«Ein Umfeld schaffen, wie ich es nicht hatte»

Frauenteam-Trainerin des EVZ will Leidenschaft und Emotionen

Euphorie rund um das neue Frauenteam des EVZ bei Head-Coachin Daniela Diaz und CEO Patrick Lengwiler. (Bild: Pirmin Ulrich)

Mit ambitionierten Zielen und finanziellem Risiko möchte der EVZ das Frauen-Eishockey in der Zentralschweiz voranbringen – und dabei auch national neue Massstäbe setzen. Wir haben mit der Trainerin Daniela Diaz und EVZ-CEO Patrick Lengwiler über das neue Frauenteam gesprochen.

Die Euphorie ist durch den Telefonhörer hindurch spürbar, wenn Daniela Diaz und Patrick Lengwiler von ihren Visionen zum neuen EVZ-Frauenteam erzählen. Doch bis die Kufen der Spielerinnen das Eis der Bossard Arena mit Furchen überziehen werden, dauert es noch ein paar Monate. Im September geht's los – in der Swiss Women’s Hockey League B, der zweithöchsten Liga der Schweiz.

«Wir streben den direkten Aufstieg an», zeigt sich Head-Coachin Daniela Diaz ambitioniert. Leidenschaft und Emotionen verlange sie von ihren einstigen Spielerinnen. Und den Willen, Verantwortung zu übernehmen. Diese Werte sind ihr wichtig. So wichtig, dass sie bei der Zusammenstellung des Teams nicht in erster Linie auf spielerische Fähigkeiten, sondern die Kompatibilität mit ebendiesen Werten setzt. Es seien Werte, die im ganzen EVZ gelebt würden.

Traumtransfer: Lara Stalder kehrt in die Heimat zurück

Ihren persönlichen Traumtransfer hat Daniela Diaz bereits getätigt. Mit Lara Stalder kehrt eine Luzernerin in die Zentralschweiz zurück. Ihr Palmares ist beachtlich: Nachdem sie mit 18 Jahren bei den ZSC Lions Schweizermeisterin wurde, entwickelte sie sich in den USA bei den UMD Bulldogs zur Schlüsselspielerin, bevor sie in Schweden, aktuell bei Brynäs IF, ihr Können unter Beweis stellte. Stalder wurde im Jahr 2020 als erste Frau überhaupt mit dem «Guldhjälmen», einer schwedischen Eishockeytrophäe, ausgezeichnet – und war somit wertvollste Hockeyspielerin des Landes. Im Schweizer Nationalteam ist Lara Stalder Captain.

«Das einzige Mädchen in einem Team nur mit Jungs – das liegt nicht allen»

Klingt nach einer Musterkarriere. Mit einem Makel: Ihre Zeit als Juniorin verbrachte Lara Stalder grösstenteils in männlichen Nachwuchsteams. Sie hat es also geschafft. Trotz fehlender Mädchenteams in ihrem Ausbildungsclub, dem HC Luzern.

«Das einzige Mädchen in einem Team nur mit Jungs – das liegt nicht allen», weiss Daniela Diaz. Die 40-Jährige hatte mehr Glück: Beim EVZ konnte sie schon damals mit Mädchen in ihrem Alter Eishockey spielen.

In der Bossard Arena wird künftig auch das EVZ-Frauenteam seine Spiele austragen. (Bild: Philipp Hegglin)

Davon ist auch EVZ-CEO Patrick Lengwiler überzeugt: «Der EVZ möchte Buben und Mädchen gleichermassen vom Eishockey begeistern.» Darum wolle der EV Zug auf allen Stufen Mädchenteams aufbauen. «Das Ziel ist nachhaltige Chancengleichheit», erklärt Diaz.

«Eishockey ist kein brutaler Sport.»

Daniela Diaz, Trainerin des EVZ-Frauenteams

Daniela Diaz sagt Vorurteilen den Kampf an. Viele Eltern zögerten, wenn es darum ginge, ihre Töchter in den Eishockeyverein zu schicken. «Doch Eishockey ist kein brutaler Sport», wie oft angenommen werde. Technik und Power stünden stattdessen im Vordergrund.

Um aus dem Vollen schöpfen zu können, kann das Frauenteam auf dieselbe Infrastruktur zurückgreifen wie die Männer. Eiszeit müsse man sich nicht erst mit den Ellbogen erkämpfen, so Diaz. Und auch finanziell ist die Unterstützung da. Damit die Spielerinnen genug Fokus auf den Sport legen können, stellt der EVZ sie in einem Pensum von 40 Prozent an. Damit die Frauen an den Nachmittagen auf dem Eis statt im Büro sein können.

Trainingsort des EVZ – für die Männer, aber auch für die Frauen im Verein. (Bild: Philipp Hegglin)

Leuchtturm für die Zentralschweiz

Der EVZ möchte vorangehen. Das Frauenteam und die Nachwuchsabteilung sollen das Frauenhockey in der ganzen Zentralschweiz auf ein neues Niveau heben. Daniela Diaz steht dafür in Kontakt mit mehreren Zentralschweizer Spielerinnen. Regionalität sei wichtig. Für die jungen Hockeyspielerinnen möchte sie «ein Umfeld schaffen, wie ich es damals nicht hatte». Auch wenn sie viele schöne Erinnerungen aus ihrer Karriere mitgenommen habe – die Rahmenbedingungen seien nicht immer optimal gewesen.

Den Blick nach vorne gerichtet – denn das EVZ-Frauenteam der Nullerjahre ist Beispiel dafür, wie Patrick Lengwiler und Daniela Diaz es nicht mehr machen möchten. (Bild: Pirmin Ulrich)

Bereits in den Nullerjahren gab es ein EVZ-Frauenteam. Mit diesem feierte Daniela Diaz vier Meistertitel. Und qualifizierte sich 2004 für das Europacup-Finale in Stockholm. Für die Reise fehlten dem Team 9'500 Franken. Die wollte der Verein partout nicht berappen. Das Budget sei ausgeschöpft, hiess es damals vonseiten der Klub-Führung. So gingen Spielerinnen und Trainer eigenhändig auf Sponsorensuche.

«Wir wollen das Frauenteam. Entweder richtig oder gar nicht.»

Patrick Lengwiler, EVZ-CEO

In dieselbe Zeit fällt ein Erotikkalender, der die damaligen Spielerinnen des EVZ – leicht bekleidet, mit Hockeyhandschuhen und Slip – auf dem Eis posierend abbildet. Sowas werde man beim neu gegründeten Frauenteam ganz bestimmt nie sehen, beteuert Patrick Lengwiler. «Wir wollen das Frauenteam. Entweder richtig oder gar nicht.» Keine halben Sachen mehr wie damals. Das heisst konkret, dass ein Budget gesprochen worden ist, das durchaus auch finanzielle Risiken mit sich bringe.

Bezüglich der Konzeption sind sich Patrick Lengwiler und Daniela Diaz einig. «Die Nachhaltigkeit und Tiefe des Konzepts haben mich auf Anhieb überzeugt», so Diaz. Nun gebe es noch viel zu tun, bis es im Sommer mit Trainings losgehe.

Im Verein spüre sie grossen Rückhalt. Und auch wenn das am Telefon nicht sichtbar ist: Ein bisschen glänzen die Augen bestimmt, als sie von der kommenden Saison spricht. Vom ersten Match, den ihre Spielerinnen auf dem Eis bestreiten werden. Wenn es Zeit ist für Leidenschaft und Emotionen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Daniela Diaz, Head-Coachin des EVZ-Frauenteams
  • Telefonat mit Patrick Lengwiler, EVZ-CEO
  • «SRF»-Sendung Sport aktuell vom 29.11.2004
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