandant der Zuger Polizei, eine Interessenabwägung vor. Und zwar einerseits zwischen dem öffentlichen Interesse an unserer Recherche, die es zum Ziel hat, die Rechtmässigkeit der ID-Scans festzustellen. Und andererseits den Interessen der Matchbesucher und der Zuger Polizei.
Die Sicherheit der Matchbesucherinnen sieht die Zuger Polizei durch die Herausgabe der Bewilligung gefährdet. Gleiches gilt auch für die eigenen strategischen und polizeitaktischen Interessen.
Die Interessenabwägung der Polizei verlief zu Ungunsten von zentralplus. Und dies, obschon wir nicht die ganze Bewilligung, sondern nur die Passage zu den ID-Scans sehen wollten. Den Rest hätte die Zuger Polizei «schwärzen» können, wie wir vorschlugen.
Nach der Ablehnung durch die Zuger Polizei hätten wir uns mittels Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat wenden können. Doch auf diesen Schritt verzichteten wir. Aus Kostengründen – und weil wir nicht davon ausgingen, dass die Sicherheitsdirektion, die der Zuger Polizei vorsteht, anders entscheiden würde. Im Fall einer erneuten Ablehnung hätten wir das Begehren um Akteneinsicht vor Bundesgericht geltend machen müssen.
Wir suchten und fanden schliesslich einen anderen Weg.
Bewilligung enthält offenbar keine problematischen Auflagen
Die Zuger Polizei wies uns im Zuge der Ablehnung unseres Gesuchs um Akteneinsicht darauf hin, dass sich in der Bewilligung «keine verbindlichen Auflagen» der Polizei zur Bearbeitung von Bildmaterial befänden. Hingegen sei die «Herausgabe von Beweismaterial im Rahmen von laufenden Strafverfahren» geregelt.
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«Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten»
Ein schaler Beigeschmack bleibt. Zwar deutet die Antwort darauf hin, dass die Speicherung nicht über die Bewilligung vorgeschrieben wird. Doch: «Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten», pflegen bürgerliche Politikerinnen oft zu sagen, wenn sie sich für ID-Scans und personalisierte Tickets starkmachen. Dieses rechtsstaatlich nicht ganz unproblematische Prinzip müsste konsequenterweise auch für die Zuger Polizei und den EVZ gelten.
Die Erklärung, warum zentralplus die Bewilligung für die EVZ-Heimspiele nicht einsehen darf – nicht einmal grösstenteils geschwärzt, wie von uns vorgeschlagen – wirft Fragen auf.
Die kommunikative Blockade macht ebenfalls stutzig. Denn im Zuge unserer Recherche kamen wir an den Punkt, an dem beide Pressestellen klarstellten: «Weitere Fragen zu den ID-Scans beantworten wir nicht.»
Es stehen Vorwürfe im Raum
Also hörten wir uns um. Bei Leuten, die näher dran sind am Schweizer Eishockey und am Zuger Sicherheitsapparat.
Sie bestätigen: «Seitens EVZ heisst es jeweils, dass man die ID-Scans auf Aufforderung der Zuger Polizei hin vornehme.» Ob dies schriftlich über die Bewilligung oder beim Aushandeln des Sicherheitsdispositivs am runden Tisch geschehe, sei aber unklar.
Somit sagen sie das, was die Zuger Polizei mehrfach abstritt: Dass der EVZ die ID-Scans unfreiwillig vornimmt. Für eine Stellungnahme zu den Insiderinformationen war der EVZ bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.
Hinweis: Dieser Text wurde nach Veröffentlichung redigiert.
- Telefonat mit Patrice Zumsteg, Dozent an der ZHAW und Rechtsanwalt
- Schriftlicher Austausch mit Frank Kleiner, Pressesprecher der Zuger Polizei
- Schriftlicher Austausch mit Jannine Kamm, Pressesprecherin des EVZ
- Gesuch um Akteneinsicht, basierend auf dem Zuger Öffentlichkeitsgesetz
- Gesuch um Akteneinsicht, basierend auf dem Zuger Gerichtsorganisationsgesetz
- Ablehnung des Gesuchs um Akteneinsicht durch die Zuger Polizei
- Gespräche mit Insidern
- AGB des EVZ «Gemäss zwei Insidern heisse es seitens EVZ jeweils, dass er die ID-Scans auf Aufforderung der Zuger Polizei hin vornimmt.»
- Hooligan-Konkordat
- Zuger Polizeigesetz
- Zuger Polizeiorganisationsgesetz
- Artikel im «Blick»