Ist Zugs Drama zum Final-Auftakt hausgemacht?

EVZ-Trainer: die falsche Annahme und der wirkliche Irrtum

Es war richtig, nach dem 2:2 die Coaches Challenge zu nehmen. Aber EVZ-Trainer Dan Tangnes gab wohl wegen eines Irrtums den falschen Grund an. (Bild: Michela Locatelli/freshfocus)

Zwei Sekunden vor Schluss kassiert der EV Zug den spielentscheidenden Treffer zum 2:3 gegen die ZSC Lions. Es ist ein mentaler Rückschlag, den die Zuger verarbeiten müssen. Erst recht, weil die späte Wende wegen einer falschen Annahme von Cheftrainer Dan Tangnes wohl vermeidbar gewesen wäre.

Anderthalb Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit nahm das Zuger Drama seinen Lauf (zentralplus berichtete). ZSC-Stürmer Chris Baltisberger machte mit einem Ablenker vor EVZ-Goalie Leonardo Genoni das 2:2.

Von der Medientribüne in der Bossard Arena, wo der alle TV-Livebilder begutachtende Video Supervisor des EV Zug sitzt, bekam Cheftrainer Dan Tangnes den Hinweis, dass der Puck vor dem Tor über das Plexiglas ins Netz gesprungen und gleich wieder aufs Eis gefallen sei. Zudem bestehe die Chance, dass der ZSC-Torschütze Genoni vor dem Treffer entscheidend behindert habe.

«Die Entscheidung, die Coaches Challenge zu nehmen, lag bei mir», stellte Dan Tangnes hinterher klar. Weil die Infrastruktur nicht vorhanden sei, um das Verlassen des Pucks auf dem Video für die Schiedsrichter zu überprüfen, «habe ich die Coaches Challenge wegen Torhüterbehinderung genommen. Ich war mir bewusst, dass die Schiedsrichter vor einer 50:50-Entscheidung standen.»

Die falsche Annahme von EVZ-Trainer Dan Tangnes

Im Rückblick ist das der wohl grösste Irrtum, seit der Erfolgstrainer der Zuger im Sommer 2018 die Verantwortung übernommen hat. Denn den beiden Headschiedsrichtern stehen nicht nur die Hintertor-Kameras, sondern auch alle Live-Bilder des Fernsehens zur Verfügung.

«Hätte Dan Tangnes die Coaches Challenge mit dem Puck, der zuvor im Sicherheitsnetz gelandet war, begründet, wäre sie wahrscheinlich gutgeheissen worden.»

Schiedsrichter-Boss Andreas Fischer

Auf diesen wäre zu sehen gewesen, wie der Puck vom Sicherheitsnetz aufs Eisfeld zurücksprang. Das liess Schiedsrichter-Boss Andreas Fischer nach der ersten Niederlage der Zuger im laufenden Playoff verlauten. «Hätte Dan Tangnes die Coaches Challenge mit dem Puck, der zuvor im Sicherheitsnetz gelandet war, begründet, wäre sie wahrscheinlich gutgeheissen worden.»

Die unmittelbare Folge in diesem Fall? Es wäre bei der 2:1-Führung für die Zuger geblieben und beide Finalisten hätten die knapp 90 Sekunden bis zum dritten Sirenenton bei gleichem Spielerbestand fortsetzen können. Ob es zum neunten Sieg für den EVZ in diesen Playoffs gereicht hätte, weiss allerdings nur der Hockey-Gott.

Dario Simion hätte das EVZ-Drama abwenden können

Doch Dan Tangnes begründete seine Coaches Challenge mit einer angeblichen Torhüter-Behinderung. Und sie hielt der Überprüfung nicht stand. Also musste ein Zuger gemäss Reglement auf die Strafbank.

Wir kennen die Fortsetzung des Dramas. Justin Azevedo machte zwei Sekunden vor Schluss das 3:2 für die Zürcher, nachdem es Dario Simion in Unterzahl mit dem Auslassen einer erstklassigen Chance verpasst hatte, zur grossen Figur für die Zuger zu werden.

«Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir zurückschlagen werden.»

EVZ-Trainer Dan Tangnes

Zum ersten Mal in diesen Playoffs muss der EVZ nach jeweils vier Siegen in der Viertel- und Halbfinalserie einen Rückschlag einstecken. Es komme in den Playoffs nicht darauf an, ob man ein Spiel im zweiten oder dritten Drittel verliere, bemerkte Dan Tangnes.

Und hielt im Vertrauen auf die Stärken seiner Mannschaft fest: «Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir zurückschlagen werden. Wir haben ein paar Sachen in unserem Spiel zu verbessern. Wir müssen bei einer Führung aktiver bleiben und mehr Sorge zum Puck tragen.»

Momentum liegt nicht mehr beim EVZ

Sicher ist: Auf dem Weg zu einer erfolgreichen Titelverteidigung muss der EV Zug jetzt mentale Stärke zeigen. Das Momentum liegt zum ersten Mal in der entscheidenden Phase der Meisterschaft nicht mehr bei ihm. Trotz einer Zuger 2:0-Führung nach zwei Dritteln. Sondern auf Seiten der Zürcher.

Erst im Blick zurück werden wir erkennen können, ob und was für Konsequenzen der dramatische Final-Auftakt zwischen diesen beiden Liga-Titanen für den weiteren Verlauf der Serie hat. Passiert ist gemäss den Aussagen der Protagonisten noch nicht viel Entscheidendes.

Die ZSC Lions haben sich in der auf vier Siege ausgelegten Finalserie bloss das Break gesichert. Am Mittwoch steht im Zürcher Hallenstadion der erste Heimauftritt des Zuger Herausforderers an.

Verwendete Quellen
  • Matchbesuch in der Zuger Bossard Arena.
  • Gespräch mit Dan Tangnes.
  • Informationen von jahrelangem Gewährsmann über Andreas Fischers Stellungnahme.

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