Remo Meyer ist der neue starke Mann im FC Luzern

Der FCL-Sportchef hat richtig gehandelt

Remo Meyer hat gegenüber den Medien einen schwierigen Stand betreffend Entlassung von Thomas Häberli – aber in der Sache hat der FCL-Sportchef Recht. (Bild: Linus Estermann)

Ist FCL-Sportchef Remo Meyer dafür zu geisseln, dass er Trainer Thomas Häberli entlassen hat? Unsinn. Trotz dem überall verbreiteten Moralin muss ihm jeder FCL-Anhänger für diese weitsichtige Entscheidung zu Dank verpflichtet sein. Denn Meyer agierte zum Wohle seines Arbeitgebers und nicht im Stile eines Politikers. Eine Analyse.

Was hätte es nach dem 2:1-Sieg über den Tabellenzweiten Basel Einfacheres gegeben, als zu verkünden, dass der FCL mit Thomas Häberli als Cheftrainer weiterfahre? Sportchef Remo Meyer wäre den Weg des geringsten Widerstandes gegangen und in der Öffentlichkeit auf breite Unterstützung gestossen.

So hätte er sich wie ein machtgieriger Politiker vor einer bevorstehenden Wiederwahl verhalten. Wenn der Zorn von Volkes Stimme irgendwann zu gross geworden wäre, hätte Meyer seinen früheren Jasskumpel angesichts des nahrhaften Programms zum Start in die Rückrunde (Zürich auswärts, YB daheim, Xamax auswärts und St. Gallen wiederum daheim) immer noch entlassen können. Und danach im Stile eines Politikers wortreich begründen können, warum er die im Hinblick auf die Euro 2020 ohnehin kürzer anberaumte Winterpause (Start in die Rückrunde am letzten Januar-Wochenende) ungenutzt verstreichen liess. Man hätte eine solche Position wahrscheinlich problemlos nachvollziehen können.

Aber Meyer hatte – um es salopp auszudrücken – die Eier, genau das nicht zu tun. Stattdessen handelte er im Sinne seines Arbeitgebers, der ab dem nächsten Frühjahr um sein sportliches Überleben in der höchsten Schweizer Spielklasse kämpfen wird. Meyer scheute die Unbeliebtheit in einer breiten Bevölkerung nicht. Mit der Freistellung von Thomas Häberli, der einen Vertrag bis Saisonende besitzt, handelte er ohne jeglichen Zweifel richtig. Alles andere wäre politisch korrekt, aber in der sportlichen Sache verantwortungslos gewesen.

Meyer korrigierte den Lauf der Dinge

Man muss im gleichen Zusammenhang aber auch erwähnen: FCL-Sportchef Meyer kann bei der Auswahl seiner beiden letzten Trainer nicht alles richtig gemacht haben. Bei dem im Sommer 2018 engagierten und im Februar 2019 gefeuerten René Weiler waren der FCL als Verein und er als Vorgesetzter mit dem Anspruchsdenken des damaligen Trainers überfordert gewesen; bei Häberli fehlten Ausstrahlung, kommunikative und bis zu einem gewissen Grad auch fachliche Fähigkeiten (zentralplus berichtete).

Aber Meyer muss zugute gehalten werden: Er liess den Dingen nicht einfach ihren Lauf. Er übernahm Verantwortung und korrigierte frühere Trainer-Entscheide, die sich als Irrtum entpuppten. Der Zeitpunkt der Entlassung von Weiler und erst recht von Häberli ist zweifellos richtig.

Warum? Meyer hat bei seinem in der nationalen Fussball-Szene viel diskutierten Interview mit zentralplus erkannt, dass sein wichtigster Arbeitnehmer nicht das Format hat, den FC Luzern weiterzuentwickeln. Meyer steht unvermindert und nach wie vor dazu.

Aus kommunikativer Sicht war Häberli zu diesem Zeitpunkt aber praktisch entlassen. Weil der FCL jedoch die Liga-Titulare Zürich, St. Gallen, YB und Basel vor der Brust hatte, machte ein Trainerwechsel in der Nationalmannschaftspause im November keinen Sinn. In der Retroperspektive bekam Meyer mit seinem Zuwarten bis zur Winterpause und den drei Punkten gegen Basel Recht. Mehr war beim besten Willen nicht mehr zu erwarten.

Der sportliche Aufsteiger im FCL

Ohne Übertreibung lässt sich in den Tagen und Wochen des unheilvoll zerstrittenen Aktionariats und den folglich auf zwei Personen dezimierten FCL-Verwaltungsrat festhalten: Sportchef Remo Meyer ist keinesfalls der Verlierer, sondern vielmehr der Gewinner der aktuellen Lage des FC Luzern. Er sass noch nie so sicher im Sattel wie jetzt. Denn sportlich können Meyer die zwei verbliebenen VR-Mitglieder, die Philipp Studhalter und Josef Bieri heissen, unmöglich das Wasser reichen (zentralplus berichtete).

Zudem hat sich der wichtigste Angestellte im sportlichen Bereich, so bewies es Meyer am Dienstagmorgen, auch kommunikativ deutlich gesteigert. Er liest nicht mehr von einem Blatt ab. Meyer besitzt mittlerweile das Selbstvertrauen, sich den Fragen seiner Zuhörer ohne entsprechende Vorbereitung zu stellen. Dergestalt hat er sich weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund seines Handelns ist das ein zusätzlicher Mutmacher.

Enge Begleitung des neuen Trainers ist Pflicht

Aber wie kann Meyer Einfluss darauf nehmen, dass es mit seiner nächsten Trainerwahl gut kommt? Es ist geradezu seine Verpflichtung, für eine enge Begleitung zu sorgen. Sonst setzt Meyer seinen Aufstieg im FCL aufs Spiel.

Klar ist: Eine FCL-Sportkommission mit Einsitz von Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer Philipp Studhalter in Personalunion macht keinen Sinn. Und sie wird nicht im Geringsten dadurch aufgewertet, dass mit dem im Hahnenkampf involvierten und fachlich unbelasteten Aktionär Marco Sieber eine Kontrollstelle durch die höchste Führungsebene eingerichtet wird.

Allerdings hilft es jedem künftigen FCL-Trainer mehr, wenn er ein sportlich kompetentes Gremium hinter sich weiss, das ihn auf operativer Ebene unterstützt und begleitet. Ein offenes und vertrauenswürdiges Feedback ist für ihn und letztlich für den Verein wohl mehr wert als ein auf den eigenen Job bedachten Trainer-Assistent.

Es ist auf diese Weise Meyers Verpflichtung, seine nächste Trainerwahl eng zu begleiten. Dafür kann er sich Unterstützung holen: Es gibt FCL-Spieler, die aus eigener Erfahrung wissen, wie der Verein in der jüngeren Vergangenheit ansprechend über die Runden kam: Dazu gehören die früheren Captains Claudio Lustenberger und Michel Renggli, um bloss zwei der kompetenten Fachkräfte zu nennen, die der FCL derzeit bereits beschäftigt.

Noch nie seit Beginn der Zusammenarbeit vor zweieinhalb Jahren ist das sportliche Wohl des FC Luzern so von Remo Meyer abhängig gewesen wie jetzt.

7 Kommentare
Aktuelle Artikel
Apple Store IconGoogle Play Store Icon