St. Galler Anschauungsunterricht für FCL-Führung

Ein charismatischer Trainer, eine Spielidee und ein Lauf

St. Gallens Trainer Peter Zeidler (in der Mitte mit schwarzer Kappe) feiert mit seinem Betreuerstab das zwischenzeitliche 3:1 in Luzern. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Der FC St. Gallen war besser als der FCL, dennoch fiel sein 4:1-Sieg zu hoch aus. Aber das ist letztlich Erbsenzählerei. Entscheidend ist, wie die sportliche Entwicklung dieser finanziell vergleichbaren Super-League-Vereine diametral auseinandergelaufen ist.

Auf dem Platz haben sie einander nichts geschenkt. Neun gelbe Karten, davon sechs für den FCL, zeugen von einer emotional geführten Partie (zentralplus berichtete). Doch als ein Journalist FCL-Trainer Thomas Häberli nach der fünften Niederlage in Folge abermals nach dessen Jobsicherheit fragte, mischte sich der in der Medienkonferenz nach Spielende neben ihm sitzende St. Galler Coach Peter Zeidler energisch ein: «Das Team steht doch hinter dem Trainer, so wie die Luzerner gekämpft haben. ‹Häbi› kommt da wieder raus.» Für die unerwartete Schützenhilfe bedankte sich der 45-jährige Ballwiler artig.

Für Häberli muss es ein Sonntagabend zum Verzweifeln gewesen sein. Die Luzerner hatten in der ersten Halbzeit gegenüber dem Tabellendritten sogar leichte Vorteile. Selbst als die Ostschweizer nach der Pause damit begannen, ihre Wucht und Klasse auszuspielen und 2:1 in Führung gingen, folgte der spielentscheidende Moment erst später: «Wenn der Schuss von Pascal Schürpf ins Tor statt an den Pfosten gegangen wäre, hätte Luzern sogar noch die Chance auf den Sieg gehabt», befand Zeidler.

Stattdessen stand es kurze Zeit später nach einem Handspenalty 1:3 aus Luzerner Sicht. Damit war die fünfte FCL-Niederlage in Serie besiegelt. Fortuna streckte Häberli die Zunge raus.

Wasser auf Meyers Mühle

So zynisch es klingen mag: Der lange engagierte Auftritt der Luzerner ist Wasser auf die Mühlen von FCL-Sportchef Remo Meyer. Dieser konnte sich ein Bild davon machen, dass er den Trainer vor der Winterpause und den letzten beiden Spielen gegen Tabellenführer YB und den Tabellenzweiten Basel nicht zu wechseln braucht.

Aber unmittelbar danach. Häberli hat als Trainer keine Zukunft mehr in Luzern, weil er gegen Konkurrenten auf Augenhöhe verloren hat. Das hat Meyer die Augen geöffnet (zentralplus berichtete). Seit er seinem wichtigsten Angestellten vor Beginn der Nationalmannschaftspause zu Recht vorwarf, dass er das Potenzial der Spieler nicht ausschöpfe und die Mannschaft nicht weiterentwickelt habe, verlor der bis Sommer vertraglich gebundene Häberli die Autorität in der eigenen Garderobe (zentralplus berichtete).

Mehr als ein Feuerwehrmann?

Von der Nationalmannschafts- bis zur Winterpause werden fünf Wochen vergehen. Genügend Zeit für Meyer, um den richtigen Nachfolger für Häberli zu engagieren. Aber auch der FCL-Sportchef wird sich keinen weiteren Fehlgriff im Trainerkarussell mehr leisten können. Seit Beginn der letzten Saison wird er nach René Weiler und Thomas Häberli schon auf den dritten Trainer setzen.

Der neue Übungsleiter muss zunächst ein Feuerwehrmann sein. Es gilt, den Ligaerhalt zu sichern. Zurzeit sieht es nach einem Dreikampf für die achtplatzierten Luzerner mit Neuchâtel Xamax (9.) und Thun (10.) gegen den Abstieg aus.

Ein logischer und verdienter Sieger

Aber selbst wenn der neue FCL-Trainer darüber hinaus noch Charisma und eine exakte Vorstellung von einem sportlich erfolgreichen Weg in die Zukunft haben sollte, so ist das noch keine Garantie für gutes Gelingen (zentralplus berichtete). Es braucht auch in der FCL-Führung zumindest einen Leithammel, der die Region mit seiner Ausstrahlung und seinem Engagement mitreissen kann.

Darum war letztlich das, was am Sonntag auf der Allmend passierte, nicht fehlendem Wettkampfglück geschuldet. Vielmehr hat es seine Logik. Der FC St. Gallen war nach zehn Niederlagen in den letzten zehn Duellen die qualitativ deutlich bessere Mannschaft und der verdiente Sieger.

Und weil er einen charismatischen Trainer hat, mit jungen, talentierten Spielern eine klare Strategie verfolgt, hat sich ein Lauf und ein Selbstverständnis eingestellt, das die Mannschaft trägt. Angesichts des Hahnenkampfs auf der FCL-Führungsebene sind die St. Galler auch in diesem Vergleich mindestens einen Schritt voraus.

FCL-Vision ad absurdum geführt

Stattdessen hechelt der FCL orientierungslos einer selbst aufgebürdeten Vision hinterher, die in diesen Wochen und Monaten geradezu absurd erscheint. Sie lautet vor dem Hintergrund des Luzerner 120-Jahre-Jubiläums im 2021 offziell so: «Wir wollen Pokale gewinnen und Fussballfeste feiern.»

Aber es ist St. Gallen, das begeistert. In Luzern würden sie dafür wohl den Cup-Viertelfinal gegen YB opfern, wären sie nur annähernd so weit wie ein Kontrahent mit demselben finanziellen und sportlichen Potenzial. Stattdessen ist erst mal mühseliger Kampf gegen den Abstieg angesagt.

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