Ausländischen Stürmer oder Verteidiger holen?

Die richtige Antwort kann dem EVZ den Titel bringen

Können die Zuger Verteidiger (hier Thomas Thiry gegen Biels Mathieu Tschantré) die Gegner im Playoff vom Eis arbeiten? (Bild: Patrick Straub/Freshfocus)

Der EV Zug ist mit einem 4:3 über den EHC Biel an die Tabellenspitze der laufenden Qualifikation zurückgekehrt. Das ist für die Anhänger wahrscheinlich bedeutender als für die sportliche Leitung der Zuger: Diese muss bis Mitte Februar eine knifflige Aufgabe lösen.

Sind die Abwehrreihen des EV Zug stabil genug, um den ersten Meistertitel seit 1998 erringen zu können? Diese Frage richtig zu beantworten, ist wahrscheinlich die grösste Herausforderung, die sich der sportlichen Führung der Zuger in diesem Jahrtausend bisher gestellt hat.

Konkret: Holt der EVZ für die am 7. März beginnenden Playoffs besser einen weiteren Ausländer für den Sturm – oder doch lieber einen für die Verteidigung?

Im Mannschaftssport gibt es ein ehernes Gesetz: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Also bemühen wir die aktuelle Statistik, um einen ersten Hinweis auf die Güte der EVZ-Abwehr zu bekommen: Mit 2,71 Gegentoren pro Spiel liegt der neue Tabellenführer an fünfter Stelle von den acht Mannschaften, die derzeit einen Playoff-Rang belegen. Das überzeugt nicht.

Was bedeutet der Hinweis auf Genoni?

Dazu muss man aber auch unbedingt festhalten: Für eine sattelfeste Defensive sind nicht bloss die Verteidiger verantwortlich. Es ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Stürmern, Verteidigern und Goalie.

Die Zuger Abwehrspieler sind noch immer die gleichen, die letzte Saison den Playoff-Final erreicht und diesen gegen den SC Bern verloren haben. Allerdings hat sich etwas Entscheidendes positiv verändert: Die Zuger werden jetzt von einem Torhüter abgesichert, der zu den besten gehört, die unser Land je hervorgebracht hat: Leonardo Genoni, fünffacher Meistergoalie.

Allerdings liegt dieser Genoni in der laufenden Saison nur auf Platz 11 von allen 12 Goalies der Liga, die mindestens 18 Einsätze bestritten haben. Er hat sich nach harzigem Saisonstart auf 90,22 Prozent Abwehrquote gesteigert. Diese ist so tief wie schon lange nicht mehr. Wie ist dieser statistische Wert bezüglich Qualität der Abwehr zu bewerten?

Nur der Titel ist gut genug für den EVZ

Der Unterschied zu den letzten drei Saisons, in denen der EVZ 2017 und 2019 den Playoff-Final erreichte, ist ein simpler. Bis zur laufenden Meisterschaft durfte der EVZ Meister werden. Jetzt muss er es. Nur so sind die kräftigen Investitionen ins Kader (Genoni, Hofmann u.v.m.) letztlich zu rechtfertigen. Ab dieser Saison und in den nächsten vier Jahren ist nur der Titel gut genug.

Vor der Doppelrunde gegen den EHC Biel – nur gegen Lausanne (1), die Rapperswil-Jona Lakers (1,33), Davos und Fribourg (je 1,5) hatte der EVZ weniger Punkte pro Spiel geholt – sagte Zugs Sportchef Reto Kläy gegenüber zentralplus: «Sind alle Verteidiger fit, tendieren wir dazu, einen ausländischen Stürmer fürs Playoff zu holen.»

«Wir können nicht an jedem Tag den besten Abend erwischen.»

EVZ-Trainer Dan Tangnes

Aber beim EVZ sind derzeit nicht alle Verteidiger fit. Wie schon am Vorabend bei der spektakulären 5:6-Niederlage nach Verlängerung fehlten auch im «Rückspiel» vom Samstag Captain Raphael Diaz und Jesse Zgraggen. Dafür war der zuvor gesperrte Dominik Schlumpf wieder mit von der Partie.

Bis zum Schluss gezittert

Selbstredend war der zuletzt trotz Zwei-Tore-Vorsprung noch auf der Kippe stehende 4:3-Sieg der Zuger und die damit verbundene Übernahme der Tabellenspitze nicht der passende Zeitpunkt, um Kritik zu üben am Defensivverhalten seiner Mannschaft.

Dennoch machte EVZ-Trainer Dan Tangnes nicht auf Schönredner: «Die Spiele erlangen immer mehr Playoff-Charakter, weil die Mannschaften so eng beisammen sind. Wir können nicht an jedem Tag den besten Abend erwischen. Aber wir haben einen Weg zum Sieg gefunden.»

«Für mich ist Raphi der wertvollste Spieler der Qualifikation.»

Man muss dazu aber auch sagen: Lässt man bei jedem möglichen Playoff-Konkurrenten den nominell besten Verteidiger und einen soliden Arbeiter, wie es für Zug Captain Raphael Diaz und Jesse Zgraggen sind, draussen, verliert jeder an Substanz. Tangnes: «Für mich ist Raphi der wertvollste Spieler der Qualifikation. Wäre es ein Playoff-Spiel gewesen, hätten wir ihn gegen Biel gebracht.»

Abwehr ist EVZ-Achillesferse

Bewertet man die Kräfteverhältnisse acht Wochen vor Playoff-Beginn, so gibt es wohl keinen Gegner, der diesen EVZ in den Schatten stellen kann. Das ist anders als 2019 und 2017, als jeweils der SC Bern mit Genoni im Tor den Titel gewonnen hatte.

Dennoch bildet sich eine Achillesferse in diesem EVZ ab. Getreu dem Motto: Sage mir, wie die EVZ-Verteidiger performen, und ich sage Dir, ob der Klub zum zweiten Mal Meister in seiner Geschichte werden kann.

«Es gibt schon fähige Spieler auf dem Markt, aber wir müssen so lange wie möglich Geduld bewahren und darüber hinaus smart sein.»

Schliesslich gibt es noch einen weiteren Faktor im Puzzle: die EVZ Academy mit dem dänischen Verteidiger Emil Kristensen. Sie verpasst aller Voraussicht nach die Playoffs. Aber das Zuger Farmteam muss unbedingt die Klasse halten. Gelingt das über die Zwischenrunde, steht Kristensen als Ergänzungsspieler dem Team von Dan Tangnes im Playoff zur Verfügung.

Tangnes ist sich der Tragweite der unausweichlichen Entscheidung bewusst: «Es gibt schon fähige Spieler auf dem Markt, aber wir müssen solange wie möglich Geduld bewahren und darüber hinaus smart sein.»

Die Entscheidung von Kläy und Tangnes kann die Meisterschaft entscheiden. In beide Richtungen.

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